Denkmalschutz

Eines der reizvollsten Stadtbilder im Ländle

Die Horber Altstadt wuchert mit historischen Gebäuden, Wegen und Plätzen. Ein Denkmalpflegerischer Werteplan dokumentiert nun die Schätze.

06.04.2017

Von Dagmar Stepper

Die Horber Altstadt wuchert mit historischen Gebäuden, Wegen und Plätzen. Bilder: Breitmaier

Die Horber Altstadt wuchert mit historischen Gebäuden, Wegen und Plätzen. Bilder: Breitmaier

Wir schreiben das Jahr 1725: Ein Feuer bricht in der Horber Altstadt aus, die Flammen wüten schrecklich. Zu eng stehen die Häuser zusammen, die Löschversuche sind vergeblich. Als die Flammen endlich aus und der Rauch verzogen ist, wird das Ausmaß der Katastrophe deutlich: 169 bürgerliche Häuser und 32 Scheunen sind zerstört. Fast die ganze Stadt wurde ein Opfer der Flammen. Auch den Marktplatz samt Stiftskirche gibt es nicht mehr. Lediglich das Franziskanerinnen-Kloster ragt noch aus dem Schutt hervor.

Heute ist der Horber Marktplatz das Aushängeschild der Stadt. Barocke Häuser stehen in Reih und Glied, das Stiftskirchendach glänzt in der Sonne. „Wir werben immer mit unserer mittelalterlichen Kulisse, aber eigentlich ist nur noch der Stadtgrundriss aus dem Mittelalter“, sagt Horbs Stadtplaner Peter Klein. Es ist eine Randbemerkung bei einem wichtigen Termin für Horbs Denkmalpflege. Doch er beschreibt passend, wie Horb städtebaulich zu dem wurde, was es heute ist. Denn Horb ist nicht aus einem Guss, sondern hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt. Es entstanden Quartiere, Inseln aus verschiedenen Epochen, Barock trifft auf Fachwerk, Gotik auf Gründerzeit.

Das alles ist jetzt in einem Werk gesammelt. „Denkmalpflergerischer Werteplan Gesamtanlage Altstadt Horb“ ist es betitelt. In ihm sind 250 Objekte katalogisiert: 25 Straßen und Plätze, 115 Kulturdenkmäler sowie 110 erhaltenswerte Gebäude. Horbs historische Schätze in komprimierter Form.

Ritt durch die Stadtgeschichte

Horbs Werteplan ist druckfrisch. Zum gestrigen Pressegespräch für die Vorstellung und offizielle Übergabe an Oberbürgermeister Peter Rosenberger überbrachten Projektleiter Dr. Marin Hahn und die Autorin des Werks, Dr. Annegret Kaiser, einige Exemplare mit. Knapp vier Monate hat Kaiser daran gearbeitet. Mit sehr viel Spaß, wie sie anmerkt. Sie hat die Altstadt abgegrast, die Häuser begutachtet, die Straßen, die Plätze. 250 Objekte hat sie katalogisiert: von der Altheimer Straße 3 bis zur Wintergasse 27.

Es ist ein Ritt durch die Stadtgeschichte. Die Keimzelle ist eine am östlichen Ende des Schüttebergs errichtete Burg. An die Anfänge im 12. Jahrhundert erinnern noch das Franziskanerinnen-Kloster und Reste der Stadtmauer. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Fürstabt-Gerbert-Straße eine wichtige Verkehrsachse, denn beim Gaistor befand sich die einzige Brücke über den Neckar. Die Stadt entwickelte neben dem oberen Marktplatz am unteren Marktplatz ein zweites Zentrum. „Die Gutermannstraße war damals noch keine Umgehungsstraße, sondern hier endete die Stadt“, berichtet Kaiser.

Dann der große Schnitt im Jahr 1725 – der Stadtbrand, der fast die komplette Altstadt hinwegfegte. Aber dadurch bekam Horb seine schöne Stadtsilhouette. Am Marktplatz bauten reiche Bürger und Wirte schmucke Barockhäuser. „Das Gasthaus Schiff ist für diese Zeit exemplarisch“, berichtet Kaiser.

