Eröffnungsball

Junge Narren küssen alle wach

„Mehr Märchen geht nicht“: Schneewittchen & Co. verzaubern am Samstagabend die Gäste in der Hohenberghalle.

22.01.2018

Von Michael Zerhusen

Zauberer Andres Galsterer zupfte mit einem gekonnten Trick der Oberbürgermeistersgattin Jeanette Rosenberger den BH aus dem Dekolleté. Sein Auftritt war nur ein Höhepunkt eines phantasievoll gestalteten Eröffnungsballs in der Horber Hohenberghalle. Bilder: Kuball

Zauberer Andres Galsterer zupfte mit einem gekonnten Trick der Oberbürgermeistersgattin Jeanette Rosenberger den BH aus dem Dekolleté. Sein Auftritt war nur ein Höhepunkt eines phantasievoll gestalteten Eröffnungsballs in der Horber Hohenberghalle. Bilder: Kuball

Ex-CDU-Gemeinderätin Dr. Carmina Brenner hatte ihre Schultern zur Feier des Tages mit einem Fellschal gekrönt und provozierte so einen Ausruf des Erstaunens: „Oh, ein Schaf im Wolfspelz!“ FDP-Landeschef Michael Theurer präsentierte sich in einem Hawaiihemd, das wenig zum Märchen-Motto des Abends passte, offerierte für den Fehlgriff aber immerhin eine einleuchtende Erklärung: „Ich komm’ von einer Jamaika-Reise.“ Und Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel, nur mit einem Cowboyhut „verkleidet“, musste ganz allein den Spott von Moderatorin Manuela Müller-Ferl verkraften, die ihm – „für Politiker geradezu prädestiniert“ – Pinocchio als Vorbild empfahl.

Das Drei-Stunden-Programm („Mehr Märchen geht nicht“) hielt überhaupt viel Unglaubliches bereit. Gleich zu Beginn versuchten die Narrenräte die entschlafene Gräfin wach zu küssen, wurden aber vom Graf energisch zurückgewiesen: „Ich glaube wohl, ihr seid bescheuert! / Wenn einer Ita runderneuert, / dann bin das ich: ein ganzer Mann, / der jede Frau erwecken kann!“ Gesagt, getan – und brausender Beifall für Götz Peter und seine alsbald wieder putzmuntere Frau Sabine.

Anspielung auf Schnarch-Arkaden

Dass die Horber Narrenzunft traditionsbewusst ist (siehe nebenstehendes „Außerdem“), zeigte nicht nur die Vorstellung der „Schantle“ durch Hofmarschall Thomas Kreidler, sondern auch der Auftritt von Alt-Zunftmeister Achim Hierath als rauschbärtiger Co-Moderator der berlinernden Frau Holle, die solche Unterstützung allerdings wenig zu schätzen wusste („Tattergreis!“). Jedenfalls hatte Rübezahl sein Märchenbuch mitgebracht und projizierte dessen Inhalt „mittels meiner Gedanken direkt auf die Leinwände“ – will sagen: Die Pausen-Videos, von Stefan Fox in Szene gesetzt, thematisierten das unglückliche Liebesleben eines jungen Prinzen (Paul Kreidler) zwischen Rapunzel, Schneewittchen und allerlei anderen Aspirantinnen.

Erster optischer Höhepunkt: der Auftritt von Dany Marianeschi und Ralf Brakopp. Als „die kleine Hexe & der Rabe A.brak.sas“ beeindruckten sie in perfekter Maskerade und boten mancherlei Anspielungen auf Horber Aktualitäten: Parkplatznöte und mangelnde Resonanz im neuen Einkaufszentrum („Schnarch-Arkaden“), die vierte Apotheke („lieber auf dem Hohenberg“) und das „Horber Modell“ („Mir lent’s wia’s isch“).

BH der OB-Gattin stibitzt

Ein Kostümierungs-Highlight war auch das Rumpelstilzchen, gespielt von Markus „Magic“ Maier, der nach einem kurzen Tanz ums imaginäre Lagerfeuer („Ach wie gut, dass niemand weiß…“) von seiner Oma via Handy angerufen wurde. Offenbar vom hohen Alter der Dame angeregt, schwadronierte er über eine Umkehrung des Lebenswegs: ziemlich am Ende Sandkasten und Bauklötze, und „dann dümpelst du noch neun Monate in der Gebärmutter herum, bis du schließlich dein Leben als Orgasmus beendest“.

