Rottweil/Freudenstadt · Gericht

Bankräuber muss fünf Jahre ins Gefängnis

Ein 34-Jähriger aus einer Kreisgemeinde wurde in Rottweil zu fünf Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt, könnte aber nach einer erfolgreichen Entziehungskur bereits nach der Hälfte wieder freikommen.

19.09.2019

Von Pascal Kopf

Auf dem Landgericht Rottweil wurde der Banküberfall in Freudenstadt verhandelt. Archivbild: Addicks

Auf dem Landgericht Rottweil wurde der Banküberfall in Freudenstadt verhandelt. Archivbild: Addicks

Es war ein langer zweiter Verhandlungstag am Landgericht Rottweil. Um kurz nach 17 Uhr, nach zwei Stunden Beratungszeit, sprach Richter Koch das mit Spannung erwartete Urteil: fünf Jahre und zwei Monate Haft. Richter Koch sprach von schwierigen Beratungen. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft ging die Große Strafkammer – wie die Verteidigung – davon aus, dass der Paragraph 21, „Verminderte Schuldfähigkeit“, zur Anwendung kommen müsse, da der Angeklagte die Haupttat mit einem Alkoholwert von 3,8 Promille begangen hatte.

Bereits am ersten Verhandlungstag in der vergangenen Woche hatte der 34-jährige Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Generell zeigte er sich im Verlauf der Verhandlung sehr kooperativ. Zudem hatten am ersten Verhandlungstag bereits die Geisel sowie Bank- und Polizeiangestellte ausgesagt. Die erste Zeugin am Dienstag war die Mutter des Angeklagten. Die beiden hatten seit dem 16. Juli keinen Kontakt mehr, an diesem Tag kam der Angeklagte in Untersuchungshaft. Jedoch machte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Heftiger Crash mit drei Promille

Es folgte ein Verkehrspolizist, der zur ersten Tat des Angeklagten am 16. Dezember 2018 befragt wurde. In dieser Nacht hatte der Angeklagte auf der Straße zwischen Hallwangen und Pfalzgrafenweiler ein DRK-Fahrzeug auf der Fahrbahn übersehen und verursacht so einen Sachschaden von 18 500 Euro. Auf der schneebedeckten und glatten Fahrbahn übersah er zunächst ein Warndreieck und sah auch nicht das blinkende Einsatzfahrzeug. Zum Zeitpunkt der Tat hatte er knapp 2,9 Promille und fuhr mit einem von einer Bekannten ohne Nachfrage ausgeliehenen Auto, obwohl er keinen gültigen Führerschein hatte. Der Polizeibeamte war anschließend zum Angeklagten ins Freudenstädter Krankenhaus gefahren, um dessen Daten aufzunehmen. Dieser war laut Aussage sehr ruhig, hatte aber Probleme bei der Aussprache und brauchte lange, bis er die Informationen zusammen hatte. Eben jene Bekannte, von der er das Auto genommen hatte, war auch als Zeugin für den zweiten Verhandlungstag geladen. Jedoch erschien sie trotz mehrerer Telefonate mit dem Richter nicht. Nachdem sie um kurz nach 10 Uhr nach eigenener Aussage noch im Stau stand, aber kurz vor Rottweil war, ging sie später gar nicht mehr ans Telefon und tauchte auch nach der Mittagspause nicht auf. Die Kammer verhängte eine Geldstrafe von 50 Euro gegen sie.

Es folgte die Aussage des Sachverständigen. Dieser berichtete detailliert über den Krankheitsverlauf des Angeklagten, der schon lange unter Alkohol- und Drogenproblemen leidet und bereits etliche Therapien begonnen, jedoch immer wieder abgebrochen hatte. Der Sachverständige sprach von einem intelligenten Mann, mit einer guten Auffassung und Reflexionsvermögen. Jedoch auch von einem Mann mit „zwei Gesichtern“, der viel zu wenig aus seinen Fähigkeiten mache, narzisstische Züge aufweise und von einer starken Ambivalenz geprägt sei. Aus seiner Sicht sei es aber nicht notwendig, den Paragraphen 20 des Strafgesetzbuchs anzuwenden, der von einer Schuldfreiheit bei einer krankhaften seelischen Störung ausgeht. Das sei nicht der Fall, er plädierte aber eindeutig für eine verminderte Schuldfähigkeit.

