Schienenverkehr

Gastel: Auf der Gäubahn herrscht an jedem 5. Tag Stillstand

Eine eigene Analyse des Parlamentariers legt offen, wie chaotisch das Baustellen-Management der Bahn scheint.

19.08.2022

Von NC

Eine nicht enden wollende Reihe an Baustellen beeinträchtigte den Schienenverkehr auf der Gäubahn bereits in den vergangenen Jahren. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Eine nicht enden wollende Reihe an Baustellen beeinträchtigte den Schienenverkehr auf der Gäubahn bereits in den vergangenen Jahren. Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Einer Analyse des Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne, Wahlkreis Nürtingen) zufolge ist die Gäubahn an 19,5 Prozent der Tage durch Baustellen unterbrochen. „Berücksichtigt wurden dabei nur ganztägige Beeinträchtigungen im Jahr 2022“, heißt es in der zugehörigen Stellungnahme des Parlamentariers. Rechne man Sperrungen hinzu, die nur Tagesrandlagen betreffen, so lagen sogar an jedem vierten Tag baustellenbedingte Einschränkungen für den Bahnverkehr vor. Davon betroffen seien im Jahr 2022 rund 4300 Zugfahrten. Ausfälle durch die jüngste Stellwerkstörung am Hauptbahnhof Stuttgart wurden nicht mitgerechnet. Durch diese Störung fielen tagelang alle Züge der Schweizerischen Bundesbahnen, die umsteigefreie Verbindungen zwischen Stuttgart und Zürich ermöglichen, aus. „Eine Streckenverfügbarkeit von 75 bis 80 Prozent ist viel zu gering, um einen verlässlichen Bahnverkehr anbieten zu können“, kritisiert Matthias Gastel das Baustellenmanagement der Deutschen Bahn. Laut Gastel müssten „Baustellen viel stärker gebündelt werden. Dies bedeutet, dass während einer Sperrpause mehr Arbeiten erledigt werden müssen, statt für jede Maßnahme eine eigene Baustelle mit entsprechenden Sperrungen einzurichten.“

Der Konzern habe dies inzwischen erkannt und wolle seine Baustellenplanung entsprechend ändern, um die verfügbaren Kapazitäten weniger durch unkoordinierte Bautätigkeiten einzuschränken. „Hier an der Gäubahn zeigt sich, wie dringlich diese Optimierung des Bauwesens ist“, so Gastel, der seit kurzem dem Aufsichtsrat der DB Netz AG und der Beschleunigungskommission Schiene der Bundesregierung angehört. „In beiden Gremien werde ich Druck machen, dass notwendige Bauaktivitäten zügiger und abgestimmter als bisher umgesetzt werden. Wenn gearbeitet wird, dann muss alles gleich mitgemacht werden, was als sinnvoll und notwendig absehbar ist. Lieber einmal etwas länger als vielfach etwas kürzer sperren – und dann die Strecke länger unbeeinträchtigt nutzen können. Die Deutsche Bahn muss für eine möglichst große Verfügbarkeit der Infrastruktur und damit für mehr Verlässlichkeit sorgen“, so der Parlamentarier.

Nicht nur ein 2022-Problem

Laut Gastel gab es auch in den Vorjahren überdurchschnittlich viele Beeinträchtigungen durch eine Abfolge von unzureichend koordinierten Baustellen. Zwischen 2016 und 2021 war an 18 Prozent der Tage keine durchgehende Befahrbarkeit der Gäubahn-Strecke möglich.

Am Beispiel zweier besonders betroffener Abschnitte der Gäubahn lässt sich die Problematik besonders gut aufzeigen:

So wurden beispielsweise im Abschnitt zwischen Herrenberg und Rottweil bereits 2017 Brückenarbeiten ausgeführt, was zu einer Sperrung der Strecke führte, ein Jahr darauf war der Abschnitt erneut mehrere Tage nicht befahrbar. Diesmal mussten Gleise und Weichen erneuert werden. Im Jahr 2021 folgten dann weitere Sperrungen zwischen Herrenberg und Horb, einmal aufgrund der Erneuerungen von Weichen- und Bahnsteigen und später im Jahr noch einmal aufgrund von Weichenerneuerung.

Auch in diesem Jahr war der Abschnitt Herrenberg-Horb wieder beeinträchtigt, diesmal zunächst im Juni aufgrund durch Vorbereitungsarbeiten für den zweigleisigen Ausbau und abermals über die Sommerferien, in denen Stellwerksarbeiten und erste Maßnahmen für den Zweigleisausbau für Sperrungen sorgen.

Auch der Abschnitt Tuttlingen-Singen sei vielfach betroffen. 2018 wurden Gleise und Weichen erneuert, 2019 dann wiederum durch Gleisarbeiten. Beides führte immer wieder zu Teil- und Totalsperrungen. Eine weitere Gleissperrung 2019 folgte noch im Jahr 2019, diesmal aufgrund von Brückenbauarbeiten. 2021 führten Bahnübergangsarbeiten zu weiteren Sperrtagen und 2022 standen und stehen auch hier erste Ausbaumaßnahmen sowie Erneuerungs- und Sanierungsarbeiten an Gleisen und Brücken an, was abermals für zwei Sperrzeiträume sorgt.

Gastel macht deutlich: Keine der Baumaßnahmen sei verzichtbar. Aber: „Die Baumaßnahmen müssen aber besser koordiniert werden.“ Wenn ein Korridor baustellenbedingt gesperrt werden muss, dann „müssen gleich alle absehbaren Baumaßnahmen innerhalb eines möglichst kurz zu haltenden Sperrfensters mit erledigt werden.“ Es gehe darum, Baumaßnahmen „konsequent zu bündeln“, um die Strecke in möglichst großem Maß betriebsbereit zu halten.

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Erstellt:
19.08.2022, 19:09 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 50sec
zuletzt aktualisiert: 19.08.2022, 19:09 Uhr

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