Sulz/Dürrenmettstetten · Bürgermeisterwahl

Gewerbegebiet als Knackpunkt

Beim zweiten Podium präsentierten sich in Dürrenmettstetten am Dienstag vier Kandidaten. Rund 200 Bürger hörten zu und stellten Fragen.

26.10.2022

Von Cristina Priotto

Vier Männer, ein Ziel: Bürgermeister von Sulz werden möchten (von links): Rene Hund, Martin Sessler, Dirk Konrad und Jens Keucher. Die zwei anderen Bewerber, Samuel Speitelsbach und Frank Tschany, waren in Dürrenmettstetten nicht dabei. Von der Bühne aus verfolgten der Erste Beigeordnete Hans-Peter Fauser (links), Anna-Maria Hipp vom Wahlamt und Hauptamtsleiter Hartmut Walter die Reden. Bild: Cristina Priotto

Vier Männer, ein Ziel: Bürgermeister von Sulz werden möchten (von links): Rene Hund, Martin Sessler, Dirk Konrad und Jens Keucher. Die zwei anderen Bewerber, Samuel Speitelsbach und Frank Tschany, waren in Dürrenmettstetten nicht dabei. Von der Bühne aus verfolgten der Erste Beigeordnete Hans-Peter Fauser (links), Anna-Maria Hipp vom Wahlamt und Hauptamtsleiter Hartmut Walter die Reden. Bild: Cristina Priotto

Gleich in weiten Teilen und doch in mancherlei Hinsicht anders lief die zweite Vorstellung der kandidaten für die Sulzer Bürgermeisterwahl am Dienstagabend in der Dürrenmettstetter Gemeindehalle ab: Ablauf und Rahmen waren dieselben, doch das Bewerberfeld, die Zuhörer, die Fragen und die Stimmung unterschieden sich deutlich vom ersten Termin.

Während am ersten Wahlpodium fünf Kandidaten teilgenommen hatten, fehlten diesmal gleich zwei Männer: Samuel Speitelsbach hatte am 17. Oktober in Sulz einen Platzverweis und damit Hausverbot in allen städtischen Gebäuden kassiert. Frank Tschany fehlte erneut krankheitsbedingt.

Hund: vage Aussagen

Da die etwa 200 Interessierten aus der Gesamtstadt zum Auftakt nicht, wie beim ersten Termin, beschimpft worden waren, hatte Rene Hund einen leichteren Einstieg. Der 51-Jährige verwendete zwar denselben Text wie beim ersten Wahlpodium, um seine Familien- und Berufsgeschichte sowie inhaltliche Ziele darzulegen, suchte aber öfter Augenkontakt zum Publikum. Die Zuhörer klatschten nach dem Vortrag. Pfarrer Wolfgang Müller aus Hopfau wies in der Fragerunde als Erster auf den Sanierungsbedarf beim Dürrenmettstetter Kindergarten hin und wollte von dem Zollbeamten wissen, wie dieser sich die Zukunft der Einrichtung vorstelle. Hund betonte, insbesondere aufgrund der Schließung der Lindenschule sei der Erhalt des Kindergartens für Dürrenmettstetten wichtig und regte einen Ausbau zur Ganztagseinrichtung an. „Sulz müsste sich um den Kindergarten kümmern und Geld in die Hand nehmen“, beschrieb Rene Hund eine Aufgabe des künftigen Bürgermeisters und des Gemeinderats. Gudrun Wößner erkundigte sich, wie der Kandidat neue Bauplätze schaffen wolle. Der 51-Jährige nannte es „ein großes Problem, wenn nur Auswärtige herziehen“. Die Frage ließ Hund unbeantwortet, bekannte: „Da bin ich nicht firm“ und blieb vage: „Das ist ein komplexes Thema, da müssen wir schauen.“ Den „komplexes-Thema“-Verweis erhielt auch Alexandra Rau auf die Frage nach der Position zum Regionalen Gewerbegebiet: „Man muss prüfen, wer kommt, aber wenn man gute Ackerböden opfert, sollte es sich lohnen“, sagte der Wahl-Sulzer, outete sich aber im nächsten Moment als Befürworter: „Gewerbesteuer ist wichtig für andere Projekte. Ich stehe dem Regionalen Gewerbegebiet nicht negativ gegenüber“, wechselte Rene Hund im nächsten Satz die Haltung.

Keucher: Erfahrung betont

Anders als in Sulz wurde Jens Keucher in Dürrenmettstetten nicht mit Applaus empfangen. Der 42-Jährige las den Vorstellungstext noch schneller ab als beim ersten Mal, wenn auch mit viel Augenkontakt, um bis zum Gong gerade so fertig zu werden. Bei der Präsentation von Familie, Werdegang und Zielen betonte der Diplom-Verwaltungswirt mehrfach die Erfahrung in der Verwaltung, die den Sulzer von den fünf anderen unterscheidet. Helga Weisser aus Dürrenmettstetten sprach das Thema Kindergarten an. Keucher hatte an der Begehung teilgenommen und wusste daher aus eigener Anschauung um den Sanierungsbedarf. „Ich sehe die Zukunft eines Ortes unmittelbar mit dem Vorhandensein der notwendigen Infrastruktur“, sprach der zweifache Vater sich für die Sanierung aus. Auf Gudrun Wößners Frage nach den Bauplätzen regte Jens Keucher an, nach dem Abriss des Schulhauses dort sechs Baugrundstücke zu schaffen sowie mit privaten Besitzern und in Richtung Oberiflingen weitere Bauflächen zu erschließen. Lothar Ellinger aus Bergfelden sprach das Regionale Gewerbegebiet an. Keucher fand dazu keine klare Position: „Es gäbe sicher andere Flächen in Baden-Württemberg, und ich habe keine Antwort darauf, was daran hindert, diese zu nutzen“, sagte der 42-Jährige und räumte ein: „Darauf kann ich keine Antwort geben“. Ambivalent war auch die Aussage: „Ackerflächen müssen erhalten bleiben, aber es gibt auch Aspekte, die für das Regionale Gewerbegebiet sprechen“. Das Publikum kommentierte den Auftritt mit Beifall.

