Stadtverkehr

Ampeln ausknipsen als Lösung?

Wegen träger Ampelschaltungen durchlebt der Autoverkehr in der Horber Innenstadt derzeit häufiger am Tage Stockungen und Stillstand.

21.09.2017

Von Siegfried Schmidt

Der fast tägliche Verkehrsstau in der Horber Dammstraße: Auf einer Einzelspur geht es auf die Umleitungsstrecke zum Autobahnzubringer.

Der fast tägliche Verkehrsstau in der Horber Dammstraße: Auf einer Einzelspur geht es auf die Umleitungsstrecke zum Autobahnzubringer.

Von Staus und langen Standzeiten am meisten betroffen sind die Streckennutzer, die über die Bildechinger Straße kommend das aktuelle Horber Nadelöhr, die Kreuzung Stuttgarter Straße (B 14)/Mühlener Straße/Neckar Straße, passieren müssen oder jene, die aus der Gutermann Straße Richtung Neckarbrücke fahren wollen.

Weil die Umleitung/Abfahrt zur Mühlener Straße mit sehr kurzen Grünphasen getaktet ist – lediglich zehn magere Sekunden dauert eine solche Phase – bilden sich häufig Rückstaus auf dem Linksabbieger. Die Gestauten blockieren wiederum die rechte Fahrspur und unterbinden damit die zügige Weiterfahrt ins untere Stadtzentrum.

Die besagte Linksabbiegerspur nach Mühlen/Ahldorf/Umleitung zur B 32 und A 81 bietet lediglich für sechs Pkw Aufstellfläche – postieren sich mehr Fahrzeuge hinter der Ampel, ist der Straßenraum aufgebraucht und der Verkehrsabfluss aus der Gutermannstraße dadurch gehemmt oder sogar völlig zum Erliegen gebracht. Da kann es an der Kreuzungsampel Höhe Grundschule/Burgstall grün werden wie es will, an ein rasches Fortkommen ist dann nicht mehr zu denken.

Und wenn dann noch Lkw-
Gespanne den knäpplichen Verkehrsraum, diesen 70 Meter-Linksabbiegerstreifen, mitbesetzen, ist der Stau-Fall unvermeidlich.

Vor allem zu den Stoß- und Berufsverkehrszeiten schaukeln sich die Probleme aus Baustellen-
Umleitung, starren Ampelphasen und Platznöten auf. Dann braucht man Geduld und allerhand gute Nerven.

Auch der überregionale Lastgüterverkehr hat am Kreuzungspunkt bei der Weinhandlung Dörr seine liebe Not. Für die Weiterfahrt von der Mühlener Straße in Richtung Hohenberg setzt dieses ampelgesteuerte Eck hohe fahrtechnische Anforderungen. Langzüge holpern dort notgedrungen über den Gehweg, der Radius
ist für solche „Long-Liner“ gar nicht ausgelegt.

Was aber tun? Die Ampelregelungen neu justieren oder vielleicht sogar den ganzen Ampelbetrieb einstellen und auf die Selbstregulierung des Autoverkehrs hoffen?! Horbs Pressesprecher Christian Volk winkte gestern ab. Die innerstädtischen Ampelanlagen funktionieren in stark aufeinander bezogenen, abhängigen Weise. Und sie „bedienen“ dabei sowohl den motorisierten wie den fußläufigen Verkehr. Ein „Neuprogrammieren“ der Lichtzeichenanlagen müsse nicht nur den komplexen „Abhängigkeiten“ Rechnung tragen, sondern dies bedarf – so lautete zumindest die Auskunft seitens der Landkreis-Verkehrsbehörde an die Stadt – auch einer rund vierteljährigen Vorlaufzeit. OB Peter Rosenberger habe, so Pressesprecher Volk, darauf hinzuwirken versucht, dass die Ampelschaltungen geändert werden, dies sei auch diskutiert worden, freilich ohne entsprechende Umsetzung. „Diese lange Vorlaufzeit für ein Umprogrammieren können wir nicht so recht nachvollziehen“, meinte Volk. Allen sei aber schon von vornherein klar gewesen, dass die Baumaßnahme B 32/ Nordstetter Steige „nicht ohne Probleme“ beim Verkehrsablauf in Horb abgehen werde.

