Tübingen

Was heißt „...erzli...“? Kaya Yanar war in der Kinderklinik

Kaya Yanar war gestern Nachmittag begehrter Selfie-Partner in der Kinderonkologie. Der Comedian besuchte sie zum wiederholten Mal.

18.12.2018

Von Ulla Steuernagel

Kaya Yanar verbreitete Autogramme, Schaumküsse und Strahlen in den Gesichtern seiner Fans in der Tübinger Kinderklinik. Bilder: Ulrich Metz

Kaya Yanar verbreitete Autogramme, Schaumküsse und Strahlen in den Gesichtern seiner Fans in der Tübinger Kinderklinik. Bilder: Ulrich Metz

Das Publikum sammelte sich zwischen den onkologischen Stationen 14 und 15/16: Im Flur der Kinderklinik auf Ebene 5, wo es nicht immer nur lustig zugeht, war gestern Nachmittag Partystimmung ausgebrochen. Kinder mit Mundschutz und Infusionsständern saßen hier, Kinder mit haarlosen Köpfen und großen Augen schauten auf die Aufzugtüren. Jugendliche Patientinnen und Patienten steckten kichernd die Köpfe zusammen, und jedes Mal, wenn einer der drei Aufzüge auf der Etage hielt, richteten Eltern, Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte ihre Blicke erwartungsvoll auf die Türen. Bald wurden alle Fahrgäste mit stürmischem Jubel begrüßt. Um 15.20 Uhr öffnete sich dann die Tür zum ersehnten Auftritt des Starduos Kaya Yanar und Martin Rütter. Die Kinder streckten, wie zuvor geübt, die Arme mit den bunten Buchstaben hoch. „Was heißt ...erzli...?“ witzelte der Comedian Yanar. Bei kompletter Buchstabenreihe hätte es: „Herzlich willkommen Kaya & Martin“ heißen sollen.

Yanar stand leicht verlegen mit seiner schwarzen Schiebermütze in der Mitte der 50-köpfigen Zuschauerschar. Als wäre er so viel Beifall nicht gewöhnt! Dabei sollte er abends vor etwa 1200 Fans in der Stuttgarter Liederhalle auftreten. In der Show „Unsere kleinen Krieger – gemeinsam für mehr Lebensfreude“ und zusammen mit seinem Kumpel Martin Rütter, bekannt als „Hundeprofi“, also einer, der Hunde und auch ihre Halter coacht.

Kaya Yanar, einer der ersten, die befreiendes Lachen über Migranten salonfähig machten, betrachtete erfreut das ausgelassene Empfangskomitee. Und als er zum Platznehmen aufgefordert wurde, befand er ungeniert: „Ich nehm’ den Tisch mit den Negerküssen!“ „Die heißen hier nicht so“, wurde er aufgeklärt. „Ich weiß“, korrigierte er sich unter allgemeinem Gelächter, „das sind doch afroamerikanische Küsse.“ Dann biss er so herzhaft in die Süßigkeit, dass ihm die klebrige Masse an der Nase klebte, was ihn aber nicht sonderlich irritierte.

Die nächste halbe Stunde waren der Comedian und sein Begleiter Martin Rütter erst einmal schwer beschäftigt. „Für Pete“, „für „Jannik“, „für Fynn“ schrieb Yanar auf seine Autogrammkarten mit dem Aufdruck „Ausrasten für Anfänger“. Noch begehrter schienen die Selfies zu sein, bei denen sich Yanar als sympathischer Profi erwies: Er legte einen Arm um den Fan rechts und einen um den zur Linken und zeigte dabei ein nicht erkaltendes Lächeln.