Praktisch und Schön

Doch auch die Neuzeit hat ihre städtebaulichen Perlen. „Das wird oft bei den hübschen Barockbauten vergessen, dass auch später Schönes entstanden ist“, sagt Kaiser. Im 19. Jahrhundert wurde die Stadtmauer geschleift, es entstanden neue Quartiere, wie beispielsweise im Mühlener Torweg. Hier wurde eine Siedlung gebaut, um die große Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu lindern. Kaisers Fazit ihrer Arbeit in der Neckarstadt: „Mit seiner markanten Stadtsilhouette, der barocküberformten Oberstadt und der in das enge Tal des Grabenbachs geschmiegten Vorstadt im Tal bietet Horb eines der reizvollsten Stadtbilder in Baden-Württemberg.“ Oder wie Projektleiter Hahn es formuliert: „Die Stadt als Ganzes ist ein Denkmal.“

Doch das Werk ist nicht nur schön, sondern auch praktisch. Und dafür wurde es auch erstellt. Für Wolfgang Kronenbitter wird es wahrscheinlich als Leiter der unteren Denkmalschutzbehörde in Horb zur Bibel. „Jetzt haben wir auf einen Blick die ganze bauliche Entwicklung und Wertigkeit der Gebäude“, lobt Kronenbitter. Vor allem bei den schützenswerten Gebäuden ist das ein Quantensprung, denn diese waren – im Gegensatz zu den Kulturdenkmälern – bisher noch nicht erfasst. Projektleiter Hahn bezeichnete den Werteplan als „Bedienungsanleitung“ für die Stadt Horb. Das war OB Rosenberger dann doch zu technisch: „Ich würde es eher als Werbebroschüre bezeichnen“, sagt er und grinst.

Die Villa in der Gutermannstraße (Baujahr 1870) ist ein Kulturdenkmal und ein Dokument dafür, wie sich die Stadt über die Grenze des mittelalterlichen Stadtrings ausgebreitet hat. Bilder: Breitmaier

Die Villa in der Gutermannstraße (Baujahr 1870) ist ein Kulturdenkmal und ein Dokument dafür, wie sich die Stadt über die Grenze des mittelalterlichen Stadtrings ausgebreitet hat. Bilder: Breitmaier

Die SÜDWEST PRESSE ist in einem erhaltenswerten Gebäude aus der Jahrhundertwende in der Schillerstraße 22 untergebracht. Bilder: Breitmaier

Die SÜDWEST PRESSE ist in einem erhaltenswerten Gebäude aus der Jahrhundertwende in der Schillerstraße 22 untergebracht. Bilder: Breitmaier

Der Denkmalpflegerische Werteplan

Denkmalgeschützt ist die Gesamtanlage Horb seit 1999. Nun, 18 Jahre später, sind die 250 Objekte in einem Werteplan erfasst. Es handelt sich um 25 Straßen und Plätze, 115 Kulturdenkmäler sowie 110 erhaltenswerte Gebäude. Von der Altheimer Straße bis zur Wintergasse sind die Objekte katalogisiert, ihre Historie und ihr städtebaulicher Wert. Für die Stadt Horb entstanden dabei keine Kosten, dafür kommt das Landesdenkmalamt auf. Aber es besteht auch kein Anspruch auf den Werteplan. Die Behörde entscheidet selbst, wo sie einen erstellt. In Baden-Württemberg sind es rund 40 Städte und Gemeinden, für die einer erstellt wurde. In der Region sind es beispielsweise Altensteig und Herrenberg, die ihn vorweisen können. Voraussetzung für einen Denkmalpflegerischen Werteplan ist, dass für die gesamte Stadt ein Anlagenschutz besteht. Dann müssen bei der Denkmalbehörde auch die entsprechenden Gelder zur Verfügung stehen. Das war jetzt bei Horb

der Fall.

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Erstellt:
06.04.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 29sec
zuletzt aktualisiert: 06.04.2017, 01:00 Uhr

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