Rottenburg

OB-Wahlkampf: Neher korrigiert Falschbehauptung von Ortschaftsrätin

100 Hektar Fläche wurden allein in Ergenzingen in der Amtszeit von Oberbürgermeister Stephan Neher versiegelt. Moment mal. 100 Hektar? Das wären 142 Fußballfelder.

27.03.2024

Von Angelika Bachmann

Oberbürgermeister Stephan Neher wirft Ergenzinger Ortschaftsrätin Christa Richter die Verbreitung von Fake News vor. Symbolbild: Marijan Murat/Archiv dpa/lsw

Oberbürgermeister Stephan Neher wirft Ergenzinger Ortschaftsrätin Christa Richter die Verbreitung von Fake News vor. Symbolbild: Marijan Murat/Archiv dpa/lsw

Ganz Ergenzingen hat nur eine Fläche von rund 1000 Hektar. Ein Zehntel davon soll in den letzten 16 Jahren zugepflastert worden sein? Klingt wenig plausibel. Und ist auch einfach falsch. Dass es in einem Social-Media-Post steht, den die Ergenzinger Ortschaftsrätin Christa Richter jetzt geteilt hat, macht es zum Politikum im Rottenburger Oberbürgermeister-Wahlkampf.

Oberbürgermeister Stephan Neher wurde bei einer Wahlveranstaltung in Ergenzingen darauf angesprochen, wie er denn zu den Vorwürfen stehe, die Richter auf WhatsApp in ihrem Status teile. Richter ist Ortschaftsrätin in Ergenzingen, unterstützte bekanntermaßen den OB-Kandidaten Volkmar Raidt im ersten Wahlgang und kandidiert auf der FaiR-Liste für den Rottenburger Gemeinderat. Auf dem von ihr geteilten Post steht zu „16 Jahre Neher Bilanz“: „kein offenes Ohr und Einsatz für den Mittelstand und Landwirtschaft“, „annähernd 100 ha Flächenversiegelung allein in Ergenzingen“, „Entfremdung in den Ortschaften“, „Niedergang des kulturellen Vereinslebens“ und „Zunahme von Gewalt und Kriminalität“.

Die E-Mail, die Neher daraufhin an Christa Richter schrieb, fängt freundlich an: Sie habe die Behauptungen in einem „breiten Kreis“ veröffentlicht. „Sehr gerne würde ich von Ihnen erfahren, auf welche Datenbasis Sie Ihre Aussagen beziehen“, schrieb Neher und hängte Dokumente für den Faktencheck an. Dazu gehören Datenblätter des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg zur Flächenerhebung in den Jahren 2008 und 2022, wonach in dieser Zeit in ganz Rottenburg 85 Hektar Fläche versiegelt wurden – also könnten nicht allein in Ergenzingen 100 Hektar versiegelt worden sein.

Ebenfalls beigelegt ist eine Kriminalstatistik des Polizeireviers Rottenburg, die die Behauptung von Richter auch nicht stützen kann. Und noch ein paar Argumente, wie die Stadtverwaltung den Mittelstand und das kulturelle Vereinsleben unterstütze, unter anderem mit der Stelle eines Wirtschaftsförderers, mit Bürgergeld und dem Bau und der Sanierung von Vereinsräumen. Letzteres sind freilich Argumente, bei denen man zu unterschiedlicher Bewertung kommen kann. Die Zahlen zu Kriminalität und Flächenversiegelung jedoch können im Zweifelsfall justiziabel sein.

Dabei stuft Neher die von Richter geposteten Inhalte nicht als versehentliche Fehler, sondern als „bewusst geäußerte Falschbehauptungen ein“. Neudeutsch: Hier wird mit „Fake News“ Wahlkampf betrieben. Und das will sich Neher nicht bieten lassen: „Man kann nicht einfach alles so stehen lassen“, sagte Neher dem TAGBLATT. Richter schrieb er, sie solle die Falschbehauptungen bis zum 29. März „im gleichen Verbreitungsraum“ berichtigen. Außerdem fordert er Richter auf, „keine bewussten Falschbehauptungen, die den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen, zu verbreiten“. Sollte die Korrektur nicht in der genannten Frist geschehen, sehe er sich gezwungen, „dies zur Anzeige zu bringen“ und Richter „mittels einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung solcher Falschbehauptungen“ zu verpflichten.

Richter findet Nehers Reaktion „ein bisschen übertrieben“. Die Behauptungen stammten nicht von ihr, sondern sie habe sie von einer Quelle, die sie „als legitim und vertrauenswürdig kenne“, ungeprüft übernommen und als „Netzfund“ deklariert. „Sollten die Zeilen nicht der Wahrheit entsprechen, so tut es mir leid und ich entschuldige mich, einen ungeprüften Netzfund eingestellt zu haben.“

Ob sie das auch auf WhatsApp so teile? Dazu konnte Richter dem TAGBLATT am Mittwochabend noch nichts sagen. Da müsse sie jetzt erstmal drüber schlafen. Angelika Bachmann

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Erstellt:
27.03.2024, 20:45 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 36sec
zuletzt aktualisiert: 27.03.2024, 20:45 Uhr

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