Freudenstadt · Bevölkerung

Drei Jahre, fast 400 neue Gesichter

Die neu eingebürgerten Personen der vergangenen drei Jahre wurden bei der ersten Einbürgerungsfeier im Landkreis Freudenstadt willkommen geheißen.

14.10.2019

Von Monika Schwarz

Der Landrat beim Verteilen der Buchpräsente an die Eingebürgerten.

Der Landrat beim Verteilen der Buchpräsente an die Eingebürgerten.

Mit einer Feier im Kienbergsaal des Kurhauses und anschließendem Stehempfang im Foyer hat der Landkreis Freudenstadt die eingebürgerten Personen der vergangenen drei Jahre erstmals offiziell willkommen geheißen. 383 Einbürgerungen insgesamt hatte es in diesem Zeitraum gegeben, ein großer Teil war der Einladung gefolgt. Auch Vertreter der Wirtschaft und der Kommunalpolitik feierten mit. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der Kepler-Bigband unter der Leitung von Christof Ruetz, die dabei einmal mehr ihr breites musikalisches Spektrum- von der Europahymne über Schlager und Swing bis hin zur deutschen Nationalhymne am Ende- eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Mit Susi Herzberger hatte man zudem eine professionelle Fernsehmoderatorin engagiert. „Wir wollen Sie willkommen heißem, wir wollen Sie begrüßen und wir wollen es mit Ihnen feiern, dass Sie deutsche Staatsbürger geworden sind“, begrüßte sie die Gäste. Landrat Klaus Michael Rückert erinnerte daran, dass ein jeder mit deutscher Staatsbürgerschaft Teil des vereinten und freien Europas und damit Teil einer bunten, diversen und demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft ist.

Mit der Feier wolle man ganz bewusst ein Zeichen setzen. 424 Einbürgerungsanträge habe es im Zeitraum 2016 bis 2018 gegeben, 383 Einbürgerungen wurden vollzogen. Im laufenden Jahr wurden bereits 79 Anträge auf Einbürgerung gestellt. Das Verfahren ziehe sich manchmal aber sehr lange. Die jetzt Eingebürgerten hätten die Sprache gelernt, sich integriert
und mit den Anforderungen des Einbürgerungstestes auseinandergesetzt.

Rückert erinnerte an das Grundgesetz, das sich zur Vielfalt und Religionsfreiheit sowie zur Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bekenne. „Dies zu erhalten und zu verteidigen, ist oberste Bürgerpflicht“, so Rückert. Deshalb sei auch wichtig, jede nicht vom Grundgesetz gedeckte Aktion entschieden abzulehnen und zu bekämpfen, sagte Rückert unter dem Applaus der Zuhörer. Abschließend führte er den Unterschied zwischen Einwohnern und Bürgern vor Augen. Während Einwohner einfach wohnten, seien die Bürger diejenigen, die ganz bewusst Teil des Gemeinwesens geworden sind und sich dafür auch engagierten. „Deshalb ist Bürgerin oder Bürger nicht irgendein juristischer Begriff, sondern ein Ehrentitel.“ Er verneige sich vor allen, die sich die deutsche Staatsbürgerschaft teilweise mit viel Mühe erarbeitet hätten, sagte Rückert. Anschließend berichteten mit der ehemaligen Niederländerin Louise-Josephie Kassing und dem ehemaligen Briten David Gilmore zwei der Eingebürgerten von ihren Erfahrungen und der Motivation, die eigene Staatsbürgerschaft zugunsten der deutschen Staatsbürgerschaft aufzugeben. Kassing stammt ursprünglich aus der Nähe von Amsterdam und war seit 1987 „immer unterwegs in der Welt“, erzählte sie. Die gelernte Physiotherapeutin kam nach Stationen in Südafrika und Neuseeland immer wieder in den Landkreis Freudenstadt zurück. Hier habe sie zwischenzeitlich die Liebe ihres Lebens kennengelernt und in Altensteig eine Praxis eröffnet. Mit dem deutschen Volk könne sie sich sehr gut identifizieren – auch wenn speziell der Schwabe zum Lachen in den Keller gehe, schmunzelte sie.

Staatsbürger nach 40 Jahren

Auch der Künstler David Gillmore berichtete von einer bewegten Vergangenheit mit jüdischen Vorfahren, die überall und nirgendwo wirklich zu Hause und willkommen gewesen sind. Er fühle sich seit jeher als Europäer. Nach Stationen in Berlin und San Francisco war auch Gillmore eher zufällig über ein Jobangebot in der Psychiatrie im Landkreis gelandet. Nach Deutschland sei er gekommen, um seinen Humor zu finden- sagt Gillmore, der hier die Menschen auch mit Clownkursen zum Lachen bringt. An die deutsche Staatsangehörigkeit habe er aber erst nach 40 Jahren – zwischenzeitlich sind es 47 – gedacht. Danach sei alles recht schnell gegangen. Mitgebracht nach Deutschland habe er aber ein Stück der kalifornischen Mentalität: Wer sich dort einen Traum verwirklichen wolle, werde nicht gefragt, ob er davon leben könne, wie das hier der Fall sei. Dem werde einfach gesagt „go for it“ – also „mach mal“. Das habe er sich gemerkt. Beim anschließenden Stehempfang bot sich Gelegenheit zum Austausch und Gespräch.
Zahlreiche neue Bürger des Landkreises waren der Einladung zur offiziellen Feier im Kienbergsaal des Kurhauses gefolgt.Bilder: Monika Schwarz

Zahlreiche neue Bürger des Landkreises waren der Einladung zur offiziellen Feier im Kienbergsaal des Kurhauses gefolgt.Bilder: Monika Schwarz

Die neuen Bürger im Kreis

Die eingebürgerten Personen kommen aus folgenden Ländern: 18 Prozent aus der Türkei, 13 Prozent aus Serbien, 10 Prozent aus dem Kosovo und Kroatien, 7 Prozent aus Italien und Rumänien, 4 Prozent aus dem Vereinigten Königreich, 3 Prozent aus Bosnien und Kasachstan, jeweils 2 Prozent aus Portugal, dem Iran, der Ukraine, Indien und Thailand, 1 Prozent aus Kenia und 14 Prozent aus sonstigen Ländern.

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Erstellt:
14.10.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 10sec
zuletzt aktualisiert: 14.10.2019, 01:00 Uhr

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