Der Verkehrsingenieur beim Landratamt, Bernd Hofer, bestätigt und begründet auch die relativ lange Vorbereitungszeit für eine neue Ampelregelung. „Eine grüne Welle, wie immer gewünscht, plant man nicht mal eben in fünf Minuten.“ Dabei seien sehr viele Interdependenzen zu beachten (populär gesagt: Gibt man dem einen Grün, dann steht der andere bei Rot und wartet). Verkehrsplanungsbüros benötigten für solche Programm-Änderungen mit Berechnungen einige Zeit, und überhaupt müsse das Regierungspräsidium als Straßenbaubehörde und Baulastträger hier entsprechende Anordnungen erlassen und Aufträge erteilen.

Hofer kennt die neuralgischen Stellen in Horbs Verkehrssystem und die Verkehrsbeziehungen der Stadt sehr gut. Er benennt das Grundproblem mit einem Satz: „Man kann dem Verkehr in Horb halt nicht die B 32 wegnehmen und dann darauf vertrauen, dass es keinen Stau gibt. Dieser lässt sich nun mal nicht wegdiskutieren.“ Oder mit lenkenden Maßnahmen gering halten.

Will zudem heißen, dass auch angepasste, neu ausgesteuerte Lichtzeichentechnik keine wirkliche Abhilfe bietet. Hofer: „Man kann natürlich auch alle Ampelanlagen ausschalten, das wäre auf erste Sicht die einfachste Lösung. Was ist dann aber mit den Fußgängern und den damit neu aufziehenden Gefahren? Wer übernimmt die Verantwortung für sie, vor allem da jetzt auch die Schule wieder begonnen hat?“

Für ein Grundproblem in Horb hält der Verkehrsingenieur, dass bei einer Konzentration des Verkehrs im Zentrum wie zurzeit „zu wenig Platzangebot“ vorhanden ist. Und dass Straßen wie die L 370/Mühlener Straße schon mal gar nicht für so viel (Umleitungs-) Verkehr ausgelegt sind.

Für machbar und durchaus auch sinnvoll hält Bernd Hofer indes, dass in Fällen wie diesem, wo ein ganzer Bundesstraßenast saniert wird und außerdem noch punktuelle Bauprojekte wie das neue Einkaufszentrum zusätzliche Verkehrseinschränkungen verursachen, sogenannte „Baustellenprogramme“ für Ampelanlagen entwickelt werden. Dies dann aber natürlich mit einer ausreichend bemessenen Vorlaufzeit.

Das Kreuzungs-Nadelöhr Neckar-/Stuttgarter-/Mühlener-Straße. Die Linksabbieger (Mittelreihe) erhalten nur zehn Sekunden Grün und sechs Aufstellplätze.Bilder: Schmidt

Das Kreuzungs-Nadelöhr Neckar-/Stuttgarter-/Mühlener-Straße. Die Linksabbieger (Mittelreihe) erhalten nur zehn Sekunden Grün und sechs Aufstellplätze.Bilder: Schmidt

Minister: Andere Ampelschaltung nicht zielführend

Eine „kleine Anfrage“ des FDP-Landtagsabgeordneten Timm Kern vor wenigen Wochen an die Landesregierung hatte nichts weniger als die „Koordination und Planung“ der Straßenbaumaßnahmen in und um Horb zum Inhalt.

In der Anfrage wollte Kern unter anderem auch wissen, ob denn eine Änderung der Ampelschaltung entlang der staugeplagten Umleitungsstrecken frühzeitig in Erwägung gezogen wurde? Und, wenn dies nicht der Fall ist, warum dann so entschieden wurde?

Das Ministerium für Verkehr beschied in seiner Antwort, dass durchaus im Verkehrsdialog zwischen Landratsamt, Stadt Horb und Polizei eine veränderte Ampelschaltung erwogen worden sei. Doch aufgrund der „Koordinierung der Ampelschaltungen“ sei die Neuregelung nicht zielführend gewesen. Das Ministerium: „Verbesserungen einzelner Verkehrsströme wirken sich nachteilig auf andere Ströme aus, die Gesamtsituation würde also durch Rückstaus an anderen Stellen nicht verbessert.“ Außerdem: „Die angeregten Teilabschaltungen von Signalanlagen haben in der Vergangeneheit zu einem deutlich erhöhten Unfallrisiko geführt und wurden daher nicht weiterverfolgt.“

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Erstellt:
21.09.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 39sec
zuletzt aktualisiert: 21.09.2017, 01:00 Uhr

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