Konrad: freier Redner

Erneut im selbstgestalteten T-Shirt mit Botschaft zum Wechsel von Bürgermeister Gerd Hieber zu sich selbst auf diesem Posten trat Dirk Konrad auf die Bühne, verzichtete aber auf das Publikumsspiel, das in Sulz nicht funktioniert hatte. Der Vater zweier Söhne stellte als Einziger in freier Rede, nur mit gelegentlichem Blick auf einen Stichpunktezettel, Familie, Werdegang und Zukunftsvisionen vor. Simone Prantl aus Mühlheim hakte nach, wie der Gemeinderat mitgenommen werden solle. Konrad bekannte: „Das Regionale Gewerbegebiet wird eine harte Nuss, aber wenn wir die Bürger überzeugen, werden wir auch die Gemeinderäte überzeugen“. Dirk Kitzlinger wünschte sich eine bessere Zugänglichkeit des Neckars. Dirk Konrad äußerte Unverständnis über die Hecken, die „die Menschen von diesem Juwel trennen“ und beschrieb die Vision eines dauerhaften Neckarstrands unter Einbeziehung des Wöhrd-Parks. Kitzlinger hatte sich gewundert, dass der Wahl-Bergfelder von zwölf statt zehn Stadtteilen sprach, Konrad begründete dies damit, dass die Höhenwohngebiete Kastell und Schillerhöhe als eigene Stadtteile und nicht als Teil der Kernstadt zu sehen seien. Zu Wolfgang Müllers Frage nach dem Kindergarten Dürrenmettstetten meinte der Ingenieur, dieser müsse „so gestaltet werden, dass es zum Wohl aller ist“. Auf Gudrun Wößners Hinweis zu Bauplätzen schlug Dirk Konrad vor, innerörtliche Lücken durch den Abriss baufälliger Gebäude zu schließen. Einen Bürgerbus regte der 42-Jährige auf Alexandra Raus Frage nach Verbesserungsmöglichkeiten für den ÖPNV an – „wenn es sich kommerziell lohnt“. Der freien Rede zollte das Publikum viel Applaus.

Sessler: gegen „Best Invest A81“

Anders als beim ersten Auftritt sprach Martin Sessler in Dürrenmettstetten bei der Vorstellung von Familie und Werdegang nicht frei, sondern las vom Blatt ab, verhaspelte sich dabei jedoch mehrfach. Dazugelernt hatte der 50-Jährige, der einige Ziele diesmal innerhalb der ersten zehn Minuten vorstellte und nicht erst im Frageblock. Vom Signalgong irritiert, beendete der Vater zweier Söhne die Präsentation vorzeitig. Schmunzeln erzeugte die kurze Antwort auf Helga Weissers Frage nach Vorschlägen für die Zukunft des Kindergartens: „Das Gebäude müsste in Bauabschnitten geplant und saniert werden“, lautete Martin Sesslers Vorschlag. Vage blieb auch die Antwort auf Gudrun Wößners Bauplatz-Frage, die den Unternehmer „ein bisschen überforderte“: „Neubaugebiete muss man planen“, formulierte der Wahl-Holzhauser das Offensichtliche. Ex-Ortsvorsteher Robert Trautwein fragte bezüglich der Haltung zur unechten Teilortswahl. „Ich würde es beibehalten“, antwortete Martin Sessler erneut kurz. Dirk Kitzlinger attestierte dem erst im Sommer Zugezogenen: „Sie müssen sich noch etwas einfinden und kennen manches noch nicht.“ Zu Kitzlingers Frage nach der Attraktivität der Sulzer Innenstadt meinte Sessler: „Man bräuchte ein Gesamtkonzept mit Verkehrskonzept, eine neue Parkplatzsituation und Gestaltung des Neckars“. Auf Alexandra Raus Frage zum Regionalen Gewerbegebiet „Best Invest A81“ positionierte Martin Sessler sich als Einziger der vier teilnehmenden Bewerber klar dagegen: „Ich sehe dort einen viel zu großen Flächenverbrauch bester Ackerfläche und habe die drei Gutachten gelesen. Mit mir sollte es dieses Gewerbegebiet nicht geben“, gab der Unternehmer ein Versprechen, das indes schwer zu halten sein wird.

Bürgermeister Gerd Hieber zeigte sich ob der diesmal eklatfreien Präsentationen und des großen Interesses der Bürger zufrieden und appellierte, am 6. November zur Wahl seines Nachfolgers nach 24 Jahren zu gehen.

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Erstellt:
26.10.2022, 19:30 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 27sec
zuletzt aktualisiert: 26.10.2022, 19:30 Uhr

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