Sozialberuf

Wege in die Pflege: Studieren oder eine Ausbildung machen?

Neben der klassischen Ausbildung zur Pflegefachkraft können Interessierte auch ein Studium absolvieren. Akademische Kenntnisse werden bei der Betreuung alter Menschen wichtiger.

20.04.2024

Von dpa-tmn

In den Pflegeberuf führen verschiedene Wege. Bisher absolvieren nur zwei Prozent der Interessenten ein Studium. Um die Attraktivität zu steigern, wird Letzteres inzwischen vergütet.  Foto: Daniel Karmann/dpa

In den Pflegeberuf führen verschiedene Wege. Bisher absolvieren nur zwei Prozent der Interessenten ein Studium. Um die Attraktivität zu steigern, wird Letzteres inzwischen vergütet. Foto: Daniel Karmann/dpa

Bonn. In die Pflege führen viele Wege. Neben der klassischen Ausbildung gibt es die Möglichkeit, an einer Hochschule ein Bachelorstudium zu absolvieren. Neuerdings bekommen Studierende dafür auch eine Vergütung. 2020 wurde die generalistische Pflegeausbildung mit den neuen Berufsbezeichnungen Pflegefachmann, Pflegefachfrau und Pflegefachperson eingeführt. Die Möglichkeiten Berufsausbildung oder Bachelorstudium „unterscheiden sich vor allem durch die Zugangsvoraussetzungen und die wissenschaftliche Komponente, die im Pflegestudium einen weitaus höheren Stellenwert hat“, sagt Maja Schendel. Die gelernte Krankenschwester arbeitet in Schleswig-Holstein im Beratungsteam Pflegeausbildung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA).

Zum Studium gehören auch Praxiseinsätze. Am Ende steht ein Bachelor of Science, Bachelor of Arts oder Bachelor of Nursing zusammen mit der Berufszulassung. Das Pflegestudium befähigt also ebenso wie die Berufsausbildung dazu, als Pflegefachkraft zu arbeiten und sogenannte Vorbehaltsaufgaben wahrzunehmen. Das sind Tätigkeiten, die nur diese Berufsgruppe ausführen darf – etwa die „Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs“.

Im Studium werden die angehenden Pflegefachkräfte zusätzlich intensiver auf Aufgaben vorbereitet, die im Bereich der Steuerung von Pflege- und Versorgungsprozessen liegen. „Die Vorlesungsinhalte betreffen stärker pflegewissenschaftliche Gebiete“, sagt Lena Dorin. Die promovierte Pflegewissenschaftlerin leitet beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) den Arbeitsbereich Pflegeberufe.

Mit dem im Dezember 2023 in Kraft getretenen Pflegestudiumstärkungsgesetz soll das Studium in der Pflege attraktiver werden. Zum einen ist es nun dual organisiert: Studierende schließen einen Ausbildungsvertrag mit einem Träger der praktischen Ausbildung, etwa einem Krankenhaus oder einem Pflegedienst. Dieser zahlt ihnen für den Zeitraum des Studiums eine Ausbildungsvergütung – sie entspricht in etwa dem Ausbildungsgehalt in der Pflege. „In aller Regel wird überall ein nahezu identisches Gehalt bezahlt, knapp 1200 Euro monatlich im ersten Jahr“, sagt Lena Dorin. Bisher musste das Studium selbstständig oder über Bafög finanziert werden. Vor allem deshalb haben sich bisher nur etwa zwei Prozent der  Auszubildenden in der Pflege für das Studium entschieden. Es würden aber mehr Menschen in der Pflege gebraucht, die akademisch gebildet sind, sagt Dorin. Schließlich würden die Aufgaben von Pflegekräften immer komplexer.

Schüler mit einem mittleren Schulabschluss (in der Regel nach der 10. Klasse) können direkt mit der generalistischen Berufsausbildung starten. Mit einem ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (in der Regel nach der 9. Klasse) kann zuerst eine Pflegehelferausbildung absolviert und anschließend eine Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen werden.

Wer das Pflegestudium anstrebt, braucht eine Hochschulzugangsberechtigung. Eine bereits abgeschlossene berufliche Pflegeausbildung kann das Studium um die Hälfte verkürzen. Die Entscheidung für Ausbildung oder Studium hänge davon ab, wo und wie man später arbeiten möchte, sagt Maja Schendel. „Schülern, die schon Abitur haben, würde ich eher zum Studium raten.“ Für die Entscheidungsfindung sei hilfreich, sich zu überlegen, ob man sich mit pflegewissenschaftlichen Fragen auseinandersetzen und für schwierige Aufgaben der Pflegepraxis Lösungen entwickeln möchte.

„Wer sich für ein Pflegestudium interessiert, sollte Spaß an analytischem Denken haben und sich für die Gestaltung und die Steuerung von Pflege interessieren“, sagt Lena Dorin. Künftige Azubis oder Studierende sollten sich außerdem fragen, ob sie in der Patientenversorgung arbeiten möchten. Wer eher die Lehre oder das Management ansteuert, brauche nicht unbedingt eine Berufszulassung, die über die Pflegeausbildung oder das Pflegestudium erworben werden kann.

Erstmal reinschnuppern

Als Ausbildungsberaterin hat Maja Schendel hat einen Eindruck von den Bedenken junger Menschen zum Thema Pflege. Oft werde die Tätigkeit mit schlechter Bezahlung und vielen Überstunden verbinden. „Sie sind dann oft überrascht, wenn ich von den Verdienstmöglichkeiten berichte, die höher sind als das Fachkraftgehalt im Durchschnitt aller Berufe.“ Maja Schendel ermutigt junge Menschen, erstmal ein Praktikum zu machen. „Ich sage immer: Schnuppert doch mal rein – auch in Berufe, die Ihr Euch gar nicht vorstellen könnt.“

Letzteres hat sie selbst erlebt. Eigentlich wollte Schendel Kunst studieren. Als das nicht auf Anhieb funktionierte, entschied sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Krankenhaus. „Obwohl ich immer gedacht habe, das geht nicht, weil ich kein Blut sehen kann. Aber dann habe ich gemerkt, dass das mein Traumberuf ist.“ Inga Dreyer, dpa

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Erstellt:
20.04.2024, 06:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.04.2024, 06:00 Uhr

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