Ganz auf optische Reize konzentrierte sich Zauberer Andres Galsterer, der mit politischen Farben spielte („etwas frisches Rot ins christdemokratische Dunkel“) und Oberbürgermeistersgattin Jeanette Rosenberger – so schien’s jedenfalls – den BH aus dem Dekolleté zupfte.

Himmlische Attacken kamen gleichsam von Alexander „Locke“ Guth. Er machte sich in seinem Beitrag „Der liebe Gott ist Horber“ unter anderem über Politiker lustig, von Karl Lauterbach über US-Präsident Donald Trump bis zu dessen „intellektuellem Zwilling“ Kim Jong Un. Mit regionalen Problemen wurde er, Guth, „früher per Gebetsfax und heute über GottsApp“ konfrontiert, etwa mit dem Wunsch einiger Horber Ratsmitglieder: „Lieber Gott, bitte mach, dass Carmina Brenner noch a Weile im Gemeinderat bleibt, weil sonscht der Michael Laschinger nachrückt. Bitte bewahre uns vor dem Bösen, denn wir haben uns dank weniger Wortmeldungen an kurze Sitzungen gewöhnt.“

Frech und phantasievoll

Besonders starke Momente boten die Gesangsnummern, angefangen beim bewährten Brüderpaar Markus und Dany Wagner. Die beiden widmeten sich in diversen Liedern unterschiedlichsten Aspekten des Hänsel-und-Gretel-Motivs: Da ging es „ahnungslos durch den Wald“ bei Ahldorf, Herbert Grönemeyer fragte vor dem Knusperhaus „Uh, was soll das?“ und im Duett brandmarkten sie einen „Skandal im Sperrbezirk“ („In Horb da steht ein Hexenhaus, / Mayk Herzog geht da ein und aus“). Vollends als Markus „Euro“ Wagner auf die Knie sank, um Peter Maffay zu parodieren, gab’s applaustechnisch kein Halten mehr. Auf dem Keyboard begleitet wurden die Brüder übrigens – wie alle Sängerinnen und Sänger – vom „Froschkönig“ Alexander Wolpert, seit Jahren ein verlässlicher Fels in der musikalischen Brandung des Eröffnungsballs.

Frech und phantasievoll kam die Show der sechs Zwerge daher (der siebte war angeblich mit Schneewittchen entschwunden). Neue Volksmusik (Voxxclub) mit neuen Texten („wenn die Schantle mit den Füßen scharr’n“) gab‘s da ebenso zu hören wie etwas, das einem spanisch vorkam („Despacito“). Luis Schneiderhan und Günther Kuch taten sich als Solisten hervor, nicht minder begabt und sangesfreudig präsentierten sich Simon Köninger, Jochen „Franzi“ Schneiderhan, Moritz Lehmann und Markus Wudi. Choreografiert hatte den Auftritt Eike Schmidt.

Und noch ein Kracher: das Märchen-Medley aus der „Feenwelt“, aufwändig inszeniert und ausgestattet, mit fröhlich aufspielenden jungen Akteuren. Luca Niedernhöfer begann mit dem gesungenen Wunsch nach einem schönen Mädchen, die beiden Feen (Karo Kimmich und Jule Thomma), denen er begegnete, erfüllten ihm zwar zu Testzwecken alle seine Wünsche, aber mit wenig durchschlagendem Erfolg: Mal missfielen dem Prinzen die geile Alte und die Geile aus Alte (Theresa Löffel und Dana Zimmermann), mal schmeckten ihm die Pizza und das Spiegelei (Marie und Lisa Dörr) nicht so recht, und die herbeigezauberten Politikgrößen Angela Merkel und Donald Trump (Ute Karp und Elke Straub) waren sowieso nicht sein Fall.

Ein Happy End gab’s dennoch: Jule und Luca fielen sich in die Arme, und alle miteinander intonierten schließlich (nach dem Song „To Be With You“ von Mr. Big): „Das war unser G’schicht, noch mehr Märchen gibt es nicht.“

Den Hut zur Seite, die Lippen gespitzt: Hofmarschall Thomas Kreidler versucht, mit einem Kuss die Gräfin Sabine Peter zu erwecken – vergeblich.

Den Hut zur Seite, die Lippen gespitzt: Hofmarschall Thomas Kreidler versucht, mit einem Kuss die Gräfin Sabine Peter zu erwecken – vergeblich.

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Erstellt:
22.01.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 46sec
zuletzt aktualisiert: 22.01.2018, 01:00 Uhr

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