Produktion
Latte und Tjum sollen Kinosäle füllen
Die Region Stuttgart gilt als eine der Hochburgen der Animationsfilm-Industrie in Deutschland. Doch die Streifen finden nur schwer ein Publikum. Das Studio „Eagle Eye Film“ will das ändern.
In dieser Woche wurde der Kinofilm dem Team um Müller, der Produzentin Lilian Klages und den Regisseurinnen Regina Welker und Nina Wels erstmals in Ludwigsburg auf einer großen Leinwand gezeigt. Eine Überraschung gab es für Außenstehende, die das Buch kennen, gleich zu Beginn. Igel Latte ist kein Junge wie in der über 60 Jahre alten Vorlage, sondern ein Mädchen. Sie ist eine typische skandinavische Kinderbuchfigur, die sich von den weichgespülten Disney-Helden meilenweit unterscheidet. Sie ist mutig, dickköpfig und eine Außenseiterin.
Gefahr schweißt zusammen
Als die Trockenheit immer größer wird, macht sich auf den Weg, um den magischen Wasserstein zu suchen, den der böse Bärenkönig gestohlen hat. Begleitet wird Latte auf der abenteuerlichen Reise vom Eichhörnchen Tjum, dem Angsthasen der Geschichte. Weil Gefahr zusammenschweißt, werden die beiden im Lauf der Geschichte beste Freunde, schnappen den Wasserstein aus der Bärenhöhle und bringen so die Fruchtbarkeit in den Rest der Welt zurück.
Lilian Klages zeigt sich mit dem fertigen Werk zufrieden. „Ich bin sehr glücklich mit dem Film“, sagt die Produzentin. Sie sieht darin einen Aufbruch für den deutschen Animationsfilm. Latte Igel soll beweisen, dass sich deutsche Geschichten und Trickfilme auch international vermarkten lassen. Und nach den abgeschlossenen Verleihverträgen könne man heute schon davon ausgehen, dass dies funktioniere.
Nur durchschnittliche Qualität
Davon ist das heimische Animationsbusiness nach Einschätzung von Andreas Hykade und Susanne Schlosser aber bislang meilenweit entfernt. Der Chef des Animationsinstituts der Filmakademie Baden-Württemberg und die Medienmanagerin postulieren in der neuen Studie: „Deutsche Produktionen funktionieren nur innerhalb ihres eigenen, insularen Geschäftsmodells.“ Die deutschen Animationsfilme täten sich anders als in manchen anderen europäischen Ländern schon zuhause schwer, ihr Publikum zu finden. Gründe dafür seien die oft wenig effizienten Produktionsbedingungen und die häufig nur durchschnittliche Qualität der Filme. Mittelmäßiger Mainstream ist langfristig gefährlich, betonen Hykade und Schlosser.
In Deutschland soll die familientaugliche Geschichte um das Thema Wassermangel mit 500 Kopien in die Kinos starten. Das sei für einen deutschen Animationsfilm sehr viel, sagt die Produzentin. Und sie ist fest davon überzeugt, dass das Publikum den Film auch sehen will.
Klassisches Filmgeschäft nicht so beliebt
In Baden-Württemberg gibt es rund 200 Unternehmen, die im Animationsbereich tätig sind. Das geht aus der Studie hervor, die die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart veröffentlicht hat. Die meisten Firmen sitzen in Stuttgart, in Ludwigsburg und den umliegenden Städten. Die Mehrzahl der Unternehmen ist im Spielebereich und in der angewandten Animation tätig. Im klassischen Filmgeschäft sind dagegen nur wenige Unternehmen tätig. Ein Dutzend Studios führt die Übersicht der Studie unter der Rubrik künstlerische Animation. Bei den VFX-Studios, die visuelle Spezialeffekte produzieren, sind es kaum mehr.?jüs