Tübingen

Komplizen

23.10.2018

Von Annette Skrypski, Tübingen

Es ist verwunderlich, wie ruhig es bleibt nach dem kürzlich erschienen Bericht über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Die Studie, acht Jahre nach dem Missbrauchsskandal von 2010, zeigt, dass sich nichts entscheidend gebessert hat.

Die katholische Kirche hatte 2010 eine konsequente Aufklärung der Vergangenheit, Aufarbeitung der Ursachen und einen Perspektivwechsel vom Täterschutz hin zur Sorge um die Opfer versprochen. Dieses Versprechen hat sie nicht eingelöst.

Es wurden mindestens 3677 Jugendliche durch katholische Priester sexuell missbraucht zwischen 1946 und 2014 (die aktuellsten Vergehen waren noch aus 2014!), und das ist bei weitem nicht die ,ganze Wahrheit‘, denn es wurde nur ein Bruchteil der Opfer berücksichtigt. Die wirkliche Zahl ist um ein Vielfaches höher. Der Kriminologe Prof. Pfeiffer forderte den direkten Zugang zu den Akten, der den Forschern der Missbrauchsstudie verwehrt wurde. Letztlich wurden die meisten Täter weiter durch die Kirche geschützt vor der strafrechtlichen Verfolgung und weiter bezahlt mit Kirchensteuern.

Die „Ich schäme mich“-Rhetorik von Kardinal Marx reicht nicht aus. Hier ist der Staat in der Pflicht, sich für die Opfer einzusetzen und zu fordern, dass die Kirche ihre Akten herausgibt. Wenn er dies nicht tut, macht er sich zum Komplizen und ermöglicht Parallelstrukturen.

Und zur gleichen Zeit erlaubt sich Papst Franziskus Frauen zu kriminalisieren, die abtreiben in einer Not-Situation und unterstellt ihnen „Auftragsmord“!

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Erstellt:
23.10.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 42sec
zuletzt aktualisiert: 23.10.2018, 01:00 Uhr

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