Vereine

Heftige Turbulenzen

Beim Flugsportverein Rottenburg-Horb-Eutingen sollten Mitglieder wegen „unauflösbaren Interessenskonflikten“ aus dem Verein ausgeschlossen werden.

23.02.2019

Von Maik Wilke

Heftige Turbulenzen

Für einige Flieger kam die Nachricht einer Bruchlandung gleich: Sie seien für den Verein nicht mehr tragbar, stünden in einem „unauflösbaren Interessenskonflikt“ mit der Vereinsführung – und sollten deshalb mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen werden. Etwa 20 Mitglieder des Flugsportvereins Rottenburg-Horb-Eutingen waren davon betroffen.

Dies geht aus einer Rundmail des Vorsitzenden Thomas Haller hervor, die der SÜDWEST PRESSE vorliegt. In diesem Schreiben werden alle Mitglieder des Vereins darüber informiert, dass der Vorstand des FSV in einer Ausschusssitzung mit jeweils 75 Prozent für den Rauswurf gestimmt hätte. Im genauen Wortlaut sind die betroffenen Personengruppen:

passive Mitglieder, die zeitgleich Vorstandsmitglieder der FSG Hanns-Klemm Böblingen-Calw e.V. sind;

passive Mitglieder, die aktiv bei der FSG Hanns-Klemm Böblingen-Calw e.V. fliegen;

Mitglieder des FSV Rottenburg-Horb-Eutingen e.V., die sich zum 1. Januar 2019 passiv gemeldet haben und bereits aktiv bei der FSG Hanns-Klemm Böblingen-Calw e.V. fliegen.

Daraus kann angenommen werden, woraus die vom Vorsitzenden angegebenen „unauflösbaren Interessenskonflikte“ bestehen: Einer parallelen Mitgliedschaft bei der FSG Hanns-Klemm Böblingen, die ebenfalls das Fluggelände in Eutingen nutzt. Vorsitzender Thomas Haller betont auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE, dass „der Ausschluss noch nicht vollzogen wurde und mittlerweile auch annulliert ist“. Man habe sich mit den betroffenen Mitgliedern auf einen Kompromiss geeinigt. Worin dieser konkret liege, wurde nicht verraten.

Ausgangspunkt für die Streitereien sei laut einem Mitglied des Vereins, das namentlich nicht genannt werden möchte, „eine zutiefst schlechte Stimmung“ beim FSV. Etliche Mitglieder waren demnach mit der Führung des Vereins durch den Vorstand unzufrieden – und haben deshalb schon im Dezember Unterschriften für einen Antrag auf eine außerordentliche Mitgliederversammlung gesammelt. Das Ziel der Versammlung sei „die Neuwahl des gesamten Vorstands“ gewesen, 50 Frauen und Männer hätten unterschrieben.

Neuwahl des Vorstands gefordert

Doch es kam nicht zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Vorsitzender Haller lehnte diese mit der Begründung ab, die Unterschriftensammlung sei nicht fristgerecht bei ihm eingegangen. Daher sei „das gesamte Begehren ungültig und kann keine Berücksichtigung finden.“ Auch diese Mail an die Mitglieder des FSV liegt unserer Zeitung vor.

Stattdessen besprach sich Anfang Dezember der Ausschuss des FSV-Vorstands mit dem Ergebnis, einen Teil der passiven Mitglieder, darunter langjährige, verdiente Flieger, aus dem Verein auszuschließen. Warum man einen solch rabiaten Weg einschlage, erklärte Thomas Haller auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE: Es gehe schlichtweg um das Überleben des Vereins, das durch die vermehrten Abwanderungen zur Flugsportgruppe Hans-Klemm Böblingen bedroht sei. „Und letztlich auch um den Erhalt dieser Naturfläche – egal ob als Fluggelände oder als Erholungsgebiet. Darauf sollte man den Fokus legen und nicht auf vereinsinterne Angelegenheiten“, betont Haller.

Der Vorsitzende der Flugsportgruppe Hanns-Klemm Böblingen-Calw, Edgar Müller, wollte sich zu den Streitigkeiten im Flugsportverein Ro-Ho-Eu und den Abwanderungen zur finanziell sowie von der Mitgliederanzahl stärkeren Hanns-Klemm-Flugsportgruppe nicht äußern. Man kümmere sich aber stets um ein friedliches Miteinander und wolle auch diese Episode friedlich klären.

Ob das gelingt, könnte sich gestern Abend entschieden haben. Am Freitag war nun doch eine außerordentliche Mitgliederversammlung, an die sich eine ordentliche Versammlung anschließt, angesetzt. Erster Tagesordnungspunkt: „Beschlussfassung über die Neuwahl des gesamten Vorstandes, Jugendleiters und Beisitzer des Ausschusses“; gefolgt von der Abberufung des bisherigen Vorstands.

Laut anonymer Quelle unserer Zeitung seien in den Tagen zuvor 20 weitere passive Mitglieder aufgenommen worden, „die auf der Seite des Vorstands stehen“, um eine Abwahl zu verhindern. Thomas Haller erklärt damit konfrontiert: „Es sind neue passive Mitglieder in den Verein eingetreten, ja. Aber ich kann doch nicht wissen, auf welcher Seite die stehen.“

In der Satzung des Flugsportvereins Ro-Ho-Eu steht unter „Rechten und Pflichten“, dass die Mitglieder verpflichtet seien, „die Vereinsinteressen zu fördern und alles zu unterlassen, was dem Ansehen und Zweck des Vereins entgegensteht“. Ob dies mit einer gleichzeitigen Mitgliedschaft in einem anderen Flugsportverein gegeben ist, und damit einen Ausschluss rechtfertigt, ist wohl Interpretationssache.

Gewerbeansiedlung als Damoklesschwert

Die schlechte Stimmung im Flugsportverein Rottenburg-Horb-Eutingen liege, so die Quelle der SÜDWEST PRESSE, auch an dem möglicherweise entstehenden Gewerbegebiet auf dem Areal des FSV: „Das sorgt natürlich für Unruhe und Nervosität.“ Zumal mit dem Fokus auf den motorisierten Flugbetrieb weniger Jugendarbeit und -förderung als beim Segelfliegen im Verein stattfinde – was bei einer künftigen Diskussion um den Erhalt des Fluggeländes Rückhalt in der Bürgerschaft schaffen würde. Fehlt dieses Argument, spielt das den Befürwortern eines Gewerbegebiets in die Karten. Doch klar ist auch: Bis ein Gewerbegebiet auf dem Fluggelände in Eutingen kommen könnte, vergehen noch Jahre. Zudem würde eine Ansiedlung beide Fliegergruppen betreffen – ein Wechsel vom FSV zur Hanns-Klemm Böblingen macht also allein aus diesem Aspekt wenig Sinn.

Das Fluggelände in Eutingen. Karl-Heinz Kuball

Zum Artikel

Erstellt:
23.02.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 23.02.2019, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!