Entzug als große Chance

Der Angeklagte ist bereits mehrfach vorbestraft, es handelte sich bei den Vergehen aber meistens um kleinere Diebstähle und Verkehrsdelikte. Am 14. Januar diesen Jahres ging er jedoch einen großen Schritt weiter, er hatte sich schon morgens Mut für die Tat angetrunken. Auf die Droge Subutex, die er sonst regelmäßig konsumiert, verzichtete er an diesem Tag jedoch bewusst, da er dadurch „wieder nüchtern werden würde“. Er nahm ein Küchenmesser mit 20 Zentimeter Klingenlänge und machte sich auf den Weg zur Filiale der Kreissparkasse in der Freudenstädter Nordstadt. Dort nahm er eine Frau als Geisel und ging so in den Schalterraum, wo er den anwesenden Bankangestellten aufforderte, ihm so viel Geld wie möglich zu geben. So erbeutete er über 24 000 Euro. Die festgehaltene Frau konnte während der Geldübergabe flüchten.

Einerseits hatte der Angeklagte sich Gedanken gemacht und seinen ersten Versuch noch abgebrochen, weil keine Kunden in der Filiale waren und er ohne Geisel keine Chance auf Geld sah. Zudem hatte er auch eine Sporttasche mit Wechselkleidung in der Nähe der Filiale bereit gelegt, um anschließend nicht so schnell erkannt zu werden. Auf der anderen Seite beging er aber, wie sein Verteidiger sagte, auch „dilettantische Fehler“. Er ging nämlich unmaskiert in die Filiale und schaute später ganz bewusst in die Überwachungskamera. Er wirkte fast froh, gesehen zu werden. Die Verurteilung war ihm auch vorher schon klar, er wollte aber seiner Bekannten noch die Schulden des Autounfalls zurückzahlen. Bei der Tat hatte er einen fast unglaublichen Alkoholwert von 3,8 Promille.

Sieben Jahre und zwei Monate forderte gleichwohl die Staatsanwaltschaft. Verteidiger Claus Unger war damit nicht einverstanden: „Das war ein astreines und gutes Plädoyer Frau Staatsanwältin. Es passt alles, aber mir fehlt die subjektive Seite. Mein Mandant hat mit der Tat um Hilfe geschrien.“ Er plädierte für eine Haftstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten.

Der bereits mehrfach vorbestrafte Täter, der auch schon viermal für ein paar Monate im Knast saß, hatte schließlich das letzte Wort vor der Urteilsverkündung: „Was passiert ist, ist leider passiert. Es tut mir leid. Ich kann mich nur nochmals entschuldigen. Ich habe viel zu viel Alkohol getrunken. Ich will einen Entzug machen und ab jetzt nach vorne schauen.“ In eine ähnliche Kerbe stieß auch der Richter mit seinen letzten Worten: „Der Angeklagte steht am Scheideweg. Sie haben nun eine große Chance mit sehr großem Risiko.“ Denn wenn alles glatt
läuft, könnte der Angeklagte in zweieinhalb Jahren wieder auf freiem Fuß sein, Voraussetzung dafür ist eine Entziehungskur von zwei Jahren Länge.

Sollte er diese Chance aber auslassen, sieht der Richter schwarz. Dann sitzt der 34-Jährige fünf Jahre und zwei Monate. Das Strafmaß setzte sich aus den zwei Einzelstrafen der Taten zusammen. Er wurde wegen erpresserischen Menschenraubs und besonders schwerer räuberischer Erpressung zu 4 Jahren und 10 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Dazu kommen acht Monate wegen des alkoholbedingten Unfalls und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Zudem hat er eine Führerscheinsperre von drei Jahren und sechs Monaten erhalten, wobei beim nächsten Vergehen eine lebenslange Sperre droht. Außerdem trägt der Mann die Kosten des Verfahrens.

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Erstellt:
19.09.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 09sec
zuletzt aktualisiert: 19.09.2019, 01:00 Uhr

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