Horb · Verkehrsplanung

Knick in der Achse

Die Freude um den Bau der Horber Hochbrücke ist getrübt: Eine Umfahrung des Hohenbergs stockt seit Jahren. Lokalpolitiker aus verschiedenen Gremien erhöhen nun den Druck auf die Landesregierung.

09.07.2020

Von Benjamin Breitmaier

Es waren nicht die Beatles, die sich am gestrigen Mittwoch für die Ortsumfahrung Hohenberg aussprachen, sondern (von links): Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, Regionalverbandsmitglied Hans Kern, Ebhausens Bürgermeister Volker Schuler und Regionalverbandsmitglied Wolfgang Kronenbitter. Bild: Karl-Heinz Kuball

Es waren nicht die Beatles, die sich am gestrigen Mittwoch für die Ortsumfahrung Hohenberg aussprachen, sondern (von links): Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger, Regionalverbandsmitglied Hans Kern, Ebhausens Bürgermeister Volker Schuler und Regionalverbandsmitglied Wolfgang Kronenbitter. Bild: Karl-Heinz Kuball

Straßenbauprojekte – von der Feststellung des Bedarfs bis zum Zeitpunkt, an dem Politiker mit geschwellter Brust bunte Bänder zerschneiden, vergeht nicht selten ein halbes Leben. Die Geschichte der Umfahrung des Hohenbergs ist keine Ausnahme. Sie beginnt in den 70er-Jahren, wie sie ausgeht, bleibt ungewiss.

In der gestrigen Sitzung des Regionalverbands stand die Umfahrung auf der Tagesordnung, allerdings nur unter den Bekanntgaben. Das erzeugt Missmut bei lokalen Politikern wie Wolfgang Kronenbitter, der das Thema seit Jahrzehnten begleitet. Seine Fraktion der Freien Wähler bat noch im Vorfeld der Versammlung des Regionalverbands zum Pressegespräch.

Mit dabei waren der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Regionalverband, Volker Schuler, Bürgermeister in Ebhausen, und Hans Kern, ebenfalls Mitglied der FW-Fraktion. Außerdem ist Oberbürgermeister Peter Rosenberger am gestrigen Mittwoch „gern der Einladung gefolgt“.

Ziel des Treffens sei es, politischen Druck auf die Entscheider im Regierungspräsidium und der Verkehrsministerien in Berlin und Stuttgart aufzubauen. Bei aller Freude um die Neckartalbrücke befürchten die Kommunalpolitiker, dass der Hohenberg auf Jahre einen unschönen Knick in der für die Region so wichtigen West-Ost-Achse von Freudenstadt bis zur Autobahn darstellen könnte.

Das Schreckensszenario würde etwa wie folgt aussehen: Das Jahr 2030 – über die Neckartalbrücke brettert ein endloser Strom an Lastkraftwagen. Sie wollen ins Hinterland, nach Freudenstadt, Richtung Dornstetten, Schopfloch, dort wo große Firmen wie Arburg oder Homag stehen. Viele von ihnen steuern das neue Terminal für kombinierten Verkehr auf dem Heiligenfeld an oder das Logistikzentrum von Mercedes Benz.

Die erste Ampel mussten die Lastwagen nach der Autobahnausfahrt bei Nordstetten überwinden. Jetzt stehen sie auf Höhe der Araltankstelle auf dem Hohenberg in Reihe, warten darauf, links abzubiegen, 150 Meter weiter bremsen sie, weil Fußgänger über den Zebrastreifen gegenüber des Realmarkts gehen, weitere 200 Meter weiter warten sie, bis es durch den Kreisverkehr bei McDonalds endlich raus aus dem Gebiet Hohenberg geht. Feinstaub beim Bremsen, Lärm beim Anfahren, ein Verkehrsfluss, der das Wort „Fluss“ nicht verdient.

Es kommt auf das Land an

Es war im Herbst des vergangenen Jahres, bei einer Ausschusssitzung des Regionalverbands. Für Wolfgang Kronenbitter gab es bei dem Treffen einen Schockmoment: Das Karlsruher Regierungspräsidium ließ in einem Schreiben offen, ob die Umfahrung überhaupt weitergeplant wird. Trotz des Abschlusses der Umweltverträglichkeitsprüfung, trotz der Ausarbeitung von sieben verschiedenen Trassen, trotz breiten Rückhalts der politischen Vertreter des Nordschwarzwalds. Schon bei der Veröffentlichung des Bundesverkehrswegeplans 2030 rutschte die Umfahrung aus dem „vordringlichen Bedarf“ in den „weiteren Bedarf mit Planungsrecht“. „Das war der Preis für die Planung der Hochbrücke“, vermutet Peter Rosenberger. Kronenbitter spricht am gestrigen Mittwoch von einer „unendlichen Geschichte“, von einer „Farce“.

Der Regionalverband machte schon im Dezember Druck und schrieb die Verkehrsministerien von Bund und Ländern an. Aus den Antworten geht hervor, dass nun das Land am Zug ist. Von Verkehrsminister Hermann gab es zuletzt versöhnliche Töne, passiert ist jedoch wenig.

