Horb · Personalie

Sie hat gerne die Kontrolle

Lisa Schulz ist die neue Richterin für Zivilsachen am Horber Amtsgericht. Dass sie Juristin werden will, stand für die 27-Jährige schon als Schülerin fest.

12.12.2019

Von Philipp Koebnik

Freut sich auf ihre neue Aufgabe als Zivilrichterin in Horb: Lisa Schulz an ihrem Arbeitsplatz mit Blick auf den Marktplatz. Bild: Philipp Koebnik

Freut sich auf ihre neue Aufgabe als Zivilrichterin in Horb: Lisa Schulz an ihrem Arbeitsplatz mit Blick auf den Marktplatz. Bild: Philipp Koebnik

Ganz neu ist Horb nicht für sie, hat sie hier doch schon häufiger die Rottweiler Staatsanwaltschaft vertreten. Nun hat Lisa Schulz eine Stelle in Horb: Die 27-Jährige ist seit 1. Dezember Richterin für Zivilsachen. Das Büro mit Blick auf den historischen Marktplatz teilt sie sich noch zwei Wochen mit Yannick Grams, ihrem Vorgänger.

Grams wechselt zum 1. Januar zur Staatsanwaltschaft Tübingen. Oft dauere die Übergabe nur eine Woche. Dass Grams noch gut drei Wochen mit ihr zusammen in Horb arbeitet, sie unterstützt und Tipps gibt, „das hilft einfach ungemein“, betont Schulz. Zumal es keinen anderen Zivilrichter in Horb gibt.

Auf ihre neue Aufgabe freue sie sich, sagt Schulz. Auf ihrem Schreibtisch lägen schon einige interessante Fälle – mehr will sie aber noch nicht verraten. Ab Januar ist sie dann allein verantwortlich für die Leitung der Verfahren.

Auch Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick kennt Schulz bereits gut. Er sei bei ihren bisherigen Aufenthalten in Horb stets hilfreich gewesen und habe sie in ihrer Weiterentwicklung gut unterstützt.

Neu ist für Schulz der Alltag mit zivilrechtlichen Verfahren (siehe Infobox). Bevor sie ihre neue Stelle in Horb angetreten ist, hat Schulz ihr zweijähriges Referendariat in Rottweil absolviert, wo sie vor allem mit Strafrecht zu tun hatte, sowohl auf Seiten der Staatsanwaltschaft als auch auf Seiten des Gerichts. Das habe ihr „großen Spaß“ gemacht. Jedoch sei auch das Zivilrecht sehr interessant, weil das Verfahren weniger klar vorgegeben, weniger starr sei. Es gebe mehr Optionen für die Beteiligten – der Ausgang sei oft völlig offen.

In Horb beginnt nun ihre vierjährige Probezeit. Ihre offizielle Bezeichnung in dieser Zeit lautet Assessorin. Ja, das sei in der Tat eine lange Probezeit. Jedoch: Wird man danach übernommen, dann auf Lebenszeit – durchaus eine feine Sache, findet die 27-Jährige.

Aufgewachsen ist Schulz im Landkreis Rottweil, aber nahe beim Kreis Freudenstadt, mithin nicht weit entfernt von Horb. Studiert hat sie in Konstanz. Danach wollte sie „zurück in die Heimat“. Deshalb absolvierte sie das Referendariat am Landgericht Rottweil, das außerdem – ein weiterer Pluspunkt für Schulz – einen sehr guten Ruf genieße, was die Ausbildung von Juristen angeht. Das Team dort sei recht klein und „familiär“.

Doch warum entschied sie sich für ein Jurastudium? Ihr Interesse daran erwachte bereits zu Schulzeiten. Ihr BOGY-Praktikum (Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium) absolvierte sie bei einem Rechtsanwalt. „Das hat mir gut gefallen“, erinnert sich Schulz. „Es kam eigentlich nichts anderes für mich in Betracht.“ Ihre Lieblingsfächer in der Schule waren Politik und Wirtschaft: „Ich hab schon sehr früh gerne diskutiert.“

Zunächst wollte sie in eine Wirtschaftskanzlei gehen. Im Referendariat merkte sie dann aber, dass es ihr mehr liegt, ein Verfahren zu leiten und die Verhandlung zu führen. Als Anwalt sei man relativ abhängig. Für eine Staatsanwältin oder Richterin „sind die Handlungsspielräume größer“, so Schulz.

Das Schöne für Schulz: Sie durfte als Referendarin bereits eigenständig Verhandlungen führen – wenngleich unter der „Aufsicht“ ihres Ausbilders. Das sei nicht üblich und ein toller Vertrauensbeweis. So leitete sie in Rottweil als Staatsanwältin das Verfahren gegen den Mittäter einer Wohnungseinbruchsserie mit 18 Taten. „Das war der größte Fall, den ich bisher hatte.“ Sieben Aktenordner mit je bis zu 1000 Seiten galt es durchzuarbeiten. Im Referendariat werde man durchaus „ins kalte Wasser geworfen“, weiß Schulz. Man wird eingeteilt, bekomme die Akten – „und dann ist man dafür selbst verantwortlich“, muss Zeugen laden, die richtigen Fragen stellen, und schließlich ein Plädoyer halten.

Das dritte und vierte Jahr ihrer Probezeit wird Schulz bei der Staatsanwaltschaft Rottweil verbringen. Erst danach muss sie sich entscheiden, ob sie Richterin sein will oder sich eher auf der Seite der Staatsanwaltschaft sieht, ob sie Zivil- oder Strafrecht machen will. Hat sie schon eine Ahnung, wohin die Reise geht? Nein, sagt Schulz, das könne sie noch nicht sagen: „Ich lass mich überraschen.“ Sie sei gespannt, wie es nun wird. „Nach vier Jahren weiß ich hoffentlich mehr“, sagt sie und schmunzelt.

Was das Zivilrecht vom Strafrecht unterscheidet

Das Zivilrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen rechtlich gleichgestellten Rechtssubjekten. Letztere können natürliche Personen, also Menschen, oder juristische Personen, zum Beispiel Vereine, Stiftungen und Aktiengesellschaften, sein. Es handelt sich um Verfahren zwischen zwei Parteien, die das Verfahren auch selbst führen und Forderungen formulieren. Konkret kann es etwa um Schadensersatzforderungen oder Zahlungsklagen (ausstehender Lohn, Mietrückstände, offene Rechnungen)gehen. Eine zivilrechtliche Klage kann zurückgenommen oder das Verfahren durch einen Vergleich, also ohne richterliches Urteil, beendet werden. Im Unterschied dazu werden Verfahren im Strafrecht von Amts wegen eingeleitet. Der Tatverdacht wird geprüft und gegebenenfalls ergeht ein Strafbefehl – der Tatverdächtige hat keine Wahl, ob er sich dem Verfahren unterzieht. Das Strafrecht umfasst Rechtsnormen, durch die bestimmte Verhaltensweisen verboten und mit einer Strafe belegt werden. Ziel ist der Schutz bestimmter Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Eigentum von Personen, Sicherheit und Integrität des Staates.

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Erstellt:
12.12.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 33sec
zuletzt aktualisiert: 12.12.2019, 01:00 Uhr

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