Vierschanzentournee

Oberstdorf aus dem Häuschen

Mit seinem zweiten Platz im Auftaktspringen vor heimischer Kulisse untermauert Karl Geiger seine Ambitionen als Kobayashi-Jäger.

30.12.2019

Von MANUELA HARANT

Sprung ins schwarz-rot-goldene Fahnenmeer: Karl Geiger über den 25?500 Zuschauern in Oberstdorf. Foto: Eibner-Pressefoto

Sprung ins schwarz-rot-goldene Fahnenmeer: Karl Geiger über den 25?500 Zuschauern in Oberstdorf. Foto: Eibner-Pressefoto

Oberstdorf. 75, 30, 18, 14, 10, 2. Das sind nicht die aktuellen Lottozahlen, sondern Karl Geigers Weltcup-Platzierungen seit 2015. Sie sind Ausdruck einer unglaublich konstanten Entwicklung, die den 26-Jährigen bei der 68. Vierschanzentournee ganz nach oben spülen kann. Denn auch beim Auftaktspringen in der Heimat ließ sich der Oberstdorfer nicht aus seiner stoischen Ruhe bringen und flog wie ein Uhrwerk von der Schattenbergschanze, an der er vor bald zwei Jahrzehnten noch als Fan Sven Hannawald zugejubelt hatte.

Nun war es Karl Geiger selbst, der die 25?500 Skisprungbegeisterten im weiten Rund der Oberstdorf-Arena mit seinen Flügen auf 135 und 134 Meter (295,9 Punkte) elektrisierte. „Es war so laut, dass ich es oben fast noch am Körper gespürt habe“, berichtete ein völlig überwältigter „Karle“ hinterher. „Da habe ich mir gesagt: Die geben alles, jetzt geb ich alles und schau, dass ich mich da rausknall.“ Das tat er dann auch – und Oberstdorf stand Kopf.

Den ganz großen Wurf des Lokalmatadors vereitelte nur der Japaner Ryoyu Kobayashi, dessen Sprünge auf 138 und 134 Meter (305,1 Punkte) „erste Sahne“ waren, so Geiger: „Doch das muss er erst einmal rüberbringen.“ Rüber, das ist die Schanze beim Neujahrsspringen in von Garmisch-Partenkirchen, die Geiger eigentlich besser liegt, als die heimische.

Und so hat der 26-Jährige gleich seine Ambitionen im Blick auf die Gesamtwertung untermauert, während sich einige vermeintliche Mitfavoriten schon beim Auftakt aus dem Spitzenkampf verabschieden mussten. Für Daniel Andre Tande aus Norwegen und Gregor Schlierenzauer war bereits in der ersten Runde Schluss. Auch die beiden Tourneesieger Peter Prevc (2016) und Kamil Stoch (2017 und 2018) sind schon zu weit ins Hintertreffen geraten, um im weiteren Verlauf noch eine Rolle zu spielen.

So solide wie Geiger springen aktuell nur Kobayashi und Stefan Kraft. Doch während der Österreicher Geiger am Sonntag mit einer schwachen Landung ziehen lassen musste und nur Vierter wurde (291,2 Punkte), scheint der Japaner auch bei dieser Tournee das Maß der Dinge. Der Grand-Slam-Sieger des Vorjahres dominierte beide Durchgänge nach Belieben und setzte sich gleich mit fast zehn Punkten Vorsprung an die Spitze. Ebenfalls auf der Rechnung muss man den Drittplatzierten vom Sonntag haben, Dawid Kubacki aus Polen, immerhin Weltmeister von der Normalschanze.

Drei Deutsche dicht beieinander

Derweil scheint Weltmeister Markus Eisenbichler als Fünfter der Qualifikation und Elfter des Springens (277,8) seinen schwachen Saisonstart endgültig verdaut zu haben. „Ich habe gewusst, wenn ich hier auf die Schanze gehe, funktioniert es“, sagte der selbstbewusste Siegsdorfer. Zweitens konnte einer der Springer aus der zweiten Reihe auf sich aufmerksam machen: Pius Paschke aus Kiefersfelden (277,4) landete zwischen Eisenbichler und dem Wahl-Schwarzwälder Stephan Leyhe (276,6), der als Dritter der Qualifikation im ersten Durchgang mit dem Wind etwas Pech hatte.

Beim Neujahrsspringen (14 Uhr/ZDF und Eurosport) wird sich nun entscheiden, ob Deutschland vom ersten Tourneesieg seit 18 Jahren träumen darf. „Wenn der Karl weiter so Sprünge macht wie heute und Kobayashi einen Fehler, ist er sicher da“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Denn auch für den Dominator der vergangenen Saison ist die Tournee noch lang. Und das Skisprung-Uhrwerk von Karl Geiger läuft schon seit fünf Jahren – Kobayashis erst seit drei.

Zum Artikel

Erstellt:
30.12.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 30.12.2019, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!