Horb · Bestattungskultur

Moos, Zapfen und Rinde bald wieder erlaubt?

Die Debatte, was als Grabschmuck im Ruhewald möglich ist und was nicht, geht weiter. Eine Arbeitsgruppe soll nun Vorschläge erarbeiten.

09.07.2020

Von Dagmar Stepper

Eine schlichte Blume ist derzeit schon zuviel an Grabschmuck im Ruhewald. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Eine schlichte Blume ist derzeit schon zuviel an Grabschmuck im Ruhewald. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Wie geht es weiter beim Thema Grabschmuck im Ruhewald? Um diese Frage drehte sich ein nichtöffentliches Treffen am Montagabend zwischen Stadtverwaltung und Grabpächtern, bei der auch die Fraktionen des Gemeinderats vertreten waren. Grund für das Treffen waren Irritationen über das, was als Grabschmuck erlaubt ist und was nicht, die seit der Einweihung des Ruhewalds vor vier Jahren immer wieder für Emotionen sorgen.

Anfangs waren noch kleine Dekorationen mit Materialien, die sich im Wald finden, erlaubt. Später ist die Stadt auf die ursprüngliche Friedhofssatzung zurückgegangen, die keine künstlichen Veränderungen im Wald und auf dem Waldboden zulässt. Nun soll wohl wieder als Grabschmuck zugelassen werden, was sich im Wald natürlich finden – wie Moos, Tannenzapfen oder Baumrinde.

Kleine persönliche Zeichen

Doch wie kam es nun zu diesem erneuten Wechsel? Im April hatte Oberbürgermeister Peter Rosenberger öffentlich seine Gesprächsbereitschaft mit Betroffenen signalisiert, nachdem der Ruhewald aufgrund des umstrittenen Grabschmucks erneut unter der Rubrik „Anfragen“ auf der Agenda des Gemeinderats gelandet ist. Laut Aussage von Stadtsprecherin Inge Weber bat daraufhin Ende Mai eine betroffene Person bei der Stadtverwaltung um ein Gespräch, zu dem sie auch andere Betroffene mitbringen wollte. Am Montagabend fand nun dieses Treffen in der Rundhalle statt. Nach Angaben der Stadt waren 9 Parteien, teilweise mit mehreren Vertretern, von 514 Nutzungsberechtigten anwesend.

Auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE wertet die Stadtverwaltung das Gespräch als positiv. „Dem Großteil der Anwesenden geht es nicht um ‚große‘ Dekorationen, sondern um kleine persönliche Zeichen für ihre Hinterbliebenen“, schreibt die Stadtsprecherin. Als Erkenntnis habe die Verwaltung mitgenommen, dass es nach Schilderung der Hinterbliebenen zu Anfangszeiten des Ruhewaldes gut gelaufen sei. Die ursprüngliche Intention – auf der auch der erste Flyer der Stadt beruht hat – nämlich kleine, im Wald vorkommende Materialien wie ein kleines Stück Baumrinde, ein Tannenzapfen oder ein kleines Stück Moos zur Kennzeichnung zu nutzen, wurde als richtig empfunden. Es bestehe der Wunsch, dieses wieder so zu handhaben.

„Es wurde aber auch sehr deutlich von Betroffenen geäußert, dass in den vergangenen Monaten die Dekorationen an manchen Grabstellen ‚ausgeufert‘ seien – eine betroffene Person empfand das als ‚Wettbewerb‘, wer die schönere Dekoration auf seiner Grabstelle hat“, schreibt Inge Weber weiter. Dieses sei von den anwesenden Betroffenen am Montagabend explizit nicht erwünscht worden. Denn das habe dazu geführt, dass gar nichts mehr erlaubt wurde.

Als Ergebnis des Treffens am Montagabend will man beim Grabschmuck nun wieder zu den Ursprüngen des Flyers zurück, sprich wieder Dekorationen zulassen, die sich im Wald finden. Dazu soll nun eine Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern der Stadt und mit fünf der Anwesenden am Montag gegründet werden. Mit den erarbeiteten Vorschlägen soll sich anschließend der Gemeinderat befassen.

Rudert die Stadt nun wieder zurück? Dem widerspricht die Stadtsprecherin. Man würde sich wieder auf die Anfänge besinnen. Das begrüße auch OB Peter Rosenberger. Der ursprüngliche Gedanke sei in seinen Augen nach wie vor richtig, die Stadt wollte damit einen menschlichen Umgang in der Trauerbewältigung ermöglichen. Die Stadt sei in den letzten Monaten dazu gezwungen worden, den „Bösewicht“ zu geben, schreibt Weber: „Weil ein ganz kleiner Teil von Personen es ausgenutzt habe, die Dekorationen ausgeufert seien und aus Gründen der Gleichbehandlung die Stadt nun allen ‚alles‘ versagen musste“. Denn laut der Friedhofssatzung sind eben überhaupt keine Veränderungen erlaubt.

Nun soll also der ursprüngliche Gedanke aus dem ersten Flyer der Verwaltung wieder aufgegriffen werden. Zum besseren Verständnis aller Beteiligter sollen die Formulierungen jedoch konkreter gefasst werden, möglicherweise auch mit Beispielen hinterlegt werden, was gemeint sein könnte. OB Rosenberger schlug deshalb vor, dass einige der Anwesenden zusammen mit der Stadtverwaltung Vorschläge machen, wie die ursprüngliche Formulierung weiter konkretisiert werden könnten, damit dem Ansinnen der Angehörigen Rechnung getragen wird, aber auch die Idee des Ruhewaldes als naturbelassenem Wald nicht verloren geht.

„Wir haben die Hoffnung, dass mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppe bzw. den draus resultierenden Entscheidungen auch alle anderen Nutzer, die bei dem Gespräch nicht dabei waren, mitgehen können und wollen“, bilanziert Weber. Der Ruhewald wird also noch weiter die Gemüter beschäftigen.

Nach einer Beisetzung sind Blumen zehn Tage lang erlaubt. Danach werden sie von der Stadt abgeräumt.

Nach einer Beisetzung sind Blumen zehn Tage lang erlaubt. Danach werden sie von der Stadt abgeräumt.

Größer Kritikpunkt

Seit der Einweihung des Ruhewalds vor vier Jahren sorgt das Thema Grabschmuck für Unruhe. So auch am Montagabend beim Treffen der Stadt mit Betroffenen. Den größten Kritikpunkt an der Verwaltung fasst die Stadt so zusammen: „Viele der Betroffenen konnten nicht verstehen, warum ihnen nicht zumindest eine Kleinigkeit zur Kennzeichnung der Grabstätte zugestanden werden kann und die Stadt alle Grabstellen abräumt und nicht nur diejenigen, die es ‚übertreiben‘ würden. Es wurde als schmerzlich empfunden, wenn Besucher des Ruhewaldes ‚über ein Grab laufen‘ würden. Aus diesem Grund besteht der Wunsch, dass zumindest dezent auf die Grabstelle hingewiesen wird.“

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Erstellt:
09.07.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 27sec
zuletzt aktualisiert: 09.07.2020, 01:00 Uhr

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