Umbau geht nicht ohne Lärm

Stadt und Bahn informierten über Modernisierung des Bahnhofs / 60 Interessierte

Wenn die Stadt und die Deutsche Bahn voraussichtlich ab Ende 2017 den Sulzer Bahnhof umbauen, müssen Anwohner sich auf Lärm einstellen, und zwar tagsüber genauso wie phasenweise nachts. Details zum Ablauf und zum erwarteten Baulärm haben Vertreter von Stadt, DB Station & Service AG und ein Schallexperte am gestrigen Donnerstagabend in der Stadthalle rund 60 interessierten von 500 angeschriebenen Bürgern präsentiert.

29.01.2016

Von cristina priotto

Stadt und Bahn informierten über Modernisierung des Bahnhofs / 60 Interessierte

Sulz. Um den Sulzer Bahnhof zu modernisieren, nehmen Stadt und Deutsche Bahn insgesamt rund 4,4 Millionen Euro in die Hand.

Das gemeinsame Vorhaben gliedert sich in zwei Teile, wie Bürgermeister Gerd Hieber eingangs nochmals erläuterte: Ein Projekt der DB und eins der Stadt Sulz.

Die Stadt strebt eine Modernisierung des Bahnhofszugangs an. Deshalb wird der bestehende Treppenzugang zur Unterführung zum Mittelbahnsteig durch einen neuen, abgewinkelten ersetzt. Für einen barrierefreien Zugang wird zudem auf Kosten der Stadt auf dem Hausbahnsteig neben der Treppe ein Lift gebaut. Sulz trägt auch die Kosten für die Einhausung und die Maschinentechnik beider Aufzüge. Der Finanzierungsanteil der Stadt liegt bei rund 1,5 Millionen Euro.

Die Bahn erneuert den Mittelbahnsteig (Gleise 2 und 3) und erhöht diesen auf einer Länge von 210 Metern auf 76 Zentimeter, stellt neue Wetterschutzhäuschen, Schilder, Sitzgelegenheiten und Lampen auf, baut eine neue Treppeneinhausung sowie den Aufzug auf dem Mittelbahnsteig und saniert die bestehende Unterführung. Die Gesamtkosten für die DB liegen bei 2,9 Millionen Euro.

„Dieses gemeinsame Vorhaben ist die einzige Chance, um die Gesamtsituation am Bahnhof zu verbessern und zu modernisieren“, appellierte Hieber und warb damit um Verständnis für Einschränkungen und Lärm. Denn auch von der Unterstützung der Anwohner hängt es ab, wie schnell der Umbau realisiert werden kann.

Lydia Hartmann, Architektin und Projektleiterin bei DB Station & Service, stellte den Bahn-Teil vor.

Andrea Röhner von der Mailänder Consult zeigte den Ablauf der Bahn-Arbeiten auf. In deren Bauzeitraum von Oktober 2017 bis April 2018 werden nacheinander die Bahnsteigkanten auf den Gleisen 2 und 3 jeweils in in zwei Etappen erneuert. Hierfür muss das Gleis nachts zwischen 18 und 4 Uhr gesperrt werden, weil während des Einsatzes des hierfür notwendigen Hebebaggers keine Züge fahren dürfen. Der Belag wird tagsüber aufgebracht. Gleichzeitig wird der Aufzugsschacht am Mittelbahnsteig gebaut. Dies kann allerdings ebenfalls nur nachts erfolgen.

Parallel beginnt das Projekt der Stadt, erklärte Joachim Störk vom Ingenieurbüro Störk und Bengsch: In deren erster Bauphase zwischen Oktober 2017 bis März 2018 werden die Treppe und der Aufzug für den Hausbahnsteig verbaut. In der Regel wird von 7 bis 18 Uhr gearbeitet, nur der Aufzugsschacht muss nachts gebaut werden. Dafür reichen aber zwei bis drei Nächte. „Die Anwohner werden stets zuvor informiert, denn sie sollen wissen, was gerade passiert“, betonte der Planer. Um den festen Baugrund zu lockern, kommt ein Schneckenbohrer zum Einsatz, zudem bringt ein Rüttler die Spundwände per Vibration in den Boden ein.

