Handel

Schilder statt Waren im Fenster

Die Zahl der Leerstände in der Sulzer Innenstadt hat weiter zugenommen. Andere Kommunen setzen auf Online-Börsen oder helfen den Vermietern aktiv.

14.06.2018

Von Cristina Priotto

In bester Lage und dennoch seit einem halben Jahr leer: Für das ehemalige Kaffeehaus der Bäckerei Mayer in der Unteren Hauptstraße gab es Interessenten, doch der Besitzer möchte dort kein Café. Bilder: Priotto

In bester Lage und dennoch seit einem halben Jahr leer: Für das ehemalige Kaffeehaus der Bäckerei Mayer in der Unteren Hauptstraße gab es Interessenten, doch der Besitzer möchte dort kein Café. Bilder: Priotto

Egal, welchen aktuellen oder potenziellen zukünftigen Kommunalpolitiker man in Sulz fragt: Bei allen steht die Beseitigung der Leerstände in der Innenstadt ganz oben auf der Agenda. Tatsächlich nimmt die Zahl der aufgegebenen Ladengeschäfte im Sulzer Zentrum aber seit Jahren eher zu als ab.

Besonders deutlich wird dies bei einem Spaziergang durch die Obere und Untere Hauptstraße: In sechs Gebäuden sind die Fenster dunkel. Kaum besser sieht es in den parallel verlaufenden Sonnen- und Brühlstraße aus: Fünf Läden stehen dort seit Jahren leer.

Dabei gilt die Ortsdurchfahrt als Top-Lage, die auch zufällig vorbeikommende Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger zum Einkaufen und Einkehren in einem der Cafés animieren könnte.

Vermieter sind teils wählerisch

Am augenfälligsten ist das einstige Kaffeehaus Mayer, auch wegen der vom Eigentümer in leuchtenden Farben umgestalteten Fassade. Die Volksbank Immobilien sind mit der Vermietung beauftragt. „Es gab schon etliche Anfragen, auch wegen der Top-Lage, aber da der Inhaber schon die Bäckerei mit Café am Marktplatz besitzt, soll kein weiteres Café rein“, teilte ein Volksbank-Sprecher auf Nachfrage unserer Zeitung mit.

Für die ehemalige Hörgeräte Kind-Niederlassung in der Oberen Hauptstraße 18 sucht die Deeg Immobilien aus Freudenstadt neue Mieter. „Es soll wieder ein Laden rein, aber der passende wurde noch nicht gefunden“, heißt es dazu aus Freudenstadt.

Nur einen Steinwurf entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind im Gebäude Nummer 11 die Vorhänge zugezogen, seit die Versicherung auszog.

Das Gebäude Nummer 14 nutzte die Stadt 2013, um für die „Heimattage“ zu werben. Seit einiger Zeit zieren Hinweise auf den „InPark A81“ die Fenster. Als Laden sind die Räume aber ungenutzt.

Das traurige Bild setzt sich nördlich des Marktplatzes in der Unteren Hauptstraße fort: Seit dem „Schlecker“-Aus gaben sich im Haus Nummer 9 sich mehrere internationale Lebensmittelhändler die Klinke in die Hand, seit drei Jahren steht der Laden leer.

Der Umzug der Taxizentrale Fink hat zwar in der Bahnhofstraße 11 einen Leerstand beseitigt, aber dafür in der Sonnenstraße 9 einen neuen verursacht.

Zweieinhalb Jahre nach der Verlagerung von Elektro Neckarstrom nach Bergfelden gibt es nebenan in der Sonnenstraße 11 noch immer keinen neuen Mieter.

Durch das Aus der Tagespflege, die zuletzt die Räume im Haus Brucktorstraße 3 an der Ecke zur Brühlstraße belegte, ist dort ein weiterer Leerstand entstanden, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gebäude Brühlstraße 7, wo einst die Metzgerei Klaussmann war.

Wirtschaftsförderer Hartmut Walter macht häufig den baulichen Zustand der Gebäude dafür verantwortlich, dass sich Besitzer mit der Vermietung schwertun.

Erst Anfang des Jahres hatte jedoch GAL-Stadträtin Heidi Kuhring im Gemeinderat ein professionelles Leerstandsmanagement für die brachliegenden Handelsflächen gefordert. Passiert ist bislang diesbezüglich aber nichts.

Neues Leben eingekehrt ist nur in einem Fall: In der Brucktorstraße 12 hat vor wenigen Wochen „L‘oro a tavola“, ein Laden für italienische Spezialitäten, eröffnet.

Sulz könnte von anderen Kommunen lernen: Rottenburg hat eine Leerstandsbörse im Internet, in Oberndorf unterstützt die Wohnungsbaugesellschaft Vermieter, Dornstetten hat mit Unterstützung der „Imakomm-Akademie“ ein partnerschaftliches Leerstandsmanagement erarbeitet. „Zu vermieten“-Schilder im Schaufenster reichen jedenfalls nicht, um eine Stadt zu beleben.

Am Ortseingang von Kastell kommend sind die Schaufenster in der Oberen Hauptstraße 18 schon seit einiger Zeit dunkel.

Am Ortseingang von Kastell kommend sind die Schaufenster in der Oberen Hauptstraße 18 schon seit einiger Zeit dunkel.

„Schlecker“, russische oder türkische Lebensmittel sowie Schulranzen: Die Ladenräume in der Unteren Hauptstraße 9 haben schon viele Mieter erlebt.

„Schlecker“, russische oder türkische Lebensmittel sowie Schulranzen: Die Ladenräume in der Unteren Hauptstraße 9 haben schon viele Mieter erlebt.

Leerstände in der Sulzer Innenstadt (Stand: Mitte Juni 2018):

Obere Hauptstraße:

Haus Nummer 11: früher Continentale Versicherung, jetzt Leerstand

Haus Nummer 12: früher „Fussfit“, seit Juni 2013 Leerstand

Haus Nummer 18: früher Hörgeräte Kind, jetzt Leerstand

Untere Hauptstraße:

Haus Nummer 6: früher „Traube“, seit 2009 Leerstand

Haus Nummer 9: früher „Yildirim-Markt“, seit Juni 2015 Leerstand

Haus Nummer 19: früher „Café Mayer“, seit Dezember 2017 Leerstand

Sonnenstraße:

Haus Nummer 3: früher Imkereiprodukte, jetzt Leerstand

Haus Nummer 9: früher Taxi Fink, seit Mitte 2017 Leerstand

Haus Nummer 11: früher Neckarstrom, seit Januar 2016 Leerstand

Brucktorstraße:

Haus Nummer 3: früher Tagespflege, seit Januar 2017 Leerstand

Brühlstraße:

Haus Nummer 7: früher Metzgerei Klaussmann, seit September 2015 Leerstand

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Erstellt:
14.06.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 53sec
zuletzt aktualisiert: 14.06.2018, 01:00 Uhr

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