Sulz · Gemeinderat

Höhere Mauern, neue Dämme und Spundwände gegen Überflutung

Die Vorkehrungen zum Hochwasserschutz wurden am Montag vorgestellt. Das Gremium hatte viele Fragen an die Ingenieure.

18.11.2019

Von Cristina Priotto

Großflächige Überflutungen im Sulzer Stadtzentrum mit Wasser, das bis zu zwei Meter hoch steht: Die Berechnungen für ein 100-jährliches Hochwasser, die Michael Rosport und Theresa Himmelsbach von BIT aus Karlsruhe am gestrigen Montagabend dem Gemeinderat vorstellten, sorgten für Nachdenken, auch wenn die letzten großen Hochwasser in Sulz 1970 und 1978 schon längere Zeit zurückliegen.

Das Büro ließ in die Planungen die Ergebnisse der Flussgebietsuntersuchung des Büros Wald und Corbe von 2015 und 2017 einfließen. Bei einem HQ100 würden die bestehenden Dämme und Ufermauern an 45 Prozent des Neckars in der Innenstadt überflutet. Als Gegenmaßnahme regten die Ingenieure zwischen dem Holzsteg und dem Unteren Wuhr eine Sohleintiefung auf 1,3 Kilometern Länge auf 70 Zentimeter Tiefe an. Von einer Aufweitung im Bereich des Wöhrds und einer Einbeziehung des vierten Durchlasses an der Waldhornbrücke rieten die Experten hingegen ab.

15 Standorte am Oberen Neckar wurden auf eine mögliche Eignung für den Bau von Rückhaltebecken untersucht, doch reiche das Volumen dort nicht aus, erklärte Daniel Elsässer vom Regierungspräsidium Freiburg.

Anlandungen bei Waldhornbrücke

Als Lösung bleiben somit nur Dämme und höhere Mauern. Himmelsbach empfahl diese, da HQ100-Hochwasser auch in kürzeren Abständen erfolgen könnten und das Schadenpotenzial in Sulz auch aufgrund der ufernahen Bebauung sehr hoch sei. Zudem ist die Vorwarnzeit von der Alarmierung in Rottweil an mit nur vier bis fünf Stunden sehr kurz.

Die geotechnischen Untersuchungen haben ergeben, dass die Böschung sehr stark geneigt ist und die Hochwasserschutzdämme sehr stark bewachsen sind. Erschwerend hinzu kommt, dass die Deiche sehr wasserdurchlässig sind. Über den Zustand der Ufermauern ist wenig bekannt.

Bezüglich der hydraulischen Untersuchungen reicht laut den Ingenieuren eine reduzierte Sohleintiefung bei der Waldhornbrücke aus. Zudem müssten dort die Ablagerungen entfernt werden.

Links des Neckars müsste in der Vorstadt die alte Ufermauer teils abgetragen und eine 1,20 Meter hohe neue Stützwand errichtet werden. Unterhalb der Löwenbrücke empfahl BIT einen mobilen Hochwasserschutz. Entlang des Wöhrds müsste die Hochwasserschutzlinie nach hinten verlegt und eine Spundwand gebaut werden. Rechts entlang des Flusses von den Kleingärten bis zum Holzsteg muss die Mauer saniert werden. Bei der Löwen- und der Waldhornbrücke müssen die bestehenden Mauern erhöht werden. Im Bereich der Holzhauser Straße empfahlen die Ingenieure teils den Bau von Spundwänden.

Neue Hochwasserschutzeinrichtungen böten zudem Gestaltungsmöglichkeiten für ein attraktiveres Stadtbild, warben die Planer. Die Uferzonen könnten neu strukturiert werden – falls Sulz sich noch ein drittes Mal für eine Gartenschau bewerben sollte.

Die notwendigen Investitionen belaufen sich laut den BIT-Ingenieuren auf bis zu sieben Millionen Euro. Dadurch ließen sich laut Theresa Himmelsbach aber HQ100-Schäden im Umfang von 180000 Euro jährlich vermeiden.

Die Entwurfsplanung soll noch bis Ende diesen Jahres fertiggestellt werden. Die Öffentlichkeit wird ab Anfang 2020 beteiligt, die Genehmigungsphase könnte im Frühjahr beginnen und etwa ein Jahr dauern. Die Umsetzung der Maßnahmen könnte ab 2021 starten und Sohleintiefung, Dammsanierung, Bau von Hochwasserschutzmauern sowie Gewässerstrukturmaßnahmen umfassen.

Klaus Schätzle (SPD) wies im Namen dreier anwesender Zuhörer der Initiative „Rettet den Neckar“ auf die Berücksichtigung ökologischer Belange hin und forderte eine frühzeitige Einbeziehung der Öffentlichkeit. Rosport sicherte diese vor Einleitung der Genehmigung zu. Bürgermeister Gerd Hieber appellierte, die Öffentlichkeitsbeteiligung ganzheitlich und nicht nur auf spezielle Belange beschränkt anzugehen.

Auf Nachfrage von Tobias Nübel (CDU) räumte Michael Rosport ein, die angegebenen Kosten von 3,9 Millionen Euro reichten vermutlich nicht aus. „Realistischer sind sechs bis sechseinhalb Millionen Euro“, so der Ingenieur.

GAL-Stadtrat Hans Gühring hakte als Anlieger der Holzhauser Straße nach, ob auch die Zuflüsse von den Hochflächen berücksichtigt würden, doch der BIT-Ingenieur verneinte, da Starkregen als eigenes Risiko kalkuliert werde.

Eberhard Stiehle (FWV) fragte nach der Höhe der Mauern. Diese beträgt für HQ100-Hochwasserschutzmaßnahmen 1,25 Meter.

Auf Heidi Kuhrings (GAL) Nachbohren bezüglich der Kostenverteilung zwischen Stadt Sulz und Land Baden-Württemberg blieb Elsässer eine genaue Antwort schuldig. Für Strukturmaßnahmen wie Dämme und Spundwände sei grundsätzlich das Land zuständig, da der Neckar als Gewässer erster Ordnung klassifiziert ist. Für die Umgestaltung der Uferbereiche müsse hingegen die Stadt aufkommen. Dies gelte auch für den Wöhrd-Stadtpark.

Bauzeit bis zu drei Jahre

Die Spundwände stelle im Falle von Überflutungsgefahr die Feuerwehr auf, erklärte Rosport dem fragenden Karl Mutschler (SPD).

Zweieinhalb bis drei Jahre müssten für den Bau gerechnet werden, beantwortete Rosport eine Frage Jürgen Hubers (FWV).

Der Gemeinderat stimmte dem Projekt am Montagabend einstimmig zu. Der Beschlussvorschlag wurde um den Punkt ergänzt, dass eine Bürgerbeteiligung dazu im ersten Quartal des Jahres 2020 erfolgen sollte.

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Erstellt:
18.11.2019, 22:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 19sec
zuletzt aktualisiert: 18.11.2019, 22:00 Uhr

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