Spendenaktion

Fantastisches Echo

Nevio sitzt im Rollstuhl. Er braucht einen Treppenlift, die Krankenkasse zahlt nicht. Aber Menschen aus der Region gaben insgesamt rund 10000 Euro.

05.01.2018

Von Kathrin Löffler

Das Empfinger Unternehmen von Regine und Ralf Pleva (rechts) spendet 2000 Euro an den Verein „Von Mensch zu Mensch“ mit seinem Vorsitzenden Edgar Schwind (links). Bild: Löffler

Das Empfinger Unternehmen von Regine und Ralf Pleva (rechts) spendet 2000 Euro an den Verein „Von Mensch zu Mensch“ mit seinem Vorsitzenden Edgar Schwind (links). Bild: Löffler

Vermutlich haben Süßmäuler vor Weihnachten wieder regelmäßig glänzende Augen bekommen: Täglich durften sie zum Adventskalender stiefeln, täglich ein Türchen aufreißen, täglich ein Schokoladenstückchen in den Mund stopfen. Auch Nevio, 4, aus Wiesenstetten bekam einen Adventskalender. Aber bei ihm ging es um Existenzielleres als um ein kurzes Genussmoment. Bei Nevios Adventskalender handelte es sich um eine 24-tägige Spendenaktion (die SÜDWEST PRESSE berichtete). Denn Nevio ist gehbehindert. Für ihn sind Mobilität und Lebensqualität teurer als für andere Menschen.

Nevio kam mit fehlentwickelter Wirbelsäule zur Welt, der Wasserablauf aus seinem Kleinhirn ist verstopft, der Junge hat bereits einen Marathon an Operationen an Rücken und Kopf hinter sich. Fortbewegen kann er sich nur im Rollstuhl. Seine Eltern, Nina Klein-Wiele und Christian Kaufmann, müssen ihren Neubau in Wiesenstetten so planen, damit ein gehandicaptes Kind darin gut leben kann. Um etwa von seinen Therapieräumen in den Wohnbereich zu gelangen, bräuchte Nevio einen Treppenlift mit Plattform für seinen Rollstuhl. Kosten: 30 000 Euro. Die Krankenkasse übernimmt das nicht. Dafür übernahm Katja Schmid, eine Freundin der Familie, die Initiative. Sie rief die Adventskalender-Aktion für Nevios Treppenlift ins Leben. Rund 10 000 Euro haben Menschen bis Weihnachten dafür gegeben.

Schmid hat sich dafür an den Empfinger Verein „Von Mensch zu Mensch gewandt“. Er ist regional ausgerichtet. Seit 2004 sammelt der Verein Spenden für Menschen aus der Umgebung, die unverschuldet in finanzielle oder gesundheitliche Not geraten oder auf Hilfe angewiesen sind, beispielsweise auch für die Kinderkrebsklinik in Tübingen. Und er stellt sicher, dass das Geld ankommt und im vorbestimmten Sinn verwendet wird. Der Vorsitzende Edgar Schwind macht sich immer ein persönliches Bild. Das Echo auf Schmids Aktion sei fantastisch, sagt er. Kinder und Jugendliche hätten teils zehn oder 20 Euro, Erwachsene und Firmen vierstellige Beträge gegeben. So auch der Empfinger Messtechnik-Produzent Pleva. Die Firma spendet jährlich zu Weihnachten für soziale Zwecke. „Wir finden, dass wir als lokaler Arbeitgeber die Verpflichtung haben, lokal zu helfen“, sagt Unternehmerin Regine Pleva. Und „lokal“ heißt heuer: fast in der Nachbarschaft. Das Schicksal Nevios habe sie berührt. Deshalb überreichte sie mit ihrem Mann und Geschäftsführer Ralf Pleva jetzt einen symbolischen Riesenscheck an
Edgar Schwind: 2000 Euro fließen von der Firma Pleva in einen Plattformlift.

Schwind versteht solch öffentlichkeitswirksame Benefizgeschenke nicht als etwas anrüchige Selbstdarstellung – im Gegenteil: „Tue Gutes und rede darüber“ ist für ihn Verpflichtung – „damit andere aufmerksam werden“, sagt der Vereinsvorsitzende. Aufmerksam auf Fälle wie den Nevios.

Katja Schmid hat auf ihren Adventskalender viel Resonanz bekommen. In den ersten Dezembertagen musste sie telefonieren, telefonieren, telefonieren. Und die Hilfe kam oft über mehrere Ecken. Eine Freundin kannte eine Freundin, die Filialleiterin des Horber McDonald’s ist. Die fragte, ob es denn Plakate für die Aktion gäbe? Also designte Schmids früherer Chef welche. Der Wiesenstetter Musikverein übergab 500 Euro. Die Mitarbeiterin eine Fitnessstudios in Sulz stellte in ihrer Einrichtung ein Sparschwein für Nevio auf, eine Rexinger Metzgerei zog nach. Die Schweine sind auch noch nicht ausgezählt. Die bisher zusammengekommenen 10 000 Euro sind also nur ein vorläufiger Wert.

Laut Schwind soll aus den Vereinstöpfen noch etwas dazukommen. Und wer möchte, kann auch im neuen Jahr noch spenden (siehe Infobox). Außerdem sind während der Adventszeit Ideen entstanden, wie die restlichen 20 000 Euro für den Lift noch zusammenkommen könnten – etwa über ein Benefizkonzert.

Braucht einen Treppenlift für seinen Rollstuhl: Nevio Kaufmann. Privatbild

Braucht einen Treppenlift für seinen Rollstuhl: Nevio Kaufmann. Privatbild

Wer möchte, kann auch jetzt noch für einen Plattformlift für Nevio spenden, und zwar über den Verein „Von Mensch zu Mensch“. Das Spendenkonto des Vereins bei der KSK Rottweil ist: IBAN: DE90 6425 0040 0009 1105 51; BIC: SOLADES1RWL; ein zweites Spendenkonto hat der Verein bei der Volksbank Horb-Freudenstadt eingerichtet: IBAN: DE55 6429 1010 0056 1000 00; BIC: GENODES1FDS. Als Verwendungszweck muss dann „Nevio“ angegeben werden.

Der Verein ist seit seiner Gründung 2004 von 26 auf 180 Mitglieder angewachsen. Im Jahr unterstützt der Verein zwischen fünf und acht Einzelfälle. Bei 95 Prozent handelt es sich um Hilfe für schwerstkranke Kinder, etwa mit Gendefekt, und deren Angehörige. Der Verein hat aber auch schon Notarztwagen mit telemetrischen EKGs ausgestattet, die Daten schnell ins Krankenhaus nach Freudenstadt senden – was lebensrettend sein kann.

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Erstellt:
05.01.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 05.01.2018, 01:00 Uhr

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