Der Berufsverkehr hatte zwischen 5 und 12 Uhr am Montag erhebliche Probleme, die L409 zwischen Sulz-Kastell und dem „Autohof“ bei Vöhringen zur Autobahn und in Richtung Balingen zu passieren. Mit mehr als 150 Traktoren fuhren Landwirte aus dem Raum Sulz, Vöhringen und Dornhan hupend und mit blinkenden Rundumleuchten in einer Endlosschleife die fünfeinhalb Kilometer lange Strecke zwischen dem Kreisverkehr auf Kastell und der Abzweigung zum Vöhringer Schützenhaus hin und her. Ein Dutzend Ordner und die Polizei mit drei Einsatzfahrzeugen sorgten dafür, dass der Konvoi in geordneten Bahnen fuhr und zwischen den Schleppern immer wieder Lücken für normale Fahrzeuge blieben. Die Zufahrten zur A81 waren zwar nicht blockiert, Autofahrer benötigten jedoch deutlich mehr Zeit. Ein Überholen der Kolonne sowie das Passieren duch Rettungsfahrzeuge klappte.

Lebenslektion anstatt Schule

Auf einer Brücke beim „Autohof“ in Vöhringen standen kurz nach Sonnenaufgang trotz eisiger Kälte Margit Storz, Tanja Horvat und Nadine Reichert. Storz verfolgte die Durchfahrt von Mann und Sohn. Die Wittershauserin hatte den Tag eigens freigenommen: „Es geht uns alle an. Die angekündigten Kürzungen sind nicht in Ordnung“, betonte die Nebenerwerbslandwirtin. Horvat und Reichert legten auf ihrer morgendlichen Joggingrunde eine Extra-Schleife ein – „aus Wunderfitzigkeit“, wie die beiden jungen Frauen betonten. „Hätten wir einen Traktor, wären wir selbst mitgefahren“, verriet Nadine Reichert. Großes Verständnis mit den Landwirten zeigte auch Tanja Horvat: „Ich finde es gut, dass jemand auf die Straße geht“. Lisa Maier vom Schaible-Hof in Bergfelden zeigte zweien der Söhne den Traktorenkorso – eine besonders eindrücklich Lektion auf dem Weg in den Kindergarten. Eine Familie von Nebenerwerbslandwirten aus dem Raum Sulz entschuldigte beide Kinder in der Schule. „Wir unterstützen die Aktion und lassen die Kinder heute daheim beziehungsweise ermöglichen die Teilnahme an der Protestfahrt“, erzählte die Mutter.

Auf einer weiteren Brücke nahe Kastell verfolgten drei Rentner das Geschehen schweigend. „Wir stehen hier aus Solidarität, unsere Jungen fahren mit“, ließ sich einer der Senior-Landwirte entlocken.

Bilder: Demo der Landwirte in Horb, Empfingen und Sulz

Mit hunderten Traktoren und Lastwagen bremsten Landwirte und ihre Unterstützer am Montag, 8. Januar 2024, den Verkehr zwischen Horb, der Autobahn Empfingen, Sulz und Vöhringen und darüber hinaus aus. Sie demonstrierten damit ihren Unmut über die Ankündigung der Bundesregierung: Landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge besteuern und die Steuerrückerstattung für Agrardiesel von 21,48 Cent pro Liter abschaffen zu wollen, habe ein bereits randvolles Fass zum Überlaufen gebracht.

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Aus Solidarität fuhren etwa 30 mit Landwirten verbundene Firmen in dem Korso zwischen Kastell und Vöhringen mit Lastwagen mit, unter anderem Fahrzeuge des Maschinenrings, von Massivbau Hauser sowie zahlreicher weiterer Bau- und Handwerks- sowie landschaftsgärtnerischer Betriebe. Die Metzgerei Geiser aus Vöhringen blieb am Montag geschlossen, ebenso Getränke Heinrichs auf Kastell. Dort versammelten sich um die Mittagszeit etliche der Teilnehmer sowie Traktoren aus dem Raum Dornhan und Oberndorf zum Abschluss auf dem Hof. Dutzende vorwiegend landwirtschaftlicher Fahrzeuge säumten die Einstein-, die Robert-Bosch- und die Gottlieb-Daimler-Straße.

Angelika Stierle vom Vöhringer Berghof war mit der fünfköpfigen Familie gekommen: „Die von der Ampel vorgeschlagenen Kürzungen beim Agrardiesel und bei der Kraftfahrzeugsteuer waren der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagte die Landwirtin. Von der zweiten Protestaktion erhofft die dreifache Mutter sich weitere Rücknahmen.

Mit-Organisator Ernst Schmid fuhr selbst drei Runden bei der Demonstration mit. „Wir sind gespannt, wie die Ampel reagiert“, meinte der Landwirt aus Bergfelden. Die Bauern sähen zwar ein, dass irgendwo gespart werden müsse – „aber doch nicht ausgerechent beim schwächsten Glied“, echauffierte sich Schmid. Die hohen Auflagen und die scharfen Lebensmittelkontrollen hierzulande sind wettbewerbsverzerrend“, ärgerte sich Schmid und forderte, für Importware sollte dasselbe gelten wie für deutsche Güter.

Schmids Tochter Sonja Maier erhofft sich von dem Traktorenkonvoi, „dass ein paar Entscheidungsträger aufwachen und sich Gedanken machen“. Die Politik solle Landwirte ernstnehmen und anhören, forderte die Nachwuchsbäuerin. „Wir sind nicht nur wegen der Themen Agrardiesel und Kraftfahrzeugsteuer auf der Straße“, erklärte die Bergfelderin. Als Beispiele nannte Maier: „Wir deutschen Bauern müssen die Produktionskosten senken können und faire Preise bekommen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Die Wertschöpfung sollte zu uns zurück, damit die Höfe für die nächste Generation erhalten bleiben“, forderte die Mutter eines Sohnes. Besonders verärgert Sonja Maier, dass für Importware andere Regeln angewandt werden. „EU-weit sollten dieselben Standards gelten“, regt Sonja Maier an.

Andreas Haberer zeigte sich zufrieden damit, wieviele Bauern für den Protestkonvoi mobilisiert werden konnten. „Wir hoffen nicht nur, dass die Kürzungen gekippt werden, sondern es kann generell nicht so weitergehen“, meinte der Landwirt aus Wittershausen. Der Betreiber eines Nahwärmenetzes empfindet die Gas-Wärmepreisbremse als „auf meinem Rücken ausgetragen“.

Jürgen Herbst stieß als einer der Handwerker dazu. „Ich lasse meinen Dachdeckerbetrieb heute aus Solidarität mit den Landwirten geschlossen“, erklärte Herbst.

Uwe Pfau vom Polizeiposten Sulz zollte den Bauern Respekt: „Es ist alles perfekt abgelaufen und friedlich geblieben“. Die Polizei war mit drei Fahrzeugen vor Ort und kontrollierte, dass die Traktorfahrer die Regeln einhielten. Als Akzeptanz seitens der Bevölkerung wertete Pfau die vielen applaudierenden Zuschauer entlang der Blockadestrecke und dass es keine Beschwerden anderer Verkehrsteilnehmer gab.

Die Polizei meldete im Kreis Rottweil weitere Konvois zwischen Bochingen und Brittheim mit rund 60 Fahrzeugen, zwischen Villingendorf und Dunningen etwa 200 Fahrzeuge sowie weitere Verkehrsbeeinträchtigungen zwischen Sulgen und Schramberg, Dunningen und Zimmern, bei Villingendorf und bei Neukirch.