Horb · Politik

Mehrheit noch im Ruhemodus

Corona hat die Kandidatenkür für die Landtagswahl 2021 nach hinten verschoben. Die Grünen starten nun am 17. Juni, die anderen Parteien warten noch ab.

10.06.2020

Von bbm, dag, mhu

Am 14. März 2021 sollen die nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg stattfinden. Archivbilder: Karl-Heinz Kuball

Am 14. März 2021 sollen die nächsten Landtagswahlen in Baden-Württemberg stattfinden. Archivbilder: Karl-Heinz Kuball

Während SPD, Linke und AfD im Kreis Freudenstadt bei der kommenden Landtagswahl wohl eher um Trostpreise kämpfen, liegt es für die Grünen durchaus im Bereich des Möglichen, das Direktmandat zu erringen. Mit 21,3 Prozent lagen sie 2016 bereits auf dem zweiten Platz hinter den Christdemokraten, die sich mit 30,3 Prozent das Mandat für Norbert Beck erkämpften. Zum Vergleich: 2011 entfielen noch 45,8 Prozent der Wählerstimmen auf die Schwarzen. Eine der spannendsten Fragen, die den Kreis Freudenstadt daher im Vorfeld der Landtagswahl im März 2021 bewegen wird, lautet daher: Wer wird Kandidat?

Grüne: Nach SÜDWEST PRESSE-Informationen sind die Grünen im Kreis bei der Beantwortung dieser Frage aktuell einen großen Schritt weitergekommen – trotz Corona-Pandemie. Internen Kreisen zufolge sind bereits drei Namen im Spiel, die sich um eine Nominierung bewerben. Einer davon dürfte zahlreichen Horbern bekannt sein: Winfried Asprion.

Winfried Asprion möchte für die Grünen in den Landtag einziehen.

Winfried Asprion möchte für die Grünen in den Landtag einziehen.

Der Kreissparkassen-Abteilungsleiter spielt seit Jahrzehnten in der Horber Stadtgesellschaft verschiedene Rollen. Von 2004 bis 2009 saß er – damals noch für die SPD – im Horber Gemeinderat. Er ist Vorsitzender des Burgfördervereins in Dießen, Vorsitzender der dortigen Vereinsgemeinschaft. Er war kurz Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands. Seit September 2019 bildet er mit Esther Kießling das Vorstandsduo der Grünen im Kreis Freudenstadt. Jetzt will der 58-Jährige in eine höhere Liga. Asprion zieht jedoch nicht allein in den Wahlkampf. Mit Elisabeth Gebele als Zweitkandidatin hat er die scheinbar ideale Ergänzung seiner Kandidatur gefunden: Sie ist eine Frau, sie kommt aus Freudenstadt und sitzt für die Grünen im Freudenstädter Gemeindetag sowie im Kreistag.

Im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE stellt Asprion die Unterstützung des Ehrenamts als einen seiner politischen Schwerpunkte vor. Zu seinen Chancen, sollte er nominiert werden, meint er: „Wenn ich antrete, will ich das Mandat holen. Es wäre Zeit, dass die CDU auf ihren Platz kommt und dass mal ein wenig fortschrittlichere Politik für den Landkreis gemacht wird.“ Ein Selbstläufer, so der Kreisvorsitzende Asprion, werde die Nominierung jedoch keinesfalls.

Konkurrenz bahnt sich für das Ost-West-Duo Asprion-Gebele an. Ein Gegenkandidat aus Rottenburg hat sich bereits in Stellung gebracht: Er heißt Jörg Bischof und ist ebenfalls seit geraumer Zeit eine grüne Größe im kommunalpolitischen Geschehen. Seine Kandidatur hat er bereits mittels 15-minütigem Video auf Youtube publik gemacht, in dem er – für einen Grünen wohl wenig überraschend – den Klima- und Umweltschutz in den Fokus seiner Agenda stellt. Der Gymnasiallehrer Bischof sitzt im Rottenburger Gemeinderat. Warum er nicht in seinem Kreis Tübingen kandidiert? Weil er Daniel Lede Abal, den hiesigen Abgeordneten der Grünen, zu sehr schätze, um ihm Konkurrenz machen zu wollen, führt er in seinem Video aus. Außerdem hätte er zahlreiche Verbindungen zum Kreis Freudenstadt.

Lange müssen die Kandidaten nicht mehr auf die Entscheidung warten. Die Grünen werden sich schon am Mittwoch, 17. Juni, im Kienbergsaal des Freudenstädter Kurhauses treffen, um ihren Kandidaten zu küren.

