Justiz

Richter urteilte über gefordertem Strafmaß

Ein 25-jähriger Angeklagter aus Freudenstadt erhielt elf Monate Haft ohne Bewährung für Online-Einkäufe unter falschem Namen und Fahren ohne Führerschein.

16.01.2019

Von Sabine Stadler

Amtsgerichtsdirektor Michael Gross verurteilte einen 25-jährigen Mann wegen Betrugs und Fahrens ohne Führerschein zu einer elfmonatigen Gefängnisstrafe. Entgegen der Forderungen durch die Staatsanwaltschaft und des Verteidigers urteilte der Richter härter und verzichtete auf Bewährung.

Weil ein junger Mann aus Freudenstadt in neun Fällen unter dem Namen einer ihm bekannten Frau im Internet Bekleidung sowie Schuhe bestellt und diese nicht bezahlte hatte, stand er vor dem Richter des Amtsgerichts. In einem weiteren Anklagepunkt musste er sich wegen einer Autofahrt in einen unbefugt genutzten Fahrzeug und ohne Führerschein verantworten. Dabei hatte er getankt ohne zu bezahlen sowie einen Unfall verursacht.

Jugendstrafe und Gefängnis

Die Palette der Vergehen in der Anklageschrift reichte von Fahren ohne Fahrerlaubnis mit Diebstahl, schwere räuberische Erpressung, Leistungen erschleichen sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Angeklagte hatte schon eine achtmonatige Jugendstrafe und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten abgesessen. Das hatte ihn aber nicht davon abgehalten, in seiner Bewährungszeit weitere Straftaten zu begehen, wie das Bestellung von Hosen, Jacken, Sportartikeln und Schuhen bei verschiedenen Online-Anbietern unter fremdem Namen. Hierbei wurden die auf eine Bekannte laufenden Rechnungen zu keiner Zeit bezahlt.

Sein Verteidiger äußerte gegenüber dem Richter, dass sein Mandant in allen Punkten geständig sei und darüber hinaus Angaben zu seiner Person, aber nicht in der Sache machen wolle. Der Angeklagte wuchs unter schwierigen Bedingungen auf, erhielt nach der Scheidung seiner Eltern mehrfach Schulverweise, konsumierte früh illegale Drogen und war der Automaten-Spielsucht verfallen. Er hat bereits zwei gescheiterte Entgiftungsversuche hinter sich, hat mittlerweile einen großen Schuldenberg angehäuft und war insgesamt drei Jahre und fünf Monate im Jugendgefängnis.

Inzwischen hat er einen einfachen Arbeitsplatz über eine Zeitarbeitsfirma gefunden. Nach einem erneuten Rückfall in die Kokain-Szene, bei der er „den Boden unter den Füßen verloren“ und Suizidgedanken hatte, „kämpfte er sich wieder hoch“. Therapiemaßnahmen und seine Bewährungshelferin hatten ihn dabei unterstützt. Inzwischen ist er seit einiger Zeit drogenfrei, obwohl er die letzte Therapie aus finanziellen Gründen vorzeitig abgebrochen hat. Im kommenden September will er eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann beginnen.

Eine 20-jährige Frau mit thailändischen Wurzeln war mit dem Angeklagten befreundet. Sie bestätigte, dass er unter ihrem Namen Waren von seiner Wohnung aus bestellte, sie an ihre Adresse liefern ließ und dort abholte oder von Kumpels abholen ließ. Bei ihr trafen Mahnungen ein, da er keines der bestellten Bekleidungsstücke bezahlt hatte. Sie sollte mit ihm schlafen, damit er die Rechnungen bezahlt, so seine Forderung. Erst nachdem sie sich mit der Polizei und den Online-Händlern in Verbindung gesetzt hatte, trafen keine Mahnungen mehr bei ihr ein.

Auf Nachfrage der Staatsanwältin bestätigte die Frau, dass der Angeklagte sie immer vorher angerufen habe, wenn ein Paket eintraf. Ein weiterer Zeuge bestätigte, dass er den Angeklagten vom Sehen her kenne. Dieser hat sich bei einem Aufenthalt in einem Lokal die Autoschlüssel des Zeugen geschnappt und dessen Auto zu Schrott gefahren.

Kurz vor Privatinsolvenz

Die Bewährungshelferin hält den Angeklagten für „sehr zerrissen“. Er begehe innerhalb der Drogenszene immer wieder Straftaten, sagte sie. Momentan ist er wieder innerhalb seines familiären Umfeldes und medikamentös gut eingestellt. Da dem jungen Mann aufgrund hoher Schulden die Privatinsolvenz bevorsteht, wurde der elfte Anklagepunkt, Tanken ohne zu bezahlen, im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Die Staatsanwältin plädierte, da die Tatvorwürfe erwiesen und der Angeklagte geständig, wegen Betrugs in neun Fällen und Fahrens ohne Fahrerlaubnis auf eine Gesamtstrafe von einem Jahr, letztmals mit Bewährung. Bewährung deshalb, weil sie eine günstige Sozialprognose sah und der Eindruck entstanden sei, dass der Angeklagte sich bemühen werde, sein Leben in den Griff zu bekommen. Da er zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet sei, forderte sie eine zehnmonatige Führerscheinsperre. Der Verteidiger schloss sich den Forderungen der Staatsanwältin an.

Richter Michael Gross urteilte jedoch schärfer als gefordert mit einer elfmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung und einer zehnmonatigen Führerscheinsperre. In seiner Begründung sagte der Amtsgerichtsdirektor, dass er keine Bewährungsvoraussetzungen mehr sah. Der junge Mann wurde bereits kurz nach seiner Haftentlassung wieder straffällig. Die Gefängnisstrafe habe ihn nicht von neuen Straftaten abgehalten. Seit Ende 2016 hat er mit insgesamt zehn Straftaten Bewährungsbruch begangen. Ihm fehle die nötige Konstanz, über Jahre hinweg durchlebe er immer wieder Hochs und Tiefs.

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Erstellt:
16.01.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 16.01.2019, 01:00 Uhr

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