Horb · Bildung

Lernstress in Zeiten des Virus

Wie hat die DHBW in Horb die Pandemie bisher gemeistert? Während die Studenten geteilter Meinung sind, gibt sich die Leitung der Hochschule positiv.

06.07.2020

Von Florian Dürr

Der Horber Standort der Dualen Hochschule Baden-Württemberg hatte wegen der Coronavirus-Krise zu kämpfen.Bild: Karl-Heinz Kuball

Der Horber Standort der Dualen Hochschule Baden-Württemberg hatte wegen der Coronavirus-Krise zu kämpfen.Bild: Karl-Heinz Kuball

Viele Vorlesungen und sogar manche Prüfungen fanden online statt. Ein Maschinenbau-Student poltert in Richtung Studiengangsleiter – aufgrund der kurzfristigen Verschiebung der Prüfungen. Er möchte anonym bleiben, das Gesagte soll nicht zugeordnet werden können. Denn das hat es in sich: „Frechheit“, „krasse Aktion“, „nicht fair“, „übel“ – das sind die Worte, die der Student im sechsten Semester wählt, um seinen Ärger über die teils nervenaufreibende Ungewissheit im Maschinenbau-Studiengang an der DHBW Horb in der Corona-Krise deutlich zu machen. Denn erst kurz vor knapp, es war Ende April, freitags vor den Prüfungen bevor am Montag die erste und dann weitere vier Klausuren hätten geschrieben werden sollen, kam die Mitteilung: „Die Prüfungen werden verschoben.“

Auf einen Schlag waren die vielen Wochen Büffeln erst einmal für die Katz. „Das fand ich schon eine Frechheit. Dass sie das so rauszögern, war eine krasse Aktion. Und auch danach waren wir eine Woche völlig im Leeren, weil wir nicht wussten, wie es weitergeht und, wann die Prüfungen dann nachgeholt werden“, klagt der Student.

Vor allem, weil laut ihm fast alle Hochschulen im Umkreis ihre Studierenden rechtzeitig informiert hätten, ob die Prüfungen stattfinden oder nicht – nur Horb sei im Studienfach Maschinenbau aus der Reihe getanzt.

Kaum Online-Unterricht angeboten

Darüber hinaus sei auch die Vorbereitung auf die Klausuren alles andere als reibungslos verlaufen, weil manch ein Maschinenbau-Dozent die Corona-Krise scheinbar nutzte, um sich Arbeit zu ersparen: „Es gab Dozenten, die einem einfach nur das Skript gegeben haben, nach dem Motto: ‚Viel Spaß damit!‘“. Das fand ich nicht fair“, berichtet der Student. Zudem habe es nur in zwei von fünf Prüfungsfächern Online-Vorlesungen gegeben.

Die SÜDWEST PRESSE hat Jürgen Gundrum, Studiengangsleiter für Maschinenbau, in einer E-Mail mit den Vorwürfen konfrontiert. Daraufhin meldete sich Andrea Rohrer, Leiterin für Hochschulkommunikation, bei unserer Zeitung – und widersprach deutlich den Aussagen des Maschinenbau-Studenten: „Aus unserer Sicht ist das nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil: Wir haben Umfragen gemacht und viel Anerkennung bekommen, wie gut es lief“, sagt Rohrer.

Hochschule im „Krisen-Modus“

Die komplette Hochschule hätte sich aufgrund der Corona-Pandemie im „Krisen-Modus“ befunden: „Für jede einzelne Prüfung muss auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden. Diese besondere Lage hat es notwendig gemacht, dass regulär geplante Klausuren zum Teil kurzfristig abgesagt werden mussten.“ Außerdem sei in vielen Veranstaltungen durchaus auf Online-Vorlesungen zur Prüfungsvorbereitung umgestellt worden, berichtet Rohrer und schiebt nach: „Skripte werden immer zur Verfügung gestellt und waren in der ersten Anfangsphase zum Teil die einzige Möglichkeit, Lehrinhalte weiterhin zu vermitteln. Fragen konnten aber natürlich jederzeit an die Dozierenden gestellt werden.“

So ähnlich berichtet es auch Alexander Gette, der im zweiten Semester Maschinenbau, Konstruktion und Entwicklung studiert und erst jetzt im Juli seine Prüfungen schreibt – anders als der anonyme Student, der sich beschwerte. Gette erzählt von Online-Vorlesungen, bei denen die Professoren ihre Bildschirme teilen und so ihr Skript oder Berechnungen am Whiteboard zeigen.

