Corona-Krise

Verzichten und verschieben

Den Urlaub nicht stornieren, Pachteinnahmen aussetzen, Gagen und Tickets spenden. Was jeder beitragen kann, um Existenzen zu retten.

21.03.2020

Von MICHAEL GABEL

Die Liegestühle in den Urlaubsorten sind zur Zeit leer. Kleineren Hotels ist geholfen, wenn der bereits gebuchte Aufenthalt nicht storniert, sondern nur verschoben wird. Foto: ©mtr/Shutterstock.com

Die Liegestühle in den Urlaubsorten sind zur Zeit leer. Kleineren Hotels ist geholfen, wenn der bereits gebuchte Aufenthalt nicht storniert, sondern nur verschoben wird. Foto: ©mtr/Shutterstock.com

Berlin. Ladenbesitzer, Hotelbetreiber, Fußballklubs und Künstler haben zurzeit alle dasselbe Problem: Wegen der Corona-Krise entgehen ihnen notwendige Einnahmen um zu überleben. Viele hoffen auf Überbrückungskredite und Direktzahlungen durch den Staat. Doch es gibt auch andere Wege, die Not ein wenig zu lindern. Wie jeder helfen kann – ein Überblick.

Verzicht auf Pachteinnahmen Seit Mittwoch sind in Deutschland die meisten Geschäfte geschlossen. Die Folge: Die Ladenbesitzer haben keine Einnahmen mehr, müssen aber Personal, Miete und Betriebskosten weiterbezahlen. Deshalb appelliert Michael Reink vom Handelsverband Deutschland (HDE) an die Vermieter, „gemeinsam durch die Krise“ zu gehen. Er möchte, dass Geschäftsinhaber vorerst keinerlei Pacht mehr bezahlen müssen und dass ihnen die Betriebskosten gestundet werden. Gelten solle dies „für die Zeit der staatlich verfügten Schließungen“, schlägt Reink vor. Dass die Läden überlebten, sei schließlich auch im Interesse der Vermieter. „Machen die Geschäfte reihenweise pleite, dann dürften Immobilienbesitzer Schwierigkeiten haben, später neue Mieter zu finden.“

Beim Verband Haus und Grund zeigt man sich zu Zugeständnissen bereit. Vor allem private Kleinvermieter sind dort organisiert. „Unsere Mitglieder haben überhaupt kein Interesse daran, Mieter zu verlieren“, sagt ein Sprecher. Die allermeisten Hausbesitzer seien an einvernehmlichen Lösungen interessiert. „Das können Stundungen sein, vorübergehende Mietreduzierungen oder ähnliches.“ Der Sprecher weist aber darauf hin, dass es Grenzen gebe. Schließlich seien gerade für Kleinvermieter Miteinnahmen oft von existenzieller Bedeutung.

Urlaub verschieben statt stornieren Wer für die kommenden Wochen eine Unterkunft gebucht hat, steht – oder stand – jetzt vor der Gewissensfrage: stornieren oder umbuchen? Massenweise Absagen können gerade kleinere Hotelbetreiber schnell in den wirtschaftlichen Ruin treiben.

Das Online-Vermittlungsportal HRS ruft Urlauber und Geschäftsreisende deshalb dazu auf, geplante Aufenthalte zu verschieben. „Als Dank für die Loyalität des Gastes versuchen wir, das Hotel zu einem kostenfreien Upgrade zu bewegen“, teilt das Unternehmen mit.

Auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) heißt es, eine Verschiebung der Reise sei für den Hotelier in der gegenwärtigen Situation das Beste. „Unser Tipp: Reden Sie mit Ihrem Gastgeber. Er kann am besten einschätzen, was zu welchem Zeitpunkt möglich ist“, schreibt der Verband.

Etwas von der Millionengage abgeben Wie man in einer schwierigen Situation großzügig handeln kann, haben einige US-Basketballer gezeigt. Als sich andeutete, dass sämtliche Ligaspiele ausfallen würden, versprach der Star der New Orleans Pelicans, Zion Williams, bis auf Weiteres die Gehälter aller Vereinsmitarbeiter zu bezahlen. Es folgte eine Spenden-Welle weiterer Basketball-Millionäre.

In Deutschland dauerte es etwas, bis Fussball-Bundestrainer Jogi Löw und seine Topstars dem Beispiel aus den USA folgten. 55?000 Angestellte arbeiten im Umfeld des deutschen Profifußballs. Sollten die Ligen den Spielbetrieb einstellen, muss ein großer Teil um seinen Job bangen.

Ticketpreis spenden Die Kulturbranche ist von der Krise besonders hart getroffen worden. Allein bei den Theatern gibt es rund 28?000 freiberufliche Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner und Kabarettisten mit einem Brutto-Durchschnitts-Einkommen von 1500 Euro im Monat. Wenn dann über mehrere Wochen hinweg Aufführungen ausfallen, befinden sich die Künstler schnell in existenzieller Not. Größere Häuser haben schon zugesichert, die Gagen für vereinbarte Auftritte trotzdem bezahlen zu wollen.

Kleinere Veranstalter bitten ihr Publikum vielerorts, bei bereits gekauften Eintrittskarten auf eine Rückerstattung des Preises zu verzichten, auch wenn die Vorstellung ausfallen muss.

Burkhard Wilke, Geschäftsführer der Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, freut sich über die Hilfsbereitschaft vieler Theater- und Konzertgänger. „Den Ticketpreis zu spenden ist eine einfache, aber effektive Art, die Künstler zu unterstützen.“ Er sieht darin ein Zeichen für einen möglichen Bewusstseinswandel, der sich gerade in der Gesellschaft vollzieht. Die aktuelle Situation hält er für „eine Riesenchance, wieder mehr Großzügigkeit zu entwickeln“.

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Erstellt:
21.03.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 21.03.2020, 06:00 Uhr

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