Sulz · Gemeinderatswahl

Vollgekritzelt – und doch gültig

Fünf Stimmzettel, die bei der Auszählung als ungültig gewertet wurden, hat das Landratsamt bei der wahlrechtlichen Prüfung für gültig erklärt.

19.06.2019

Von Frank Wewoda

Dies ist die neue Sitzverteilung im Sulzer Gemeinderat nach der Wahlprüfung durch die Kommunalaufsicht. Es gibt nur noch 22 Sitze im Sulzer Gemeinderat von 2019 bis 2024 – vor der Wahlprüfung hatte die Sitzzahl noch 23 betragen. Die GAL hat durch das neue Stimmenverhältnis zwischen den Parteien ihren Ausgleichssitz verloren – Dieter Hopf ist der Leidtragende bei der GAL..

Dies ist die neue Sitzverteilung im Sulzer Gemeinderat nach der Wahlprüfung durch die Kommunalaufsicht. Es gibt nur noch 22 Sitze im Sulzer Gemeinderat von 2019 bis 2024 – vor der Wahlprüfung hatte die Sitzzahl noch 23 betragen. Die GAL hat durch das neue Stimmenverhältnis zwischen den Parteien ihren Ausgleichssitz verloren – Dieter Hopf ist der Leidtragende bei der GAL..

Als hätten die Wähler ihre Stimmzettel für hervorragende Malunterlagen gehalten und kurzerhand ihren kleinen Kindern überlassen: So muten einige der Stimmzettel an, die bei der Auszählung der Sulzer Gemeinderatswahl als ungültig gewertet wurden. Auf den ersten Blick gibt es dafür völlig nachvollziehbare Gründe. Doch die Kommunalaufsicht beim Landratsamt Rottweil hat genauer hingeschaut –und ist in fünf Fällen zu einer anderen Einschätzung gekommen als der Sulzer Gemeindewahlausschuss am Tag der Auszählung.

Wilde, mit Kuli gemalte Linien

Auf den vollgekritzelten Zetteln entdeckten die „Aufseher“ des Landratsamts doch einige gültige Stimmen zwischen den teils wilden, mit Kuli aufgemalten Linien. Bei der für Montagabend angesetzten weiteren öffentlichen Sitzung des Gemeindewahlausschusses im Sulzer Hauptamt, präsentierte die Sulzer Rathausmitarbeiterin Sabrina Glöckler der Öffentlichkeit die vom Landratsamt beanstandeten Unterlagen von fünf Wählern.

Der erste Wahlumschlag aus dem Wahlbezirk „Links des Neckars“ enthielt vier Stimmzettel verschiedener Parteien und Wählervereinigungen, drei davon jeweils mit langen Linien von oben nach unten durchgestrichen. Der vierte Stimmzettel mit den Wahlvorschlägen der Freien Wählervereinigung (FWV) war jedoch vollkommen unverändert und damit gültig – jeder Bewerber der FWV erhielt damit eine Stimme mehr im Vergleich zum vorläufigen Ergebnis. „Das ist uns durchgerutscht, das hätten wir auch selbst erkennen können“, räumte Sabrina Glöckler selbstkritisch ein. Kniffliger waren die anderen vier Fälle, die auf eher unentschiedene Wähler hindeuten. Auf einem Stimmzettel aus dem Wahlbezirk Mühlheim waren fast alle Kandidaten eines Wahlvorschlags von oben nach unten angekreuzt, dann offenbar nach zwischenzeitlichem Nachdenken wieder durchgestrichen worden – mit Ausnahmen. Davon wertete das Landratsamt wenige als gültige Stimmen.

Kurios auch der Fall aus dem Wahlbezirk Hopfau: Zwei Stimmzettel derselben Partei mit vielen, jedoch leicht voneinander abweichenden Eintragungen wurden hier im selben Umschlag gefunden. Die Kommunalaufsicht wertete hier einen der Stimmzettel als gültig. Aus der Prüfung des Landratsamts gingen so insgesamt 44 nun doch gültige Stimmen hervor, die sich jedoch sehr ungleich verteilen: 27 erhielt die FWV, 11 gingen auf das Konto der CDU, 6 auf das der GAL. Dadurch überholte keiner der Kandidaten einen anderen entscheidend.

Diese 44 Stimmen und ihre Verteilung machen jedoch die komplizierten Berechnungen für die Zuteilung der Ausgleichssitze zunichte – der eigentlich für die Grün-Alternative Liste (GAL) ermittelte Ausgleichssitz entfällt durch die nun höhere Stimmenzahl von FWV und CDU. Leidtragender ist Dieter Hopf, dessen Mission Comeback in den Sulzer Gemeinderat nach Amtsperioden von 1984 bis 1989 und von 1994 bis 1999 im Gemeinderat nun 2019 doch noch auf den letzten Metern scheitert. Enttäuscht, aber gefasst nahm es der 58-Jährige auf (wir berichteten).

„Was soll man ein großes Drama darum machen“, so Hopf. Er hatte nur nochmals seinen Hut in den Ring geworfen, weil sich „fast keine jungen Leute mehr zwischen 20 und 30 Jahren“ finden als Kandidaten, wie er im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE erzählt. Dass er in fünf Jahren noch einmal antritt, hält er für eher unwahrscheinlich. Ebenfalls gravierend wirkte sich die Ergebniskorrektur nach der Wahlprüfung im Ortschaftsrat Mühlheim aus: Dort wurden 17 unverändert abgegebene Stimmzettel analog zum Modus bei der Gemeinderatswahl als gültige Stimmzettel gewertet, bei denen das Computerprogramm automatisch die verfügbaren Stimmen auf in der Software hinterlegte Kandidaten verteilt – in der Reihenfolge des Alphabets.

Trost für Ausschuss-Vorsitzende

„Bei der Ortschaftsratswahl in Mühlheim hätten wir diese aber als ungültige Stimmzettel eintragen müssen“, so Sabrina Glöckler. Die Jens Haigis vom Programm zugeteilten 17 Stimmen wurden so im amtlichen Endergebnis wieder abgezogen. Damit steht nun Elke Renate Strobel das Mandat zu. „In sich war das Ergebnis schlüssig innerhalb des Programms“, meinte Glöckler. „Man kann noch so viel vorbereiten, irgendetwas kommt immer“, so Sabrina Glöckler. Der Beisitzer des Gemeindewahlausschusses, der frühere Gemeinderat Robert Nübel, tröstete: „Machen sie sich keine Gedanken! Sie haben alles gegeben, was drin war.“ Das Wahlsystem sei kompliziert, Fehler daher unvermeidlich. Dabei verwies Nübel auf das „Höchstzahlverfahren nach „Sainte-Laguë/Schepers“, nach dem offiziell Ausgleichssitze zugeteilt werden – auch in Sulz wahrlich nichts für schwache Nerven.
Auszählung im Sulzer Rathaus – links die Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses, Sabrina Glöckler. Archivbild: Cristina Priotto

Auszählung im Sulzer Rathaus – links die Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses, Sabrina Glöckler. Archivbild: Cristina Priotto

Dieter Hopf ist Leidtragender der Wahlprüfung. Archivbild

Dieter Hopf ist Leidtragender der Wahlprüfung. Archivbild

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Erstellt:
19.06.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 19.06.2019, 01:00 Uhr

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