Tobi Kiefer und Horbs fahrende Gießkanne

Den Pflanzendurst löschen

Im Sommer hat Tobi Kiefer einen treuen Begleiter: sein oranges Gießauto. In Horb fährt er pro Tag 30 Kilometer, um 200 Blumenkübel zu gießen.

17.08.2018

Von Kathrin Kammerer

200 Blumenkübel und 30 Kilometer: Jeden zweiten Tag ist Tobi Kiefer mit seiner fahrenden Gießkanne unterwegs. Bilder: Kuball

200 Blumenkübel und 30 Kilometer: Jeden zweiten Tag ist Tobi Kiefer mit seiner fahrenden Gießkanne unterwegs. Bilder: Kuball

Tobi Kiefers treuer Begleiter in den heißen Sommerwochen ist leuchtend orange, fasst bis zu 2000 Liter Wasser, hat 136 Pferdestärken und kostet mit Ausrüstung „so viel wie ein Bauplatz“. Seit 2011 gießt der gelernte Straßenbauer aus Mühringen die Pflanzen im Gebiet der Kernstadt Horb. Seine „fahrende Gießkanne“ mit Allrad-Antrieb kann bis zu 60 Stundenkilometer schnell werden. Der ausfahrbare Gießarm an der Fahrzeugfront lässt sich über einen Bedienhebel mit sechs Knöpfen steuern. Dazu gibt’s noch ein weiteres Dutzend Knöpfe im Führerraum. „Wenn man fährt, gießt und gleichzeitig noch auf die Fußgänger achten muss, wird das manchmal ziemlich kompliziert“, sagt der 40-Jährige, als er sein Gefährt erklärt.

Außerdem sind hinten am Fahrzeug 35 Meter Handschlauch aufgerollt: So muss Kiefer beispielsweise für die Blumen auf der Inselspitze nicht ständig den Ort wechseln – er kann sie von einem oder zwei Standorten aus gießen. Mehr als 200 Blumenkästen und -kübel muss er mit Wasser versorgen.

Und mit der orangen Gießkanne kann man bei Weitem nicht nur gießen. Kiefer kann sein Gefährt auch für den Winterdienst umrüsten oder einen sogenannten Schwemmbalken für nach einer Überschwemmung verschmutzte Gebiete anmontieren. Auch mähen kann man damit.

SÜDWEST PRESSE: Jetzt ist es nicht mehr so heiß. Müssen die Pflanzen jetzt weniger gegossen werden?

Tobi Kiefer: Nein, weiter jeden zweiten Tag: Montag, Mittwoch, Freitag und auch am Wochenende. Die Blumenkästen haben einen Wasserspeicher – das Wasser reicht also für einen gießfreien Tag aus.

Wenn es regnet, haben Sie dann frei?

Wenn es nur leicht regnet, dann muss man trotzdem gießen. Die Blätter sind oft so dicht, dass das Wasser bei einem kurzen und leichten Regen gar nicht durchdringt. Das muss dann richtig durchschütten, drei bis vier Tage, damit da eine brauchbare Menge in den Kübeln ankommt.

Wie sieht so eine Gieß-Tour in der Kernstadt aus?

Die fängt morgens so um halb sieben an den Christophorusbrücken an. Dann geht’s über den Flößersteg Richtung Aldi-Kreisverkehr bis zum Ortsschild. Dort drehe ich um – und dort im Kreisverkehr sind dann die ersten 1000 Liter Wasser weg und ich muss nachfüllen bei der Kläranlage.

Wieviel Wasser passt in das Fass auf Ihrem Gefährt? Und wieviel Wasser verbraucht man eigentlich auf so einer Tour?

In das kleine Fass passen 1000 Liter. Dann hab ich noch ein großes, da passen 2000 Liter rein. Auf einer normalen Tour verbraucht man circa 4000 Liter Wasser. In den heißen Juli-Wochen beispielsweise wurde die Tour aber erweitert, da hab ich dann auch junge Bäume gegossen. Und da waren es dann gut 10000 Liter.

Wie geht die Tour nach dem ersten Auffüllen dann weiter?

Dann wird der ganze Bahnhofsbereich gemacht. Auch die Palmen, die leider schon abgefackelt wurden. Dann geht über die Lindenstraße zum Bereich Flößerwasen und Inselspitze. Und als letztes dann Unterer Marktplatz und Oberer Marktplatz.

Wie lange dauert so eine Gieß-Tour?

Also, der Arbeitstag beginnt um sechs Uhr. Normalerweise ist man mit der Tour um 13 oder 14 Uhr fertig. Manchmal mach ich das alleine, letztes Jahr beispielsweise hatten wir aber auch eine zweite Maschine da. Insgesamt legt man 25 bis 30 Kilometer nur in Horb zurück.

Seit wann gießen Sie in Horb?

Seit 2004 gibt es meinen Betrieb, seit 2011 gieße ich in Horb. Aber wir machen noch viel mehr: Im Winterdienst beispielsweise sind in unserem Auftrag bis zu sechs Maschinen im Einsatz, in Horb, im Landkreis, auch bei privaten Firmen.

Macht Ihnen der Gieß-Job Spaß?

Ja! Momentan leidet die Familie etwas unter den Arbeitszeiten – aber die Saison ist ja absehbar, und es kann auch durchaus mal ein verregnetes Jahr mit mehr Freizeit geben. Manchmal ist die Gießerei auch etwas monoton. Jedoch macht der Straßenverkehr mit dem steigenden Egoismus die Fahrerei im Stadtgebiet auch etwas interessanter. Viele Fahrer sind sehr ungeduldig, haben kein Verständnis, wenn man mal halten muss, und hupen.

Macht das einen nicht eher wütend?

(lacht) Das ist alles eine Frage der Betrachtung. Und wenn einem die Leute mal sagen „Hey, die Blumen sehen toll aus dieses Jahr“, dann ist das auch ein schöner Lohn.

Wie löscht man auf so einer Gieß-Tour den eigenen Durst?

Bis zu sechs Liter trinke ich bei jeder Fahrt, wenn es heiß ist. Für eine Klimaanlage war ich zu geizig, obwohl mir alle dazu geraten haben. Einmal hab ich mich selbst unter den Gießarm gestellt – das mach ich nicht mehr so schnell …

Aber das ist doch sicher eine angenehme Abkühlung …

(lacht) Naja, wenn man davor im 40 bis 45 Grad warmen Führerhäuschen gesessen ist – dann kriegt man bei so einer Dusche eher einen Schock.

Das 1000-Liter-Fass (Hintergrund) muss mehrmals aufgefüllt werden.

Das 1000-Liter-Fass (Hintergrund) muss mehrmals aufgefüllt werden.

An den heißen Sommertagen dürstet es nicht nur Mensch und Tier, nein, dann benötigen auch die Horber Pflanzen eine Abkühlung.

An den heißen Sommertagen dürstet es nicht nur Mensch und Tier, nein, dann benötigen auch die Horber Pflanzen eine Abkühlung.

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Erstellt:
17.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 24sec
zuletzt aktualisiert: 17.08.2018, 01:00 Uhr

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