Euphorie und Enttäuschung

Der neue Bundesverkehrswegeplan hinterlässt Sieger und Verlierer im Kreis

Der neue Bundesverkehrswegeplan 2030 sorgt in Horb für Euphorie: Die Hochbrücke ist im vordringlichen Bedarf, was bedeutet, dass die Chancen zum Bau sehr gut stehen. Beim Freudenstädter Tunnel muss sich die Region dagegen gedulden. Dasselbe gilt für den zweigleisigen Ausbau der Gäubahn.

18.03.2016

Von Dagmar StepperVincent Meissner

Bei der geplanten Horber Hochbrücke lief beim neuen Bundesverkehrswegeplan alles gut. Wenn es die Finanzen zulassen, könnte sie 2025 Realität sein.Grafik: RP

Bei der geplanten Horber Hochbrücke lief beim neuen Bundesverkehrswegeplan alles gut. Wenn es die Finanzen zulassen, könnte sie 2025 Realität sein.Grafik: RP

Die Horber Hochbrücke: Horb kann nun hoffen, dass die Brücke über den Neckar irgendwann doch gebaut wird. Im neuen Bundesverkehrswegeplan ist das Mammut-Projekt zur Ortsumfahrung der Horber Kernstadt im vordringlichen Bedarf (die SÜDWEST PRESSE berichtete). Für Alt-Oberbürgermeister Michael Theurer (49) geht damit ein Herzenswunsch in Erfüllung. „Es wurde aber langsam auch Zeit“, sagte Theurer, der in Horb als Vater der Hochbrücke angesehen wird. Denn der FDP-Politiker hat die Pläne während seiner Zeit als Horber OB (1995 bis 2009) offensiv vorangetrieben. Seit 2002 ist das Regierungspräsidium Karlsruhe mit den Planungen beschäftigt, die im vergangenen Jahr in das Planfeststellungsverfahren mündeten. In diesem Jahr könnte nun der Planfeststellungsbeschluss erfolgen. Wenn alles perfekt läuft, könnte 2020 mit dem Bau begonnen werden und 2025 der Verkehr über die Brücke rollen.

Das Signal aus Berlin ist wichtig, so Theurer: „Der nächste Schritt ist nun die Finanzierung“, betont er. Doch da ist er Optimist – auch wenn es um 50 Millionen Euro geht: „Klar, es ist immer schwierig mit der Finanzierung, wenn viele Projekte anstehen. Aber in der Vergangenheit tauchte dann oft eine Milliarde Euro auf“, sagt er aus Erfahrung. Daran glaubt er auch fest bei der Hochbrücke: „Wir erleben auf jeden Fall die Einweihung der Hochbrücke“, verspricht er. Und setzt nach: „Jetzt sind wir dran!“

Der Freudenstädter Tunnel: Das 86-Millionen-Projekt wurde im Bundesverkehrswegeplan in den weiteren Bedarf eingeordnet. „Leider“, wie Landrat Dr. Klaus Michael Rückert in einer schriftlichen Stellungnahme dazu gestern verlauten ließ. Denn nun kann zwar geplant werden, aber in den kommenden 15 Jahren wird auf jeden Fall nichts gebaut. Das stimmt Rückert etwas bitter. Denn erklärtes Ziel im Landkreis Freudenstadt ist die Anbindung des Nordschwarzwalds an die Autobahn: „Nur die Realisierung sämtlicher Bauabschnitte zwischen Freudenstadt, Horb und der A 81 stellen eine wirklich gute Verkehrsanbindung des Landkreises sicher“, schreibt Rückert. Michael Theurer, Horbs Alt-Oberbürgermeister und Kreistagsmitglied in Freudenstadt, sieht das genauso. Doch über den Zeitrahmen ist Theurer nicht überrascht. „Wir waren uns im Kreis immer einig über das Schopflocher Päckle“, sagt er. Das „Päckle“ erinnert daran, dass zuerst die Schopflocher Ortsumfahrung realisiert wird. Was seit Oktober 2012 geschehen ist. Anschließend ist der vierspurige Ausbau der Stuttgarter Straße in Freudenstadt dran. Daran wird gerade mit Hochdruck gearbeitet. Die Horber Hochbrücke ist das dritte Glied bei der Anbindung an die A 81. „Zum Schluss ist dann der Freudenstädter Tunnel dran“, erinnert Theurer.