Der einst Leukämie-kranke Erik (rechts) stiftete den Erstkontakt zwischen Kaya Yanar (links) und der Tübinger Kinderklinik. Bild: Ulrich Metz

Der einst Leukämie-kranke Erik (rechts) stiftete den Erstkontakt zwischen Kaya Yanar (links) und der Tübinger Kinderklinik. Bild: Ulrich Metz

Ganz besonders warm war die Begrüßung mit dem 19-jährigen Erik aus Altensteig. Der Jugendliche, der nicht mit vollem Namen genannt werden will, hatte einst die Verbindung zwischen Yanar und der Kinderklinik gestiftet. 2013 war er an Leukämie erkrankt. Als er nach einem Auftritt seinen Star um ein Autogramm bat, bemerkte Yanar, wie er später im Pressegespräch sagte, „dass der Junge irgendwie anders aussieht.“ Nachdem er von Eriks Erkrankung erfahren hatte, machte er spontan den Vorschlag: „Du warst jetzt bei mir, das nächste Mal komm’ ich zu dir!“ Yanar hielt sein Versprechen und besuchte seinen Fan und all die anderen krebskranken Kinder und Jugendlichen bald in der Tübinger Kinderklinik. Damit war der Kontakt besiegelt. Einmal im Jahr kommt der in Zürich lebende Komiker nun zu den jungen Patienten, die mit Spannung auf die Treffen hinlebten. „Kurz vorher“, so die Oberärztin und Hämatologin Michaela Döring, „steigert sich das ins Unermessliche.“ Sie betonte, wie dankbar man dem Künstler für seine Besuche ist, auch dafür, dass er seine Versprechen hält und überdies noch mit Benefiz-Auftritten den Förderverein krebskranker Kinder unterstützt.

Ob er nicht vor seiner ersten Begegnung mit so schwer erkrankten Kindern Angst gehabt habe? Yanar verneinte: „Das gibt es nun mal“, antwortete er. Und: „Man kann sich das Leben nicht so malen, wie man möchte.“ Der Besuch in der Klinik sei zwar „kein Spaziergang ins Kino“. Doch wenn er sehe, wie die Kinder strahlen, dann gebe ihm das eine Menge zurück.

Im März hatte Kaya Yanar bei seinem Auftritt in der Stuttgarter Porsche-Arena den an Krebs erkrankten Kevin Elsässer aus Rottenburg kennengelernt, der ebenfalls in Tübingen behandelt wurde. Aus dieser Begegnung entstand bei Kevin die Idee, beim nächsten Auftritt zusammen mit seiner Familie das Catering für den Star und Vegetarier zu übernehmen. „Wehe, es schmeckt nicht!“, drohte Kaya Yanar in gespielter Strenge in Erwartung des abendlichen Büfett.

Kontaktstifter Erik, den Yanar 2013 kennenlernte und seitdem fast jedes Jahr traf, geht es inzwischen wieder gut. Nach der ersten Behandlung 2013 hatte er einen Rückfall erlitten, doch die Stammzelltransplantation schlug bei ihm an. Im nächsten Jahr macht der Jugendliche, der mit Eltern und Freundin zur Abschlussuntersuchung nach Tübingen gekommen war, sein Abitur.

Regelmäßiger Gast in der Kinderonkologie

Kaya Yanar wurde durch seine Comedy-Show „Was guckst Du?“ einem größeren Publikum bekannt. Damit kreierte er Anfang des Jahrtausends ein in Deutschland neuartiges Muster der Ethno-Comedy, die das bis dahin krampfhaft um politische Korrektheit bemühte Bild von Migranten auflockerte. Im ZDF „testete“ der Sohn türkischer Einwanderer Deutschland, er moderierte der RTL-Pannenshow „Life!“, und er gehört zum Rateteam von „Genial daneben“ . Seit diesem Jahr heißt es auf Sat 1 „Guckst Du? Kayas große Kinoshow“.

Yanar war schon wiederholt in Tübingen, um die Kinderkrebsstationen zu besuchen, für die er auch schon mehrfach Benefizauftritte gab. So trat er im Juni 2014 vor großem Publikum auf dem Tübinger Marktplatz auf.

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Erstellt:
18.12.2018, 01:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 41sec
zuletzt aktualisiert: 18.12.2018, 01:30 Uhr

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