Sulz·Freizeit

Teppiche und Kontakte knüpfen

Bei „Rags to Rugs“ in der Nähwerkstatt fertigen Frauen aus Stoffresten, Plastiktüten, Wolle oder Perlen außergewöhnliche neue Produkte. Jamila Dhouibi hat das kreative Angebot ins Leben gerufen.

16.04.2019

Von Cristina Priotto

Lustig und kreativ geht es zu, wenn sich jeden Montag Frauen aus mehreren Ländern unter der Leitung von Jamila Dhouibi (Vierte von rechts) und Moufida BenSalem (links) in der Nähwerkstatt zu „Rags to Rugs“ treffen. Als einzige Deutsche ist Barbara Hägele (Dritte von links) unterstützend dabei. Bild: Cristina Priotto

Lustig und kreativ geht es zu, wenn sich jeden Montag Frauen aus mehreren Ländern unter der Leitung von Jamila Dhouibi (Vierte von rechts) und Moufida BenSalem (links) in der Nähwerkstatt zu „Rags to Rugs“ treffen. Als einzige Deutsche ist Barbara Hägele (Dritte von links) unterstützend dabei. Bild: Cristina Priotto

Nähen, sticken, stricken, häkeln, flechten, modellieren, vor allem aber Neues ausprobieren: Bei „Rags to Rugs“ (deutsch: Lumpen zu Teppichen) in der Nähwerkstatt ist jeden Montag Kreativität angesagt. Unter der Leitung von Jamila Dhouibi und Moufida Ben Salem treffen sich einmal in der Woche acht bis zehn Frauen, um in traditionellen und modernen Handarbeitstechniken schöne und nützliche Dinge herzustellen.

Den Anstoß gab im Herbst vergangenen Jahres Klaus Schätzle, der Dhouibi als in der Flüchtlingshilfe Engagierte kannte und die Frau mit den blondgefärbten Haaren nach Handarbeitskenntnissen fragte. Die Tunesierin sagte zu, erhielt von Traude Mangold von der Diakonischen Bezirksstelle die Schlüssel zur Nähwerkstatt und vereint seither allwöchentlich eine wachsende Schar begeisterter Teilnehmerinnen.

Jamila Dhouibi zeigt stolz zwei Schalen, modelliert aus Kaltporzellan nach dem Vorbild von Rhabarberblättern. Im Schaufenster der Nähwerkstatt hängen mehrere Ketten, entstanden nach demselben Prinzip. Daneben liegen zwei sehr kunstvolle Schmetterlinge, aus Pailetten auf Stoff gestickt.

„Das meiste machen wir aus Resten“, erzählt die Tunesierin und holt einen dicken Ordner hervor. Inspirationen holt Dhouibi sich im Internet, aus Bastelzeitschriften, und natürlich bringen auch die Teilnehmerinnen aus Syrien, Tunesien, Nigeria und Algerien Ideen mit. „Ich bin verrückt nach solchen kreativen Sachen“, sagt Jamila Dhouibi und strahlt.

Das notwendige Material kauft und bezahlt die Kursleiterin entweder selbst, einiges stammt aber auch aus Spenden: Im Flur und einem Zwischengeschoss hinter der Nähwerkstatt stapeln sich Stoffreste und angefangene Handarbeitsprodukte in Kartons. „Was die Nähwerkstatt nicht braucht, können wir verwenden“, berichtet die Tunesierin, die seit 26 Jahren mit der Familie in Sulz lebt.

Selbst aus vermeintlichem Müll lassen sich kreative Dinge herstellen: Mit der sogenannten Crochet-Technik schneiden die „Rags to Rugs“-Damen Plastiktüten in Streifen und häkeln daraus Topfuntersetzer, Teppiche oder Taschen. „Man braucht keine teuren Materialien“, betont Dhouibi. „Jamila, Du bist ein Genie!“, sagt Moufida Ben Salem anerkennend. „Wir haben alle keine Ahnung, lernen Neues aber Schritt für Schritt von Anleitungen“, erklärt Jamila Dhouibi das Vorgehen.

Einen Teil der Produkte fertigen die Teilnehmerinnen für sich, einiges wird auch verkauft.

Durch Zufall stieß Barbara Hägele zu dem internationalen Kreis, zunächst als Kundin, blieb aber als ehrenamtliche Unterstützerin. Ursprünglich sollte die Rentnerin den Frauen das Stricken beibringen, aber das erwies sich als zu kompliziert. Dafür hatte Hägele den Einfall, mit den Teilnehmerinnen geflochtene Stoffzöpfe auf Stramin zu einem Teppich zu nähen. Ein Herz aus Wollpompons haben die Frauen auch schon auf das gitterartige Gewebe geknüpft.

Bei den Treffen bleibt es aber nicht bei kreativem Arbeiten: Antragsformulare ausfüllen, eine Arbeit vermitteln und Rezepttipps austauschen gehören genauso dazu. Reem Alnajjar, die kürzlich das B2-Sprachzertifikat geschafft hat, bringt anderen muslimischen Frauen das deutsche Alphabet bei. Zur Handarbeit kommt also auch Kopfarbeit dazu. Das entspannte Plaudern auf Arabisch und das häufige Lachen zeigen: Bei „Rags to Rugs“ fühlen die Teilnehmerinnen sich wohl. Mitten in der Sulzer Altstadt wird ein Stück internationaler Austausch gepflegt.

Benötigtes Material:

Die „Rags to Rugs“-Frauen können Stoffreste, Wollreste, Strick- und

Häkelnadeln, Reißverschlüsse und Knöpfe gebrauchen.

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Erstellt:
16.04.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 33sec
zuletzt aktualisiert: 16.04.2019, 01:00 Uhr

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