Horb · Das Mittwochs-Interview

„Mein Körper hat eine Pause gebraucht“

Aufgrund einer Plantarsehnenentzündung musste Elena Burkard eine längere Pause einlegen. In der SÜDWEST PRESSE spricht die 27-jährige Mittelstreckenläuferin der LG Farbtex Nordschwarzwald über ihren neuen Vorbereitungsplan auf das Olympia-Jahr 2020.

23.10.2019

Von Maik Wilke

Nach einer Verletzungspause fokussiert sich Elena Burkard nun auf das Olympia-Jahr 2020. Bild: Ulmer

Nach einer Verletzungspause fokussiert sich Elena Burkard nun auf das Olympia-Jahr 2020. Bild: Ulmer

SÜDWEST PRESSE: Frau Burkard, im August haben Sie die Reißleine gezogen und die WM-Saison vorzeitig beendet. Wie geht es Ihrem verletzten Fuß heute?

Elena Burkard: Die Verletzung ist noch nicht zu 100 Prozent auskuriert. Von Ärzten und Sportlern habe ich gehört: eine Entzündung in der Plantarsehne dauert ewig. Aber nur ruhig halten, bringt auch nichts. Ich muss den Fuß nun bewegen.

Wie sahen Ihre vergangenen Trainingswochen aus?

Ende Juni wurden die Probleme und Schmerzen im Fuß akut, und auch körperlich habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr konnte. Zunächst haben mein Trainer Jörg Müller und ich noch offen gelassen, ob Starts bei der DM in Berlin und der WM in Katar in Frage kommen. Dafür hätte die Verletzung aber schnell ausheilen müssen. Ich bin dann zehn Wochen überhaupt nicht mehr gelaufen und erst Anfang Oktober wieder eingestiegen. Wir haben das Pensum langsam aufgebaut: Zunächst Lauftraining jeden zweiten Tag, jetzt sind wir schon soweit, dass ich zwei bis drei Tage in Folge laufe. Vier bis fünf Einheiten pro Woche sind aktuell das Ziel, hinzu kommt viel alternatives Training wie Radfahren.

Was fehlt im Training noch?

Die Umfänge der Einheiten müssen wir steigern. Ansonsten habe ich auch wieder mit dem Hürdenlauf angefangen, bei dem die Verletzungsgefahr höher ist.

Haben Sie sich einen konkreten Zeitplan gefasst, wie Sie im Herbst trainieren wollen?

Darauf habe ich verzichtet, weil ich eigentlich schon drei Schritte weiter sein sollte. Wichtiger ist es momentan zu beobachten, wie mein Fuß und der Körper mitmachen. Vergangene Woche habe ich im Training den Umfang gesteigert und bin 18 Kilometer am Stück gelaufen; in der Woche sind es aktuell etwa 45 bis 50 Kilometer. Wenn ich das Pensum zeitnah auf stabile 60 bis 70 Kilometer pro Woche erhöhen kann, ist das ein wichtiger Schritt.

Vor Ihrer Verletzung hatten Sie starke Leistungssprünge sowohl im Cross als auch im 3000-Meter-Hindernislauf. Befürchten Sie, dass die Verletzung Sie weit zurückgeworfen hat?

Das hat sie mit Sicherheit, aber im Leistungssport geht es nie geradlinig nach oben. Es ist auch eine Frage, wie ein Athlet mit solchen Rückschlägen umgeht. Und lieber habe ich die Verletzung dieses Jahr bekommen als kurz vor Tokio (Austragungsort der Olympischen Spiele 2020, Anm. d. Red.). Stand jetzt habe ich alle Chancen, mich für Olympia zu qualifizieren. Es gibt sicher viele Stimmen, die mich nun als Eintagsfliege bezeichnen, aber ich weiß, dass ich in meinem Verein Rückhalt habe, und mein Trainer mich immer unterstützt. Das ist enorm wichtig für mich, und dafür bin ich sehr dankbar.

Ihr Laufpensum war enorm. War das auch ausschlaggebend dafür, dass sich die Sehne im Fuß entzündet hat?

Der Körper hat mir definitiv signalisiert, dass er eine Pause braucht. Die hat er sich bewusst genommen. Allgemein habe ich schon nach der Cross-WM in Aarhus Ende März gespürt, dass der Körper platt ist – ohne dass die Verletzung am Fuß schon ausgebrochen war. Ich habe mich dann am Anfang der Bahnsaison noch hochgekämpft, weil ich nicht akzeptieren wollte, dass es nicht geht. Aber letztlich hilft das nichts – und wer weiß, für was die Pause letztlich sogar gut war.

Reicht es für einen Start bei der Cross-EM im Dezember in Lissabon?

Zunächst einmal muss ich mich dafür qualifizieren. Daher werde ich auch in Darmstadt laufen, in Pforzheim und bei den baden-württembergischen Waldlaufmeisterschaften in Ötigheim. Letzteres aber mehr, um einfach mal wieder bei einem Wettkampf an der Startlinie zu stehen. Was die EM angeht: So viel Zeit ist zwar nicht mehr, aber die Grundlagen sind bereits wieder da. Ich bin also positiv.

Auf die Halle werden Sie aufgrund der höheren Verletzungsgefahr aber wohl verzichten…

…nicht ganz, ich komme wohl nicht drum herum. Ich würde gerne verzichten, aber wahrscheinlich werden die Weltranglistenpunkte für Läufe über 3000 Meter in der Halle auch in der Weltrangliste für die 3000-Meter-Hindernis angerechnet. Und da man sich nun nur noch über die Weltrangliste für Olympia qualifizieren kann, werde ich wohl bei ein bis zwei Rennen in der Halle starten – aber ohne dass wir uns im Training spezifisch darauf fokussieren.

Was halten Sie generell von dieser Umstellung des Leichtathletik-Weltverbands, dass sich Athleten künftig über Weltranglistenpunkte statt über Normzeiten für Großevents qualifizieren?

Es wird eine interessante Dynamik entstehen, da der Fokus darauf liegt, nicht mehr einmal eine bestimmte Zeit zu laufen, sondern an mehreren Wettkämpfen teilzunehmen und sich vorne zu platzieren. Die Idee ist also gut, aber ob es sich auch gut und fair umsetzen lässt, muss man abwarten.

Cross ist Ihr liebster Lauf, über die 3000-Meter-Hindernis haben Sie im internationalen Vergleich den größten Sprung gemacht: Und dann gibt’s ja immer noch die Flachstrecke über 5000 Meter. Welche Strecke werden Sie 2020 priorisieren?

Momentan sind das die 3000-Meter-Hindernis. Aber da die Grundlage dafür sowieso das schnelle Laufen ist, geht das Training dafür sowie für die 1500 und die 5000 Meter Hand in Hand.

Zur Person:

Elena Burkard ist 27 Jahre alt und studiert an der Universität in Tübingen Chemie (Masterstudiengang). Seit sie 18 Jahre alt ist, läuft die Baiersbronnerin für die LG Farbtex Nordschwarzwald – und das überaus erfolgreich: Sie ist zweifache Deutsche Cross-Meisterin und war im März 2019 nach elf Jahren die erste deutsche Starterin bei einer Cross-WM. Burkard war vor der Verletzung in die europäische Spitze vorgestoßen, wurde von Bundestrainer Thomas Dreißigacker als „eine der vielseitigsten deutschen Läuferinnen“ bezeichnet.

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Erstellt:
23.10.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 50sec
zuletzt aktualisiert: 23.10.2019, 01:00 Uhr

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