VfB Stuttgart

Trainer aus dem Hut gezaubert

Der Zweitligist stellt hohe Ansprüche an seinen neuen Coach Pellegrino Matarazzo. Der weist einen interessanten Lebenslauf auf, hat aber keine Erfahrung als Profi-Cheftrainer.

31.12.2019

Von GEROLD KNEHR

Hat ein ähnliche Fußballideen wie Tim Walter, tritt aber zurückhaltender auf: der neue VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo. Foto: Peter Franz/Eibner

Hat ein ähnliche Fußballideen wie Tim Walter, tritt aber zurückhaltender auf: der neue VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo. Foto: Peter Franz/Eibner

Stuttgart. Eines ist sicher: Einen „Maulwurf“ gibt es beim Fußball-Zweitligisten VfB Stuttgart nicht. Weder im Daimler-Stadion in Form des Tierchens, das mit Vorliebe den Rasen untergräbt. Noch im übertragenen Sinn als Agent, der Informationen anonym weitergibt, dabei aber ebenfalls im Untergrund bleibt.

Kaum dass der VfB Stuttgart am Tag vor Heiligabend seinen bisherigen Trainer Tim Walter entlassen hatte, begannen die branchenüblichen Spekulationen: wer wird sein Nachfolger? Der ehemalige Mainzer Sandro Schwarz? Thomas Tuchels Assistent Zsolt Löw von Paris St. Germain?

Dass der VfB nun Pellegrino Matarazzo aus dem Hut zaubert, verblüfft. Man kann sich die erste Reaktion vieler Fans auf die Neubesetzung des Trainerpostens beim VfB bildlich vorstellen. Matarazzo? War das nicht der Italiener, der im WM-Finale 2006 Frankreichs Star Zinedine Zidane in der Verlängerung zu jenem berühmt-fatalen Kopfstoß provozierte, der die Rote Karte und im Elfmeterschießen das WM-Aus für Frankreich zur Folge hatte?

Nein, war er nicht. Der neue VfB-Trainer ist nicht Marco Materazzi, der Provokateur. Sondern Pellegrini Matarazzo, ein in weiten Kreisen nahezu unbekannter Coach, der keinerlei Erfahrung als Chef einer Profimannschaft aufweisen kann. Der bisherige Assistenztrainer von 1899 Hoffenheim bekam vom VfB einen Vertrag bis Sommer 2021. Ihn hatte wirklich niemand auf der Rechnung.

„Wir sind bei der Suche mit großer Sorgfalt vorgegangen und haben in den vergangenen Tagen zahlreiche intensive Gespräche geführt“, sagte Thomas Hitzlsperger. Am Ende stand ein klares Votum für Pellegrino Matarazzo“, so der VfB-Vorstandsvorsitzende. Dass von diesen Gesprächen kein Wörtchen nach außen drang, ist das erste kleine Wunder. Für das zweite, große soll der 42 Jahre alte Mann mit amerikanischer und italienischer Staatsbürgerschaft sowie einem Mathe-Studium an der Ivy-League-Universität Columbia in New York sorgen.

Zurückhaltender Typ

Der Anforderungskatalog, den Hitzlsperger an den neuen Coach stellt, klingt sehr anspruchsvoll. „Wir wollen kurzfristig erfolgreich sein“, redet der Ex-Nationalspieler in Sachen sofortige Rückkehr in die Bundesliga nicht um den heißen Brei herum. Zudem wolle der VfB sein „fußballerisches Profil weiter schärfen und sicherstellen, dass die Tür zur Profimannschaft für unsere Jugendspieler auch in Zukunft offensteht. Für all diese Herausforderungen sehen wir uns mit Pellegrino Matarazzo als Cheftrainer sehr gut aufgestellt“, so Hitzlsperger.

Der neue VfB-Trainer, der mit drei jüngeren Brüdern als Sohn italienischer Einwanderer im US-Bundesstaat New Jersey aufwuchs, spielte in Hoffenheim in der öffentlichen Wahrnehmung keine große Rolle und wirkte bei seiner Arbeit mit den Profis in der Bundesliga eher zurückhaltend. Eine klare Vorstellung vom Fußball hat er dennoch und erinnert damit an seinen Vorgänger Walter: „Wir wollen in allen Phasen des Spiels aktiv sein, den Gegner auf dem Platz steuern und das Spiel dominieren. Klar, das möchten viele Mannschaften, aber die Unterschiede liegen im Detail“, sagte er in seiner Anfangszeit als Jugendtrainer in Hoffenheim.

Nach dem Studium in den USA ging Matarazzo 2000 nach Deutschland. Der verheiratete Familienvater bezeichnet sich als Profiteur aller Kulturen in seinem Leben: „Von den US-Amerikanern habe ich das positive Denken und den Glauben, dass man alles schaffen kann. Von den Deutschen Ordnung, Struktur und Disziplin. Und von den Italienern das Temperament: Ich kann sehr emotional werden.“

Ganz so groß scheint der Unterschied zwischen Pellegrino Matarazzo und Italiens Weltmeister Marco Materazzi also nicht zu sein. (mit lsw)

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Erstellt:
31.12.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 31.12.2019, 06:00 Uhr

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