Wohnen

Wohnung? Nur über Kontakte

Wer in Eutingen ein Zwei- bis Drei-Zimmer-Appartement sucht, braucht viel Glück. Oder viele Bekannte. Ohne die ist der Wohnungsmarkt im Kern der Gäu-Gemeinde für Auswärtige eine geschlossene Gesellschaft.

16.06.2018

Von Maik Wilke

Das Internet hat für Wohnungssuchende in Eutingen nicht allzu viele Objekte anzubieten. Symbolbild/Montage: Metz

Das Internet hat für Wohnungssuchende in Eutingen nicht allzu viele Objekte anzubieten. Symbolbild/Montage: Metz

Jan Zimmermann ist 23 Jahre alt, Vertriebsingenieur bei Fischer und im Sportverein Eutingen im Spielerat aktiv. Eigentlich beste Voraussetzungen, um als geeigneter Mieter zu gelten. Festes Gehalt ist schließlich garantiert, zudem ist der Horber mit der Gemeinde im Gäu verbunden. Dennoch: Zimmermann sucht bereits seit einem halben Jahr nach einer Wohnung in Eutingen – vergeblich. „Bisher gab es noch nicht einmal eine Besichtigung, weil einfach keine passenden Objekte angeboten werden“, sagt Zimmermann im Gespräch mit unserer Zeitung.

Eine kurze Recherche auf den gängigsten Online-Plattformen lässt zunächst knapp zehn Treffer auf dem Bildschirm erscheinen. Allerdings: Mehrere Anzeigen sind vom identischen Anbieter mit jeweils unterschiedlichen Baudetails der Wohnung – mal mit Balkon, mal mit Stellplatz, mal mit beidem. Alle dieser Wohnungen sind, wie auch die wenigen weiteren angezeigten Objekte, nur zum Kauf angeboten. Bedeutet: Keine einzige Wohnung ist auf dieser Plattform zur Miete ausgeschrieben – nur hin und wieder sind einzelne Mietwohnungen inseriert.

Nachfrage wäre da

Die Gemeinde Eutingen hat in den vergangenen Jahren viel in die Erweiterung oder die Neuschaffung von Baugebieten investiert. Einfamilienhäuser hatten klaren Vorrang vor Geschossbauten. Das spüren nun aber Wohnungssuchende wie Jan Zimmermann: „Entweder man findet ältere Wohnungen, die schon lange nicht mehr saniert wurden, oder es sind Einliegerwohnungen in neugebauten Einfamilienhäusern. Und bei denen ist die Miete gleich entsprechend höher.“

Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen mit 40 bis 80 Quadratmetern sind folglich auf dem Markt kaum vorhanden. Dabei gibt Bürgermeister Armin Jöchle auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE zu: „Die Nachfrage besteht sowohl nach Wohnungen als auch nach Bauplätzen. Geht man nach den Anzeigen in den entsprechenden Medien, überwiegt die Suche nach Wohnungen sogar, weil da auch Mietgesuche dabei sind.“ Man habe in jüngerer Vergangenheit pro Jahr 20 bis 25 Wohnungen gebaut – doch darin sind die Einfamilienhäuser mitenthalten. Eine Übersicht, wie viele Wohnungen aktuell leer stehen, habe die Gemeindeverwaltung nicht.

Geschossbau beim „Fantadu“?

Erst in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend wurde betont, dass man in Sachen Wohnbaufläche noch viele Reserven habe (siehe Infokasten). Mit Nachdruck sollen nun Baugebiete am Ortsrand ausgewiesen werden. „Aufgrund der aktuellen Nachfrage sollten wenigstens 30 Wohnungen im Jahr neu gebaut werden“, erklärt Bürgermeister Jöchle nochmals gegenüber unserer Zeitung. Es gebe Überlegungen, bei dem geplanten Neubaugebiet in Eutingen auch Mehrfamilienhäuser einzuplanen. Zudem werde darüber nachgedacht, die Gemeindebedarfsfläche zwischen dem Kindergarten „Fantadu“ und der Höhenstraße für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. „Darüber könnte der Gemeinderat im Juli noch beraten“, so Jöchle. Zumindest ein ambitioniertes Ziel, doch selbst ein Geschossbau mit mehreren Einheiten könnte erst mittelfristig das Angebot auf dem Eutinger Wohnungsmarkt verbessern.

Für Suchende wie Jan Zimmermann bleibt zunächst nur der Weg über Vitamin B. „Demnächst werde ich sicher noch offensiver im Verein einige Personen ansprechen, ob die wissen, wo was frei wird“, erklärt der 23-Jährige. Private Kontakte sind noch die beste Alternative, die bleibt. Und selbst bei diesen muss man schnell agieren, sagt Zimmermann: „Sind die Wohnungen erstmal ausgeschrieben, geht es keine Woche, bis Vermieter jemanden gefunden haben. Die besten Chancen hat man wohl, wenn man über den direkten Kontakt geht.“

Unantastbare Baulücken innerorts

Im Regionalplan sind noch insgesamt rund 14 Hektar im „Neuer Steinweg“, im „Steig/Vollmaringer Weg“ und im „Grabenäcker“ enthalten. Nördlich des „Steigs“ würde die Gemeinde gern noch knapp drei Hektar dazunehmen, wurde am Dienstagabend im Gemeinderat erklärt. Zudem: Sowohl in Eutingen, Göttelfingen, Rohrdorf als auch Weitingen gebe es laut Bürgermeister Armin Jöchle noch reichlich innerörtliche Baulücken. Doch an die Privatbesitzer ranzukommen und diese von einem Verkauf zu überzeugen, sei schwierig.

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Erstellt:
16.06.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 16.06.2018, 01:00 Uhr

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