Warum sollte man 7,4 Millionen Euro erben?

Faxe mit angeblich Begünstigten in Sulz aufgetaucht / Polizei rät: Nicht reagieren, keine Anzeige

Ein Erbe über 7,4 Millionen Euro – das klingt verlockend. Doch da solche Nachrichten bei einem 77-Jährigen aus dem Raum Sulz vier- bis fünfmal im Jahr eintrudeln, ist klar: Es handelt sich um einen Betrugsversuch. Der Mann wirft die Faxe weg, möchte aber andere warnen.

22.06.2016

Von cristina priotto

Faxe mit angeblich Begünstigten in Sulz aufgetaucht / Polizei rät: Nicht reagieren, keine Anzeige

Sulz. Das Schreiben sieht auf den ersten Blick noch halbwegs seriös aus: Als Absender ist ein gewisser Henry Hagan angegeben, und die angegebene Kanzlei mit Sitz in der Londoner St. Andrew Street hat zumindest eine Homepage. Wer allerdings die angegegebene Telefonnummer wählt, hat keinen Erfolg auf weitere Auskünfte.

Der Empfänger des Faxes, das am vergangenen Freitag in einem Sulzer Ortsteil eingetroffen ist, war klug genug, nicht darauf zu reagieren. Dabei gaukelt der Verfasser, ein gewisser Henry Hagan, vor, als Rechtsanwalt einen angeblichen sehr reichen Verwandten des 77-Jährigen zu vertreten. H.R. sei als privater Geschäftsmann im internationalen Bereich tätig gewesen und 2010 einem schweren Herzinfarkt erlegen. Ledig und kinderlos geblieben, soll der Verstorbene ein Vermögen von 7,4 Millionen Euro bei einer Bank in Spanien hinterlassen haben.

Auf den Mann aus dem Raum Sulz will der Jurist aufmerksam geworden sein, „da Sie den gleichen Nachnamen haben“ – was gleich doppelt verwundert, denn erstens ist der Nachname nicht gerade selten, und zweitens scheint dies doch als wenig solide Recherche, wenn es sich um 7,4 Millionen Euro handeln soll. Verwandte gebe es keine, schreibt der angebliche Advokat weiter. Alle Alarmglocken sollten jedoch angesichts des Vorschlags schrillen, den der Bevollmächtigte zur Aufteilung des Vermögens macht: „Sie erhalten 40 Prozent des Anteils und 40 Prozent würde mir dann zustehen“, verspricht sich Henry Hagan einen satten Profit von fast drei Millionen Euro. 20 Prozent würden an gemeinnützige Organisationen gespendet, stellt der Brite in Aussicht.

Wer angesichts so viel angeblicher Wohltätigkeit nicht schon stutzig geworden ist, dem sollte spätestens beim nächsten Absatz ein Warnlicht aufgehen: Das Vermögen enthalte keinen kriminellen Ursprung, das Verfahren, um an das Geld zu kommen, werde „einwandfrei ohne Komplikationen erfolgen“, versichert der Treuhänder.

Erst ganz am Schluss und nur in einem Nebensatz ist plötzlich von einer notwendigen Geldüberweisung die Rede. „Alles, was ich von Ihnen benötige, ist Ihr Vertrauen und eine gute Zusammenarbeit“, stellt der Vermögensverwalter dort als Bedingung.

Der 77-Jährige fischt solche Post etwa vier- bis fünfmal im Jahr aus dem Faxgerät – und ärgert sich: „Wenn die nicht immer wieder einen Dummen fänden, würden sie das nicht machen“, sieht der Mann eine Notwendigkeit, das wertlose Papier nicht einfach nur wegzuschmeißen, sondern andere zu warnen.

Der Bewohner eines Sulzer Stadtteils weiß von anderen Leuten, die solche Schreiben bekommen haben, meist aus England. Die Konten mit den angeblichen Millionen-Erbschaften sind stets in Spanien oder Südafrika, immer werden Riesensummen in Aussicht gestellt.

Besonders verwerflich findet der Empfänger der Faxe, dass die Verfasser gezielt ältere Leute anschreiben und diese um ihr Erspartes bringen wollen.

Einmal hat der Endsiebziger ein solches Schreiben auch schon zur Polizei gebracht. Anzeige zu erstatten bringt nichts, weiß der Mann. Mit dem aktuellen Fax wandte der Stadtteilbewohner sich jedoch bewusst an die SÜDWEST PRESSE.

Die Beamten beim Sulzer Polizeiposten kennen die Masche: „Jeden Tag kommen Leute mit solchen Schreiben oder Gewinnversprechen“, berichtete Uwe Pfau am Dienstag auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Polizisten raten stets, nicht zu reagieren und vor allem, auf gar keinen Fall Geld auf womöglich angegebene Konten zu überweisen. Die Verfasser sitzen praktisch immer im Ausland, deshalb führe es nicht weiter, Anzeige zu erstatten, weiß Pfau aus Rücksprache mit übergeordneten Polizeidienststellen. Einmal hat Uwe Pfau aus Neugier eine der angegebenen Nummern angerufen – und landete bei einer Dönerbude in München, selbstverständlich aber nicht bei einem Millionenerbe. Aktuell sind beim Sulzer Polizeiposten keine Fälle bekannt, bei denen Bürger auf solche Schreiben hereingefallen und dadurch zu Schaden gekommen wären.

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Erstellt:
22.06.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 22.06.2016, 01:00 Uhr

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