Weil die Studierenden aber in den Videokonferenzen weitaus weniger Fragen stellen als im Präsenzunterricht, würde der Stoff viel schneller durchgezogen werden als noch vor Corona. „Ich weiß nicht genau, woran das liegen könnte, aber vielleicht kommt es daher, dass der Professor die Fragezeichen in den Gesichtern nicht mehr sieht. Denn alle Studierenden haben ihre Kamera aus, weil sonst die Audioqualität aufgrund der hohen Datenübertragung leiden würde“, sagt Gette und fügt hinzu: „Die meisten Studenten wünschen sich den Präsenzunterricht zurück. Und ich finde es auch gut, wenn der Professor vor einem steht und nicht nur am Bildschirm zu sehen ist.“

In anderen Studienfächern der DHBW berichten Studierende äußerst positiv über den Studienalltag und die Prüfungsphase in der Corona-Krise. Zum Beispiel im Studiengang Elektrotechnik, wo Sarah Geyer (21) im sechsten Semester an der DHBW studiert. Sie erzählt: „Bei uns war der Studiengangsleiter sehr bemüht, dass alles klappt. An einem Donnerstag wurde die Hochschule damals geschlossen – und am Dienstag darauf hatten wir schon die erste Online-Vorlesung.“ Auch für die ausfallenden Studienarbeiten im Labor gab es mit theoretischen Ausarbeitungen zügig eine Alternative, berichtet Geyer.

Und auch für Oliver Heidenreich, Campus-Sprecher der DHBW und Student im Fach Wirtschaftsingenieurwesen, lief das Semester „für das, dass keiner mit so einer Situation gerechnet hat, erstaunlich gut“. Der 22-Jährige sagt: „Im Vergleich zu anderen Hochschulen, wo die Veranstaltungen zum Teil einfach ausgefallen sind, war das bei uns kein verlorenes Semester. In Horb haben die meisten Veranstaltungen stattgefunden.“

So wurden Präsenz- zu Onlinevorlesungen oder statt Klausurenschreiben durften die Studierenden für ihre Prüfungsleistung wissenschaftliche Ausarbeitungen einreichen. Sogar Online-Prüfungen fanden statt: Hier mussten die Studierenden beispielsweise Präsentationen vor der Kamera halten oder Aufgaben in Gruppen online bearbeiten.

Für Oliver Heidenreich war die Prüfungsphase während der Corona-Krise nicht belastender als sonst, wohingegen Sarah Geyer im Studiengang Elektrotechnik zu kämpfen hatte: „Durch die Online-Vorlesungen kann man nie richtig abschalten. Sonst ist man immer zur Uni gefahren und wieder zurück, dann war das getrennt. So war es aber gefühlt wie zehn Wochen Prüfungsphase. Das haben auch andere Kommilitonen gesagt.“

Weniger Bewegung und Austausch

Auch Alexander Gette musste mit der neuen Situation erst lernen, umzugehen: „Es ist ein anderer Tagesablauf, nicht wirklich ideal. Man bewegt sich insgesamt weniger. Sonst vertritt man sich in den Pausen zwischen den Kursen die Beine, redet mit Kommilitonen über die Themen, aber zu Hause bleibt es meist beim kurzen Gang zum Kühlschrank oder man geht mal eine Runde spazieren.“

Den Kontakt zueinander hielten manche Studenten über „Skype“, „gotomeeting“ oder „Microsoft Teams“. Letzteres, eine Plattform, auf der Teamarbeit möglich ist, haben beispielsweise Sarah Geyer und ihre Kommilitonen von der DHBW zur Verfügung gestellt bekommen. „Da haben wir uns oft getroffen“, erzählt die Elektrotechnik-Studentin.

Durch die Corona-Lockerungen in den vergangenen Wochen ist es mittlerweile wieder möglich, sich persönlich mit Kommilitonen zu verabreden. Und auch Präsenzprüfungen mit Abstandsregeln und Mund-Nasen-Schutz werden wieder durchgeführt.

Als Studienalltag inklusive Studentenleben wie vor der Pandemie, kann das noch nicht bezeichnet werden – doch es sind kleine Schritte in Richtung Normalität.

Alexander Gette Privatbild

Alexander Gette Privatbild

Oliver-Heidenreich Privatbild

Oliver-Heidenreich Privatbild

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Erstellt:
06.07.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 07sec
zuletzt aktualisiert: 06.07.2020, 01:00 Uhr

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