CDU: Interessant wird danach, wie sich Asprion oder Bischof gegen den CDU-Kandidaten behaupten. Mit Norbert Becks Ankündigung, nicht mehr antreten zu wollen, ist bei den Christdemokraten das Rennen völlig offen. Drei Kandidaten stehen bereit, Beck zu beerben: Katrin Schindele aus Baiersbronn, Johannes Kettenhofen aus Horb und Gerhard Fassnacht aus Altheim. Eigentlich hätte Ende März die Nominierungsversammlung stattfinden sollen, coronabedingt wurde sie verschoben. Einen neuen Termin gibt es noch nicht, sagt CDU-Kreisgeschäftsführer Thomas Roth auf Anfrage. „Da wir von bis zu 300 Mitgliedern bei dieser Veranstaltung ausgehen, muss zunächst eine entsprechende Corona-Verordnung der Landesregierung abgewartet werden.“ Wer von den dreien das Rennen macht, ist schwierig abzuschätzen. Wahrscheinlich wird der Sieger der Nominierungsversammlung auch in den Landtag einziehen, im Kreis Freudenstadt holt die CDU seit Jahrzehnten die Mehrheit.

FDP: Mit Timm Kern haben die Liberalen seit 2011 einen Landtagsabgeordneten in Stuttgart. Kern hat Chancen, wieder in den Landtag einzuziehen, der Landkreis Freudenstadt ist eine liberale Hochburg. Vor fünf Jahren kam die FDP hier auf 13,5 Prozent. Ob der Trend nächstes Jahr noch anhält, wird sich zeigen. Timm Kern signalisierte Anfang des Jahres, dass er alles dafür tue, wieder als Kandidat aufgestellt zu werden, und er ins Parlament einziehen will. Coronabedingt musste er seine als „Kern-Praktikum“ geplante Wahlkampftour, die er Ende Januar gestartet hatte, allerdings unterbrechen. Doch da gab er sich sehr siegessicher.

SPD: Bei der SPD herrscht dagegen noch die Findungsphase. „Wir sind im Bewerbungsprozess drin, aber noch nicht finalisiert“, sagt SPD-Kreisvorsitzende Viviana Weschenmoser. Es gebe einige Interessenten, die zur Kandidatur bereit wären. Namen nennt Weschenmoser jedoch nicht.

Auch bei den Genossen stehen noch keine Termine für die Kandidatenkür an. Das liegt mit am Prozedere. Bei der SPD besuchen die Bewerber die Ortsvereine. Diese entsenden Mitglieder aus ihren Reihen zur Kreisdelegiertenversammlung, die dann den Landtagskandidat bestimmt. Wann solche Treffen wieder möglich sind, ist derzeit offen. Doch Weschenmoser denkt, dass sich die Corona-Verordnungen auch hier bald lockern werden. Sie ist überzeugt: „Dann geht es in die aktive Phase.“ Das muss die SPD auch tun: 2021 landete sie mit 10,8 Prozent abgeschlagen auf dem vierten Platz.

AfD: Bei der AfD ist man ebenfalls noch im Ruhemodus, die Veranstaltungen sind coronabedingt nach hinten gerutscht. Nach den Sommerferien wird es vermutlich in die Kandidatenkür gehen, sagt AfD-Kreissprecher Günther Schöttle: „Wir wollen die Wahl so spät wie möglich abhalten.“ Es gebe drei Bewerber, Namen will er aber nicht bekannt geben. Spannend ist es, wie die AfD abschneiden wird: 2021 kamen sie auf 17,6 Prozent, die CDU verlor knapp 9 Prozent Stimmen an sie. Das könnte sich auch auf die kommende Wahl 2021 und dem Abschneiden der CDU auswirken.

Die Linke: So konkret wie bei den Grünen sehen die Pläne der Linkspartei nicht aus. Der Vorsitzende der Kreis-Linken, Stefan Dreher, kann auf Nachfrage unserer Zeitung keine Person nennen, die aus dem Kreis Freudenstadt bei der Landtagswahl antreten wird. Wie Dreher erklärt, erschweren nach wie vor die Verordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Kandidatenfindung, die im September, frühestens im Oktober abgeschlossen sein soll. Dreher selbst wird aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen nicht antreten, sagt aber: „Wir werden jemanden finden.“ Obwohl der Linken eher marginale Chancen bei der Wahl eingeräumt werden (2021 erreichten sie 1,9 Prozent), stellt Dreher klar: „Wir haben in der Landespolitik etwas zu sagen. Genau das werden wir im Wahlkampf tun.“

Das Wahlsystem

Das Landtagswahlsystem in Baden-Württemberg verbindet Elemente der Verhältniswahl und der Mehrheitswahl. Die Erstmandate werden durch Mehrheitswahl in den 70 Wahlkreisen und die Zweitmandate (Regelzahl: 50) über Verhältnisrechnungen auf der Ebene des Landes und der vier Regierungsbezirke vergeben. Das Landtagswahlsystem ist durch starke Persönlichkeitswahlelemente gekennzeichnet (70 von mindestens 120 Mandaten werden durch Direktwahl vergeben; auf Landeslisten wird verzichtet). Jeder Wähler hat eine Stimme.

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Erstellt:
10.06.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 30sec
zuletzt aktualisiert: 10.06.2020, 01:00 Uhr

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