In der zweiten Bauphase von März bis Juni 2018 wird es relativ laut, weil dann die bestehende Treppe abgerissen, Bohrungen mit einem Rammgerät nötig sind, ein Teil der Decke der Unterführung abgesägt wird und Betonarbeiten mit einem Bagger mit Meißel anfallen. Dafür erfolgt dieser Teil ausschließlich tagsüber zwischen 7 und 18 Uhr.

Bei der dritten Bauphase von Juni bis August 2018 wird nur noch partiell nachts gearbeitet. Zur Verfüllung der Baugrube, der Entfernung der Spundwände und der Verdichtung des Bodens sowie zur Aufzugsmontage sind tagsüber dann erneut laute Großgeräte nötig. „Die Belastung durch Baulärm wird sich für die Anwohner aber immer in Grenzen halten“, betonte Joachim Störk und versicherte, der Lärm tagsüber werde nicht lauter sein als normaler Verkehrslärm.

Peter Fritz, Schallexperte und Bauphysiker von Fritz-Ingenieure, zeigte anschließend die Ergebnisse einer schall- und erschütterungstechnischen Untersuchung auf. Ohne Überschreitungen der Richtwerte zum Lärmschutz wird der Bahnhofsumbau nicht möglich sein, trotz moderner, geräuscharmer Maschinen. Anwohner in Bahnhofsumgebung sowie gegenüberliegend in der Stuttgarter Straße müssen sich tags auf Überschreitungen von fünf bis zehn Dezibel einstellen, nachts wird der Baustellenlärm, auch bedingt durch die Kessellage, großflächiger, aber nicht lauter zu hören sein. Lärmtechnisch werden sich die drei Bauphasen laut Fritz aber kaum voneinander unterscheiden.

Schäden an den umliegenden Gebäuden bräuchten Hausbesitzer durch die Erschütterungen indes nicht zu befürchten, beruhigte der Bauphysiker. Menschen könnten aber Schwingungen oder Vibrationen spüren. Neben Informationen wird es auch einen Ansprechpartner für Beschwerden geben.

Joachim Störk erklärte abschließend bauliche Maßnahmen der Bahn zur Barrierefreiheit, etwa unterschiedliche Beläge auf Bahnsteigen, Aufzüge sowie akustische Informationen.

Von der Fülle komplexer Informationen erschlagen, hatten die 60 Anwesenden kaum Fragen. Hieber verdeutlichte einem Fragenden, dass beide Projektteile gemeinsam realisiert werden müssen und Verzögerungen sich auf beide auswirkten. Ob positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Fahrgastzahlen zu erwarten seien, wollte eine Frau wissen. Hartmann rechnet damit, dass die 1000er-Marke an Ein- und Umsteigern nach dem Umbau geknackt wird. Danach muss die Bahn die Betriebskosten für beide Aufzüge übernehmen.

Im Anschluss konnten die Bürger den Experten im kleinen Kreis noch Fragen stellen. In der Stadthalle sowie im Foyer hingen zudem die Pläne zur Visualisierung aus.

Die Stadt möchte die Bau-Unterlagen im Februar einreichen. Anwohner und Naturschutzbehörden haben dann ein Jahr lang Zeit, um rechtlich relevante Einwände vorzubringen. Stadtbaumeister Reiner Wössner stellte aber klar. „Niemand kann die Maßnahme wegen Lärms verhindern“.

Solche Geräte wie dieser Schneckenbohrer werden in der ersten Bauphase für den Umbau des Sulzer Bahnhofs für Lockerungsbohrungen zum Einsatz kommen. Anwohner müssen sich währenddessen auf Baulärm einstellen.Privatbilder

Solche Geräte wie dieser Schneckenbohrer werden in der ersten Bauphase für den Umbau des Sulzer Bahnhofs für Lockerungsbohrungen zum Einsatz kommen. Anwohner müssen sich währenddessen auf Baulärm einstellen.Privatbilder

Mitspracherecht Anwohner

Der Beginn der Realisierung hängt auch von den Anwohnern ab: Wenn alle Anwohner schriftlich ihr Einverständnis erklären, genügt ein Plangenehmigungsverfahren – dann könnte die Anlage bis August 2018 fertig sein.

Bei rechtlich relevanten Einwänden wird hingegen ein Planfeststellungsverfahren notwendig – und die Einweihung wäre voraussichtlich erst ein bis zwei Jahre später möglich.

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Erstellt:
29.01.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 43sec
zuletzt aktualisiert: 29.01.2016, 01:00 Uhr

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