Schon vor dem Briefwechsel im Dezember des vergangenen Jahres hatte eine Delegation der Horber OGL in Karlsruhe angeklopft. Zu den Horber Räten hieß es damals, dass erst das Ergebnis der Umweltprüfung abgewartet werden müsse, bevor Entscheidungen getroffen werden. Gegenüber der SÜDWEST PRESSE zeigte sich die Fraktion verwundert über die aktuellen Entwicklungen, von dem Pressegespräch der Freien Wähler wurden sie nicht in Kenntnis gesetzt. Die Fraktion betont in einem Schreiben die Wichtigkeit des Verkehrsprojekts. Allerdings müsse darauf geachtet werden, den Landschaftsverbrauch möglichst gering zu halten.

Das wiederum dürfte schwierig werden. Die bevorzugten Trassen führen über landwirtschaftlich genutzte Flächen, die sich bisher in Privatbesitz befinden.

Die Empörung des ehemaligen Fachbereichsleiters „Recht und Ordnung“ im Horber Rathaus hat ihren Grund: Die West-Ost-Achse durch den Schwarzwald gilt seit Jahrzehnten als wichtiges Ausbauprojekt. Ursprünglich wurde die Strecke sogar als Autobahn geplant – der Grund, warum das Industriegebiet Heiligenfeld nicht an der A 81 liegt.

Rosenberger zuversichtlich

Die Verbindung ist außerdem für den Kreis Calw von Bedeutung, für Haiterbach oder die Gegend um Altensteig. „Man erwartet, dass die B 28neu zügig vollendet wird, das ist eminent wichtig“, meint daher Ebhausens Bürgermeister Volker Schuler. Hoffnung macht Peter Rosenberger: Durch den Bau der Horber Hochbrücke stehe er in engem Kontakt mit dem Regierungspräsidium.

Rosenberger versichert: „Die Umfahrung wird weitergeplant.“ Die Zuständigen seien sich der Wichtigkeit durchaus bewusst. Allerdings kann auch er keinen zeitlichen Horizont für das Projekt eingrenzen.

Eine unbefriedigende Situation, weil sie direkte Auswirkungen auf andere Projekte hat. Beispielsweise wurden Flächen um die Aral-Tankstelle bis heute zurückgehalten, für den Fall, dass die Kreuzung umgebaut werden muss. „Aral hätte ansonsten größer gebaut“, erklärt Rosenberger.

Hoffnung setzen die Anwesenden nun in ihre Abgeordneten in Bund und Land. Wenn sich Saskia Esken und Hans-Joachim Fuchtel im Bund sowie Norbert Beck, Thomas Hentschel und Timm Kern im Land für das Projekt stark machen, dürfte laut Anwesenden um einiges schneller gehen.

Von sieben verschiedenen Trassen wird aktuell von Seiten des Regierungspräsidiums die Nummer 6 (rote gestrichelte Linie) bevorzugt. Rechts unten befindet sich die Kreuzung, wo aktuell die Aral-Tankstelle daneben steht.Grafik: Regierungspräsidium Karlsruhe

Von sieben verschiedenen Trassen wird aktuell von Seiten des Regierungspräsidiums die Nummer 6 (rote gestrichelte Linie) bevorzugt. Rechts unten befindet sich die Kreuzung, wo aktuell die Aral-Tankstelle daneben steht.Grafik: Regierungspräsidium Karlsruhe

Der Planungsstand

Die Varianten: Eingangs wurden durch das Karlsruher Regierungspräsidium sieben verschiedene Trassen untersucht. Näher verfolgt wird aktuell eine Streckenführung, die eine weitläufige Kurve vorsieht. Sie beginnt an der Abzweigung zum „Rauhen Grund“ (Blumenfeld), läuft in einem Bogen durch die Felder, um anschließend in den ursprünglichen Streckenverlauf in Richtung Grünmettstetten zu münden. Laut Oberbürgermeister Rosenberger wurde mittlerweile eine enger um den Hohenberg führende Trasse verworfen, eine sogenannte Troglösung, bei der die bestehende Straße von der Araltankstelle bis hinter den Kreisverkehr bei McDonald’s tiefer gelegt wird, hält Rosenberger für zu teuer. „Das wäre dann wie ein Tunnel“, meinte er beim Pressegespräch. Die Tunnellösung wurde aus dem Horber Gemeinderat vor allem von der FD/FW-Fraktion befürwortet (die SÜDWEST PRESSE berichtete).

Zahlen: Je nach Ausbauvariante wird die Strecke bis zu 3,6 Kilometer lang. Die veranschlagten Kosten belaufen sich auf 23 Millionen Euro, wobei je nach Variante mit bis zu 57 Millionen Euro geplant wird.

Die Beteiligten: Bauträger des Vorhabens ist das Bundesverkehrsministerium. Allerdings wurde die Umsetzung an das Land Baden-Württemberg übertragen, womit die Planung vom Regierungspräsidium in Karlsruhe ausgeführt wird.

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Erstellt:
09.07.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 04sec
zuletzt aktualisiert: 09.07.2020, 01:00 Uhr

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