Mit Engelszungen

Der großen Kämpferin fehlen auf einmal die Worte

An Tagen wie diesen fehlen selbst Gisela Steinhilber, der streitbaren Kämpferin für die sozial Schwächsten der Stadt, die Worte – spätestens, als die scheidende AWO-Geschäftsführerin am Mittwoch bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern überrascht wurde: Die hatten sich zu einem Chor zusammengefunden und die Tage-wie-diese-Hymne der Toten Hosen zur Hommage an Steinhilber umgetextet.

25.11.2016

Von Thomas de Marco

G. Steinhilber

G. Steinhilber

Zuvor hatten Vertreter der freien und öffentlichen Wohlfahrtspflege in der Betzinger Zehntscheuer Steinhilbers große Leistung in den vergangenen 32 Jahren gewürdigt. Als Streiterin im sozialpolitischen Bereich habe sich die bisherige Geschäftsführerin stark für den bezahlbaren Wohnraum engagiert – ein Thema, das nun so langsam die Politik erreiche, sagte Günther Klinger als Vertreter der Liga der freien Wohlfahrtsverbände. „Wenn sich da jetzt nichts ändert, haben wir ein Problem“, wandte sich Klinger an Landrat Thomas Reumann und Reutlingens Verwaltungsbürgermeister Robert Hahn.

Für Steinhilber sei die Arbeit immer auch eine Herzensangelegenheit gewesen, betonte Hahn und attestierte ihr ein Löwenherz. Die AWO sei unter ihr nicht Bittsteller, sondern selbstbewusster Partner der Gesellschaft gewesen. Überwältigt von Steinhilbers Lebensleistung lobte der Verwaltungsbürgermeister auch die Art, wie sie mit ihrem Mitarbeiterstab umgekommen – nein, falsch – natürlich umgegangen sei. Dazu passte, dass der neue AWO-Vorsitzende Sebastian Weigle sich im Abkürzungs-Dschungel verhedderte und die scheidende Macherin zur GWG-Geschäftsführerin umfunktionierte.

Eine grandiose Entwicklung habe die AWO genommen in den 32 Jahren unter Steinhilber, erklärte Landrat Reumann. Die einfühlsame, aber gleichsam mitreißende Geschäftsführerin sei Herz und Gesicht der Organisation gewesen – mit der glasklaren Aufgabe, Wohnungslosen deren Würde zurückzugeben. Eine bequeme Verhandlungspartnerin, das war sie dabei aber nie, sagte Reumann, „gewiss nicht“. Nachtragend wollte er aber nicht sein und überreichte die Landkreismedaille an Steinhilber.

Nach der Laudatio von Judith Quack vom AWO-Vorstand und dem Song des Personals war es endgültig um die Fassung der bisherigen Geschäftsführerin geschehen: „Mich wundert, dass sich so viele Menschen über meinen Abschied freuen. Hätte ich das gewusst, dann hätten Sie mich nicht so schnell losgekriegt!“, sagte sie unter großem Beifall. Ohnehin gehe sie sehr ungern, erklärte sie an die Adresse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die schicken ihre ehemalige Chefin erst einmal ins Ausland: Fünf Tage Südtirol schenken sie Gisela Steinhilber und ihrem Mann. Aber im nächsten Jahr, wenn die Liga der freien Wohlfahrtsverbände ihren 50. Geburtstag feiere, sei sie wieder gefordert, stellte deren Sprecher Klinger gleich mal klar.

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Erstellt:
25.11.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 25.11.2016, 01:00 Uhr

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