Tiere

Nach 100 Jahren wieder Störche?

In Mühlheim hat sich eine engagierte Bürgerinitiative „Storchennestprojekt“ gegründet. Das Konstrukt für den Turm der Kilianskirche wird derzeit angefertigt.

23.02.2018

Von Uli Bernhard

Diese historische Aufnahme von vor etwa 100 Jahren zeigt das bislang letzte Storchennest auf dem Mühlheimer Kirchturm. Archivbilder

Diese historische Aufnahme von vor etwa 100 Jahren zeigt das bislang letzte Storchennest auf dem Mühlheimer Kirchturm. Archivbilder

Störche sind in Mühlheim gern gesehene Gäste. In den vergangenen Jahren legten immer mal wieder einige der Tiere einen Zwischenhalt im unteren Mühlbachtal ein. Wenn es nach dem Willen von Dietmar Strobel geht, sollen sich Störche künftig in Mühlheim künftig wieder „richtig“ heimisch fühlen. In den nächsten Tagen wird ein Storchennest auf dem Kirchturm der Kilianskirche platziert.

Rund 100 Jahre ist es jetzt her, dass Mühlheims Kirchturm ein Storchennest hatte und damit auch brutwillige Pärchen anlockte. Dietmar Strobel, Archivar in Mühlheim, hat bei Recherchen in der Ortschronik davon gelesen, welch großes Ereignis es war, wenn sich mal wieder Störche auf dem Kirchturm niedergelassen hatten. „Dann ist bei mir die Idee entstanden, ob wir nicht wieder einen Versuch wagen könnten, um Störche anzulocken“, erzählt Strobel im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE.

Altes Nest von Gewitter zerstört

In seinem Archivarkollegen Karl Wezel hatte Strobel sofort einen begeisterten Mitstreiter. Frank Schlupp hat sich der entstehenden Bürgerinitiative ebenfalls schon angeschlossen. schlupp möchte seine Beziehungen zur Feuerwehr nutzen, um per Drehleiter das derzeit in Auftrag gegebene Stahlgestell in rund 21 Meter Höhe anzubringen.

Der Ortschaftsrat Mühlheim hat dem Projekt, nach anfänglicher Skepsis, mittlerweile seinen Segen erteilt. Die Frage nach der Versicherungs-Haftung hat die Bürgerinitiative mit der Sulzer Stadtverwaltung geklärt.

Karl Wezel hat schon die Weidenäste und anderes Material bei sich zu Hause gelagert, um das Stahlgerüst zu einem schmucken und anziehenden Storchennest herzurichten.

Weil Störche immer Ende Februar, Anfang März schon wieder aus südlichen Ländern in die Heimat zurückkehren und sich ein Quartier suchen, pressiert es den drei Männern. Bis Ende nächster Woche sollten alle technischen vorbereitenden Arbeiten eigentlich abgeschlossen sein, sagt Dietmar Strobel. „Wenn wir das Nest bis Ende Februar nicht auf dem Dach haben, haben wir wahrscheinlich ein Jahr verloren, und die Störche lassen sich frühestens im nächsten Jahr bei uns nieder“, sagt Strobel.

Ob überhaupt Tiere kommen, ist allerdings nicht sicher. „Aber wenn wir nichts anböten, dann kämen auf jeden Fall keine Störche. So haben wir wenigstens die Chance, dass welche hierbleiben“, erklärt Strobel die Logik.

Der Recherche von Dietmar Strobel in der Ortschronik ist zu entnehmen, dass in Mühlheim 1910 letztmals ein Storchennest gebaut wurde. Eine Rechnung von Strobels Urgroßvater, Zimmermann Karl Bühner, belegt dies.

Bekannt ist auch, seit wann es kein Storchennest mehr auf der Kilianskirche gibt: „Bei einem heftigen Gewitter im Jahr 1920 ist das ganze Gestell runter gefallen“, zitiert Strobel aus der Chronik. Früher wurden Storchennester ausschließlich aus Holz gebaut. Mit zunehmendem Alter verwitterte das Gerüst dann immer wieder, und es musste neu aufgebaut und angebracht werden.

Um dies zu vermeiden und ein haltbares Nest zu bauen, wählten die Initiatoren eine stabile Stahlkonstruktion, die derzeit bei der Empfinger Firma Blöche hergestellt wird.

Die große und spannende Frage ist jetzt, ob sich nach rund 100-jähriger Abstinenz tatsächlich wieder Störche in Mühlheim niederlassen werden.

Die Erwartung von Karl Wezel, Dietmar Strobel und Frank Schlupp ist ein Gemisch aus Hoffnung und – begründeter – Skepsis. Vorrangig geht es bei dem Wunsch nach einer Ansiedlung der Störche nämlich darum, ob im Mühlbachtal genug Nahrung für Meister Adebar vorhanden ist. Dazu braucht die Region vor allem Feuchtgebiete. „Es ist fraglich, ob diese ausreichen“, sagt Wezel mit Skepsis. Strobel derweil ist vorsichtig optimistisch: „Die Erfahrungen zeigen, dass Störche immer wieder in die gleiche Gegend ziehen. Wenn in den vergangenen Jahren welche da waren, warum dann nicht auch jetzt, wenn wir ihnen eine Behausung anbieten?“

Nach 100 Jahren wieder Störche?

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Erstellt:
23.02.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 23.02.2018, 01:00 Uhr

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