Friedenstage

Populismus auch vor der Haustür

Großes Interesse an der 19. Auflage gab es schon bei der Eröffnung. Horbs OB Peter Rosenberger zitiert aus unverschämten E-Mails an ihn.

06.11.2017

Von Willy Bernhardt

Im Horber „Kloster“ wurden am Samstagabend vor großer Besucherzahl die nunmehr bereits 19. Horber Friedenstage eröffnet. OB PeterRosenberg (ganz links) las dabei aus beleidigenden E-Mails an ihn vor. Bilder: Kuball

Im Horber „Kloster“ wurden am Samstagabend vor großer Besucherzahl die nunmehr bereits 19. Horber Friedenstage eröffnet. OB Peter Rosenberg (ganz links) las dabei aus beleidigenden E-Mails an ihn vor. Bilder: Kuball

Unter dem Motto „Für Frieden und Freiheit. Keine Chance dem Populismus“ wurden am Samstagabend im Horber „Kloster“ vor großer Besucherzahl die nunmehr bereits „19. Horber Friedenstage“ eröffnet. Bemerkenswert dabei war unter anderem, dass OB Peter Rosenberger auch mutig Einblicke in seinen E-Mail-Account gab und daraus einige unverschämte Mails öffentlich machte, die ihn das Jahr über zu diversen Themen erreichten. Die Botschaft des Stadtoberhauptes lautete: „Populismus gibt es leider auch bei uns in Horb.“ Es sei Aufgabe aller Demokraten, sich dagegen zur Wehr zu setzen, so der OB unter starkem Applaus.

Der Fokus bei den 19. Friedenstagen richtet sich dabei auf die Ausstellung der Stuttgarter „Friedrich-Ebert-Stiftung“ mit dem Thema „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen. Baden-Württemberg für Toleranz und Menschlichkeit“. Deren Repräsentantin Anja Dargatz führte in diese ein und zeigte sich angenehm erstaunt über die nun schon 19 Jahre währende Geschichte der Horber Friedenstage. Für solche und inhaltlich ähnlich geprägte Veranstaltungen stelle die Stiftung ihre Plakatwände gerne zur Verfügung. Sie gehe damit aber auch direkt in Schulen, wenn der Wunsch hierzu geäußert werde.

Posts, die in die Irre führen

Nach einführenden Worten von Friedenstage-Sprecher und „Projekt-Zukunft“-Macher Helmut Loschko, zitierten Mitglieder des örtlichen Projektteams aus aktuellen Facebook-Posts etwa zum Thema „Flüchtlinge“ und machten so schonungslos deutlich, mit welchen verschiedenartigsten Facetten der Populismus von heute an die Öffentlichkeit geht – und diese dabei oft bewusst täusche. Auch schon gute Tradition bei Eröffnungen ist der Auftritt des Trios „Horb Akustik“ mit Martin vom Ende (Fiddle), Insa Heinzelmann-Krämer (Gesang) und Patrick Bär (Gitarre), das wieder mit Klassikern unter anderem der irischen Musikgeschichte aufwartete und musikalisch für die Überleitungen sorgte.

Anerkennend sprach OB Peter Rosenberger in seinem wiederum mit Spannung erwarteten Grußwort mit Blick auf die 19. Horber Friedenstage von einem „Kind, das erwachsen geworden ist“ und betonte ausdrücklich seinen Wunsch, die Friedenstage mögen auch in Zukunft so aktiv und engagiert bleiben in ihrem Kampf für eine bessere und gerechtere Welt. Die Stadt Horb und auch der Gemeinderat, der gleich durch drei SPD-Stadträte vertreten war, seien dem „Projekt Zukunft“ dankbar für diese Veranstaltungsreihe.

Die Friedenstage richteten sich in ihren Anstrengungen gegen jede Form von Extremismus, der in seiner Komplexität auch vor Horber Haustüren nicht Halt und durch teils brutale Vereinfachung auch vor Ort negative Stimmung mache. Peter Rosenberger erinnerte (nicht ohne Stolz) an das Jahr 2015, als die „Alternative für Deutschland“ (AfD) in der Horber Hohenberghalle einen Landesparteitag abhielt und zeitgleich die (Horber) Zivilgesellschaft auf den Flößerwasen zu einer beeindruckenden „Gegenveranstaltung“ aufgerufen hatte. „Es war eine eindrucksvolle Demonstration für Freiheit, Toleranz und Frieden“, so das Stadtoberhaupt weiter.

Anzeige als Reaktion auf Rede

Rosenberger erinnerte aber auch daran, dass er seinerzeit in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister für seine offenen und mutigen Worte am Flößerwasen beim Karlsruher Regierungspräsidium angezeigt wurde. Bei einer Mahnwache der Horber Friedensinitiative Anfang des Jahres sei ihm wiederum bewusst geworden, wie weltoffen doch Horb mit Bürgern aus 80 Nationen in seinen Reihen sei und geworden ist und wie toll die Flüchtlingssituation damals insbesondere auch durch das schier unglaubliche bürgerschaftliche Engagement der Gesamtstadt-Horber gemeistert werden konnte. Um dann durchaus erfreut darauf hinzuweisen, dass in der Zwischenzeit über die Hälfte der Flüchtlinge eigene Wohnungen gefunden hätten, „und zwar auf dem freien Wohnungsmarkt“.

Initiativen für ein buntes Horb

Freilich gibt es OB Rosenberger aber auch zu denken, dass es in 17 Stadtteilen Horbs (inklusive der Kernstadt) einige gäbe, in denen die AfD bei der letzten Bundestagswahl teilweise über 20 Prozent der Stimmen erhielt. Der OB bedauerte aber auch, dass es immer weniger Zeitzeugen gebe und somit „viele Junge manche Themen nicht mehr hautnah erkennen können“.

Um so positiver sei es, dass etwa Mitglieder des Horber Jugendgemeinderates gegen Plakatierungen des „Dritten Weges“ aktiv vorgegangen seien und auch die Mini-Rocker mit ihrem Plädoyer für freie Liebe zwischen Frauen und Frauen sowie Männern und Männern in die Offensive gegangen seien und damit auch für beachtliche überregionale Aufmerksamkeit gesorgt hätten.

Dann zitierte Peter Rosenberger aus einigen ihm zugegangenen E-Mails das Jahr über, welche er extra für diesen Eröffnungs-Abend gespeichert und aufgehoben habe und dabei aber auf die Nennung der schlimmsten und unverschämtesten (und selbstverständlich anonym verfassten) Beiträge verzichtete. Es spotte jeglicher Beschreibung, was ihn vielfach erreichte. Die Antwort darauf könne nur darin bestehen, „gemeinsam wachzurütteln und dabei bunt, tolerant, selbstbewusst und vernünftig zu bleiben“. „Es ist ein schwieriger Weg, den wir zu gehen haben, aber Sie haben in mir einen Unterstützer“, sagte OB Peter Rosenberger unter lang anhaltendem Applaus.

Das Trio „Horb Akustik“ mit Martin vom Ende, Insa Heinzelmann-Krämer und Patrick Bär wartete mit irischen Weisen zwischen den Beiträgen auf.

Das Trio „Horb Akustik“ mit Martin vom Ende, Insa Heinzelmann-Krämer und Patrick Bär wartete mit irischen Weisen zwischen den Beiträgen auf.

Auch der Treppenaufgang im Kloster wurde dem Thema angepasst.

Auch der Treppenaufgang im Kloster wurde dem Thema angepasst.

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Erstellt:
06.11.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 06.11.2017, 01:00 Uhr

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