Mühringen · Kleinunternehmer

Zweimal eingebrochen, Umsätze um die Hälfte verringert

Die Betreiber der „Nostalgie-Tankstelle“ in Mühringen kämpfen nach mehreren Einbrüchen und wegen Corona um ihre Existenz.

29.05.2020

Von Florian Dürr

Zweimal eingebrochen, Umsätze um die Hälfte verringert

Zweimal in kürzester Zeit ist die freie Tankstelle von Jochen und Matthias Schimmler in Mühringen ausgeraubt worden. Eine Versicherung, die für die Schäden aufkommt, haben die beiden nicht. Und im Zuge der Corona-Krise sind auch noch die Umsätze stark eingebrochen.

Als die SÜDWEST PRESSE am Dienstag im Horber Stadtteil Mühringen das Büro der freien Tankstelle von Jochen (79) und Matthias Schimmler (48) betritt, ist Schimmler Seniors erste Frage, die er mit seiner rauen, rauchigen Stimme stellt: „Sind Sie hier, um uns zu sagen, wer das war?“

Vergessen, das Kreuz zu machen

Es geht um die zwei Einbrüche im März und im Mai. Jochen Schimmler schaut enttäuscht, nimmt einen Zug an seiner Pfeife, und scheint die Antwort schon zu kennen. Denn weiterhin gibt es keine Erkenntnisse, wer in der Nacht vom 18. auf den 19. März und zwei Monate später, in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai, gewaltsam in den Verkaufsraum der freien Tankstelle eingebrochen ist und jeweils Tabakartikel und Spirituosen im Wert von 2000 bis 3000 Euro gestohlen hat.

„Es ist eine Katastrophe“, sagt Matthias Schimmler mit Blick auf die Konsequenzen für ihn und seinen Vater. Denn eine Versicherung wird für die entstandenen finanziellen Schäden nicht aufkommen: „Wir sind dagegen nicht versichert. Als wir beim letzten Hochwasser die alte Versicherung gekündigt und eine neue abgeschlossen haben, haben wir vergessen, das Kreuzle am richtigen Fleck zu machen“, sagt Jochen Schimmler.

Und es sind nicht „nur“ die 5100 Euro, die den beiden durch den Diebstahl fehlen, auch die Tür, die der oder die Einbrecher mit roher Gewalt aufbrachen, muss repariert und einbruchsicher gemacht werden. „Das ist schon gewaltig, was da auf uns zukommt. Denn auf dem ganzen Gelände sind ja auch noch Schulden drauf“, sagt Jochen Schimmler.

Und selbst wenn der oder die Täter gefasst und verurteilt werden sollten, können sich die Schimmlers große Schadenersatzzahlungen wohl abschminken: „Es kommt darauf an, wie viel bei denen zu holen ist – und da gibt es meistens nichts“, sagt Matthias Schimmler.

Denn vor sechs Jahren wurden er und sein Vater schon einmal ausgeraubt – damals sogar am hellichten Tag. Vater Jochen wurde aus dem Verkaufsraum von einem vorgeblich interessierten Autokäufer gelockt und abgelenkt, während dessen Komplize Waren im Wert von 3000 Euro mitgehen ließ. Die Polizei hatten den Schimmlers nach diesem Vorfall zwar Bilder von Tatverdächtigen vorgelegt, und die beiden konnten die Täter sogar identifizieren, doch „seitdem haben wir nichts mehr gehört“, sagt Jochen Schimmler enttäuscht.

Sicherheitsmaßnahmen geplant

Der gelernte KFZ-Meister hat mächtig Wut im Bauch, weil es immer wieder seine Tankstelle ist, die zur Zielscheibe von Kriminellen wird: „Am liebsten würde ich hier eine Selbstschussanlage einbauen“, sagt er leicht ironisch. Eins ist aber klar: Sicherheitstechnisch wollen die Schimmlers auf jeden Fall aufrüsten. Überwachungskameras, Bewegungsmelder und eine stabile Tür sollen her.

Denn ein weiterer Einbruch wäre für die finanzielle Lage der beiden fatal. Durch die Corona-Krise sind die Umsätze der Tankstelle um 50 Prozent eingebrochen – Einbußen in fünfstelliger Höhe. Noch halten die Schimmlers an ihrer freien Tankstelle fest, doch lange wird sich dieses Geschäft wohl nicht mehr lohnen. Die Haupteinnahmen generieren die beiden ohnehin schon durch ihre Autowerkstatt. „Wir haben für die Tankstelle zu wenige Kunden, zu wenig Umsatz. Wir müssen irgendwann mal überlegen, ob wir sie zumachen“, sagt Senior Schimmler, der das Gelände 1989 den Erben der verstorbenen Besitzer abkaufte.

Heute noch lädt die Tankstelle mit ihrem türkis-weiß-blauen Retro-Stil viele Leute zu einer Reise in die Vergangenheit ein. „Manche Kunden nennen sie Nostalgie-Tankstelle. Die kommen von Stuttgart oder aus Ulm und machen sogar Bilder“, erzählt Matthias Schimmler.

Doch in Zeiten von Corona ist auch von der Begeisterung für die auffällige Tankstelle kurz vor dem Mühringer Ortsausgang kaum mehr etwas zu spüren. „Im Mai laufen normal Cola, Bier und Zigaretten richtig gut – aber das war dieses Jahr ganz anders“, klagt Matthias Schimmler. Dennoch, Vater und Sohn finden: Jammern bringt nichts. „So lange wir gesund bleiben ...“, sagt der Senior, und der Junior ergänzt sofort: „Das ist das Wichtigste!“ Die Gesundheit haben sich die Schimmlers von dem oder den Einbrechern nämlich nicht stehlen lassen.

In diese Tankstelle in Mühringen wurde kürzlich zweimal eingebrochen, außerdem gab es vor ein paar Jahren einen Raubüberfall. Bilder: Florian Dürr

In diese Tankstelle in Mühringen wurde kürzlich zweimal eingebrochen, außerdem gab es vor ein paar Jahren einen Raubüberfall. Bilder: Florian Dürr

Zweimal eingebrochen, Umsätze um die Hälfte verringert

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29.05.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 29.05.2020, 01:00 Uhr

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