Der Kreis: Enttäuschung gibt es auch bei weiteren Kreisprojekten: So ist die Ortsumfahrung Loßburg nur im weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplans, die Maßnahmen entlang der B 462 im Bereich Baiersbronn sind sogar ganz draußen. „Das ist enttäuschend und unverständlich“, sagt Landrat Rückert. Denn diese Straßenverbindung sei nicht nur für die ansässigen Unternehmen wichtig, sondern auch für die Bevölkerung und den Tourismus.

Die Gäubahn: Bei der wichtigsten Schienen-Verbindung zwischen Deutschland und der Schweiz steigt das Bundesverkehrs-Ministerium erst mal auf die Bremse. Den zweigleisigen Ausbau der Gäubahn zwischen Horb und Tuttlingen haben die Verantwortlichen als nachrangiges sogenanntes „Vorhaben des potenziellen Bedarfs“ kategorisiert. Eie neue, zusätzliche Sparte im Bundesverkehrswegeplan. Das heißt, die Chancen, dass es auf dieser Strecke in den kommenden 15 Jahren eine Beschleunigung der Reisezeiten geben wird, sind praktisch dahin.

Seit Frankreich 1946 nach dem Ende des Weltkriegs das zweite Gleis als Reparationsleistung abgebaut hat, ist der etwa 80 Kilometer lange Streckenabschnitt zwischen Horb und Tuttlingen einspurig. Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger hat dennoch Hoffnung, dass das Projekt noch in den vordringlichen oder weiteren Bedarf hochgestuft wird. Am Montag reist er zu einer Geberkonferenz mit den beteiligten Akteuren nach Stuttgart, wo besprochen werden soll, wie eine kritische Stellungnahme zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans aussehen könnte. Die endgültige Fassung des Bundesverkehrswegeplans kommt wohl erst im zweiten Halbjahr in den Bundestag.

Rosenberger verweist darauf, dass es einen Staatsvertrag über den Ausbau mit der Schweiz gibt, der eingehalten werden muss. Die Schweizer sind ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen, Deutschland noch nicht. Zum Ausbau der Strecke Horb – Neckarhausen, sagt Rosenberger: „Ich gehe davon aus, dass das ausgebaut wird.“ Momentan läuft dafür das Planfeststellungsverfahren.

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Informationen zum Bundesverkehrswegeplan

Das Bundesverkehrsministerium hat am Mittwoch den Referenten-Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 veröffentlicht – mit vielen Monaten Verspätung. Der Plan legt die Investitionsschwerpunkte, die Bedürfnisse und die Ausrichtung der Bundesverkehrswegeplanung bis 2030 fest. Er hat vier Kategorien. Neu ist der „vordringliche Bedarf zur Engpassbeseitigung“ als höchster Rang noch vor dem „vordringlichen Bedarf“. Es folgen der „weitere Bedarf mit Planungsrecht“ und der einfache „weitere Bedarf“, wie es im Planerdeutsch heißt. Erst wenn Bauvorhaben im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgeführt sind, ist deren Realisierung in den nächsten 15 Jahren möglich. Die Priorität der Projekte ist darin festgeschrieben. Wann diese jedoch umgesetzt werden, hängt von weiteren Kriterien wie Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV), Engpassbeseitigung, städtebauliche Beurteilung, umwelt- und naturschutzfachliche Beurteilung, Planungsstand sowie den verfügbaren Finanzmitteln ab.

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18.03.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 18.03.2016, 01:00 Uhr

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