Horb · Polizei

„Jeder Tag ist spannend“

Seit 100 Tagen leitet Michael Schwab das Horber Polizeirevier. Im Interview mit der SÜDWEST PRESSE nimmt der 32-Jährige zu aktuellen Debatten Stellung.

08.01.2020

Von Philipp Koebnik

„Oft sind Einsätze nicht in erster Linie körperlich herausfordernd, sondern emotional“ – Michael Schwab.Bild: Karl-Heinz Kuball

„Oft sind Einsätze nicht in erster Linie körperlich herausfordernd, sondern emotional“ – Michael Schwab.Bild: Karl-Heinz Kuball

Am 1. Oktober vergangenen Jahres trat Polizeirat Michael Schwab seine Stelle als Leiter des Horber Polizeireviers an. Sein Vorgänger, Kriminaloberrat Markus Mast, war zur Polizeihochschule Villingen-Schwenningen gewechselt. Mitte November wurde Schwab dann im Beisein zahlreicher Gäste offiziell in sein Amt eingeführt.

SÜDWEST PRESSE: Herr Schwab, seit 100 Tagen leiten Sie nun das Horber Polizeirevier. Wie gut haben Sie sich an Ihrem neuen Arbeitsplatz eingelebt?

Sehr gut, ich fühle mich hier richtig wohl.

Kennen Sie bereits die Namen
sämtlicher Kollegen?

Ja, das war eine meiner ersten Aufgaben. Es war mir wichtig, meine neuen Kollegen kennenzulernen – und dass sie mich kennenlernen. Nur so kann man Vertrauen zueinander entwickeln, was mir persönlich sehr wichtig ist und natürlich auch einer guten Zusammenarbeit dient.

Bei der Amtsübergabe haben Sie
Ihren neuen Job als „Traumstelle“ bezeichnet. Warum ist das so?

Im höheren Polizeidienst gibt es viele verschiedene Aufgabenfelder. Im Laufe der verschiedenen Tätigkeiten, die ich bis dahin gemacht habe, wurde mir klar, dass die Leitung eines Polizeireviers für mich besonders reizvoll ist. Denn so bin ich nah dran an der polizeilichen Arbeit, trage Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und kann die Entwicklung des Reviers gestalten und voranbringen. Es besteht ein enger Kontakt zu den Bürgern, den Kommunen und unseren Partnern. Eine solche Funktion hier in Horb zu übernehmen, ist also wie ein Sechser im Lotto (lächelt).

Haben Sie noch genug Zeit für Ihre Familie?

Derzeit sind meine Arbeitstage noch relativ lang. Aber ich bin guter Dinge, dass ich, wenn ich mich richtig eingearbeitet habe, bald früher werde heimfahren können.

Wollten Sie schon als kleiner Junge Polizist werden?

Ich glaube ja (grinst).

Und warum?

Ich glaube, das will fast jeder mal, wenn er jung ist, weil man diesen Beruf mit Recht und Gerechtigkeit und dem Einsatz für andere verbindet. Zwischendurch hatte ich auch andere Berufswünsche. Aber ich habe es nie bereut, es war die richtige Berufswahl.

Sofern Sie als Kind „Räuber und
Gendarm“ gespielt haben: Waren
Sie meistens der Räuber oder der Gendarm?

Wohl eher der Gendarm (grinst).

Was macht Ihren Beruf interessant?

Der Polizeiberuf umfasst ein breites Aufgabenspektrum und viele Spezialisierungsmöglichkeiten. Beispielsweise ist der Streifendienst sehr spannend. Denn man weiß bei Dienstbeginn nie, welche Einsätze man bewältigen muss.

Welche Fähigkeiten haben Sie
als Vorsitzender der Hexenzunft
Rötenberg gelernt, die Ihnen bei
Ihrer neuen Aufgabe als Revierleiter helfen können?

In Vereinen lernt man viel fürs Leben und fürs Miteinander. Nicht zuletzt lernt man, Verantwortung zu übernehmen und damit umzugehen. In einem Vorstandsamt lernt man zudem, mit schwierigen Situationen und Entscheidungen umzugehen. Ein Vereinsvorsitzender vereint in sich unterschiedliche Rollen – im Privatleben ebenso wie im Beruf kann man das
einbringen.

War die Sportprüfung, die Sie
absolvieren mussten, um in den
Polizeidienst aufgenommen zu
werden, eine Herausforderung für Sie? Wie halten Sie sich fit?

Auf die Sportprüfung kann man sich gut vorbereiten und es hat auch gut funktioniert bei mir. Privat spiele ich Fußball, wenn auch weniger in letzter Zeit, und seit kurzem Tennis. Ansonsten gehen wir gerne in die Berge zum Wandern oder Skifahren.

Was war Ihr bislang schwierigster Einsatz? Hatten Sie schon einmal Angst um Ihr Leben? Und haben Sie schon einmal auf einen Menschen geschossen?

Oft sind die Einsätze nicht in erster Linie körperlich herausfordernd, sondern emotional. Das betrifft vor allem Einsätze, bei denen es Tote gibt, und man Gespräche mit Hinterbliebenen führt. Mit denen hat man teilweise intensiven Kontakt, das kann schon emotional belastend sein. Aber es ist auch schön zu wissen: Man kann ihnen helfen. Todesangst hatte ich noch nie, doch gab durchaus gefährliche Einsätze, wenn auch nur mit kleineren Verletzungen. Meine Schusswaffe habe ich noch nie in einem Einsatz benutzt – und ich hoffe, dass das auch so bleibt.

Der Neubau des Horber Polizeireviers wird sich wohl verzögern. Wie
beurteilen Sie die Arbeitsbedingungen im – denkmalgeschützten – Fruchtkasten?

Die Arbeitsbedingungen hier sind nicht sonderlich gut. Für Besucher gibt es kaum Parkplätze und sie müssen im Gebäude eine schmale und steile Treppe hinaufgehen. Von Barrierefreiheit ist das weit entfernt. Ein Neubau wäre also sehr, sehr wichtig, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Inwieweit können Sie persönlich
aktiv werden, um die Pläne für den Neubau voranzutreiben?

Ich gehöre der Arbeitsgruppe an, die die Projektplanung vorantreibt. Federführend ist die „Vermögen und Bau“.

Wie stehen Sie zur jüngsten Polizeireform, die Horb dem Polizeipräsidium Pforzheim zuordnet?

Die Reform soll die Polizei effizienter und bürgernäher machen. Durch die Aufstockung der Verkehrsdienstaußenstelle können etwa Horb und Freudenstadt personell besser unterstützt werden. Insofern haben wir durch die Reform also mehr Polizei in der Fläche.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Bodycams gemacht, über die die
baden-württembergische Polizei
seit einigen Monaten verfügt?

Bodycams sind ein gut geeignetes Mittel, um Provokationen und Gewalt gegen Polizeibeamte einzudämmen. Das zeigt sich bereits.

Helfen Bodycams auch gegen
mögliche ungerechtfertigte Gewalt
seitens der Beamten?

Da heutzutage auch Außenstehende oft bei Polizeieinsätzen mit ihrem Handy filmen, können Bodycams ein Mittel sein, um ein mögliches Fehlverhalten von Beamten objektiv aufzuklären.

Wie stehen Sie zu einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten?

Pläne, eine solche Kennzeichnungspflicht einzuführen, wurden ja inzwischen verworfen. Ich halte sie auch für unnötig, da die Polizei selbst ihre Einsätze dokumentiert, sodass gegebenenfalls ermittelt werden kann, welcher Beamte für ein Fehlverhalten infrage kommt.

Haben Sie schon einmal gekifft?

Nein.

Die meisten Drogendelikte betreffen Cannabis – wird die Horber Polizei künftig auch mal ein Auge zudrücken, um die Arbeit der Beamten nicht mit solchen eher unbedeutenden Fällen zu belasten?

Cannabis ist die Einstiegsdroge Nummer 1 und eine Bagatellisierung daher fehl am Platz. Es ist unerlässlich, gegen jegliche illegalen Drogen vorzugehen.

In letzter Zeit gab es Fälle von
Vandalismus in Horb. Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?
Ist beispielsweise eine intensivere Zusammenarbeit mit der mobilen Jugendarbeit angedacht?

Wir tauschen uns bereits mit der mobilen Jugendarbeit aus. Ansonsten gilt es, spürbare polizeiliche Präsenz zu zeigen und deutlich zu machen: Wir sind da, und wenn jemand Vandalismus betreibt, werden wir ihn dafür belangen.

In den vergangenen Jahren wurden
in Horb wiederholt Aufkleber von
faschistischen Organisationen wie der Partei „Dritter Weg“ entdeckt. Was wird die Horber Polizei dagegen unternehmen, dass Nazis im Stadtgebiet ihre menschenverachtende Propaganda verbreiten?

Solche Vorfälle sind keine Kavaliersdelikte, dagegen muss man vorgehen. Wir schöpfen den rechtlichen Rahmen komplett aus, um in solchen Fällen einen Strafbefehl beziehungsweise eine Verurteilung zu erwirken. Außerdem stehen wir im engen Austausch mit dem Verein Ehemalige Synagoge Rexingen.

Haben Sie ein bestimmtes Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt und das Sie unbedingt im Laufe Ihrer Amtszeit in Horb verwirklicht sehen möchten?

Na klar: der Neubau! (grinst)

In Horb lebt es sich bereits heute vergleichsweise sicher. Wie wollen Sie Horb noch sicherer machen?

Wir beobachten akribisch die Kriminalitätsentwicklung. Sollte es zu auffälligen Entwicklungen kommen, müssen wir lageangepasste Konzepte entwickeln, um die Delikte zurückzudrängen.

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Erstellt:
08.01.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 27sec
zuletzt aktualisiert: 08.01.2020, 01:00 Uhr

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