Horb · Engagement

„Uns schickt der Himmel“: 72-Stunden-Aktion in Horb

200 Jugendliche aus dem Kreis tragen zur größten Sozialaktion Deutschlands bei. Die NECKAR-CHRONIK schaute bei Horber Projekten vorbei.

19.04.2024

Von Ronja Engels

Hier entsteht der neue grüne Sichtschutz für die Kinder des Waldkindergartens auf der Horber Schütte. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Hier entsteht der neue grüne Sichtschutz für die Kinder des Waldkindergartens auf der Horber Schütte. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Pünktlich um 17.07 Uhr startete am Donnerstag mit einer digitalen Auftaktveranstaltung die dritte bundesweite „72-Stunden-Aktion“ auch in Horb. Die Uhrzeit liegt an der Kooperation mit den Radiosendern, die zur vollen Stunde ihrer Nachrichtenpflicht nachkommen und die Aktion begleiten. Im Dekanat Freudenstadt sind Bettina Gerster und Marie Ott für die Aktion vom katholischen Jugendreferat beauftragt. Ott selbst hatte 2010 in ihrem Heimatort Talheim mitgemacht und ist trotz ihres Studiums in Bamberg nun hier als Krankheitsaushilfe. Das Ziel sei es, soziale Projekte umsetzen, erklärt Ott. „Sozial“ versteht sie hier nicht nur gegenüber älteren, sondern auch jüngeren Mitbürgerinnen und Mitbürgern und der Natur. Dabei sind „die Projekte auf die eigene Lebensrealität und oft aufs Dorf bezogen“, sagt Ott.

Die bundesweite Aktion steht unter dem Motto: „Uns schickt der Himmel.“ Doch was so kirchlich anmutet, ist es in der Realität gar nicht: Das Projekt richte sich an alle, und Ott ist besonders froh, dass die Helfergruppen so durchmischt sind. Dennoch gab es in den ausgeteilten Starterkits christliche Impulskarten und im Altenpflegeheim Bischof Sproll auf dem Horber Hohenberg wird es einen Abschlussgottesdienst geben – auch weil Firmlinge dort helfen. Als sie die Wettervorhersage sahen, gab es eine Krisensitzung, erzählt Ott. „Nun bekommt der Waldkindergarten Tee statt Eis“, erzählt die 25-Jährige. Das schlechte Wetter sieht sie nicht nur negativ: „Die erschwerten Bedingungen führen zu mehr Hilfsbereitschaft. Das ist vielleicht auf irgendeine Art und Weise auch positiv.“

Auf der Schütte hält der Regen am Freitagmittag die zwölf Ministranten nicht von ihrer Vision ab: Sie legen Blumenbeete für den Waldkindergarten an. Bereits um 7 Uhr morgens schleppten sie erste Paletten an. Bis Sonntagnachmittag sollen hier ein grüner Sichtschutz am Hang, ein Nasch- und Kräutergarten sowie eine Blumenwiese entstehen – oder vorbereitet werden. Denn auch wenn die Aktion am Sonntagnachmittag traditionellerweise ausläuft, erst im Mai – nach den Eisheiligen – wollen die Firmlinge gemeinsam mit den Kindergartenkindern das Hochbeet besäen. Von der Hilfe war Kindergartenleiterin Verena Gekle direkt begeistert: „So können Jugendliche sehen, wie ein Waldkindgarten wirklich ist und gleichzeitig lernen sie was dazu – zum Beispiel, dass sie morgen eine Jacke mehr benötigen“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

Das schlechte Wetter sei kein Hinderungsgrund gewesen, so Bettina Gerster, die gerade auf Stippvisite ist. Im Gegenteil: Am Donnerstagabend haben spontan weitere geholfen. Unterstützt wird die Gruppe mit Tee und warmen Leberkäsweckle vom katholischen Jugendreferat sowie Pizzen der Pizzeria Da Lucio und Brezeln von der Bäckerei Saur. Zusätzlich lieferten Bauern Grassschnitt und die Firmen Volz und Globus Paletten.

Im Altenpflegeheim Bischof Sproll im Südring 9 gibt es auch Blumen – aber aus Holz. Ein bisschen klischeehaft sägen die Jungs im Untergeschoss erst die großen, für den Garten angedachten, Holzblumen, ehe sie gemeinsam mit Bewohnerinnen angemalt werden. Die Bepflanzung von Hochbeeten und ein geplantes Bouleturnier fielen sprichwörtlich ins Wasser.

Das Seniorenheim ist das erste Mal dabei. Heimleiter Björn Germann begrüßt das Format, denn es entspreche der Idee des Zentrums: Generationen zu mischen. Es ginge auch schlicht um das Erleben „Wie ist das Lebensende?“, so Germann weiter. Es stellte sich heraus: manchmal ganz schön anstrengend. Etwa als die Jugendlichen der morgendlichen Gymnastikrunde beiwohnten. Doch auch andersherum funktioniert es: Dass neumodische Gegenstände auch Vorteile haben, lernte eine Bewohnerin, die sich nun Gedichte vom Google Assistenten vorsprechen lässt, erzählt Pflegerin Marion Jenke.

Am Freitagnachmittag werkeln vier Jugendliche unter der Leitung von Diözesanrätin Marita Walz im Gemeindezentrum in Talheim. Sie gehören zu den 15 „Minis and More“ (Ministranten und Freunde), wie sie sich selbst nennen. Diese vier halfen schon 2019 in der Grundschule aus. Nun steht der Jugendraum im Gemeindezentrum an: Die Decke des Hauses aus den 1970er-Jahren wird erneuert und energetisch verbessert.

Zunächst war außerdem Rasenmähen angedacht, doch die Witterung ließ es nicht zu. Dennoch wollen sie heute Blumenkästen bauen, damit diese am Sonntagnachmittag Interessenten gegen eine Spende kaufen können.

Die Aktion gestaltet sich dreiteilig: „Umbauen, Helfen, Begegnen“, erklärt Walz. Wichtig ist den Jugendlichen alles eigenverantwortlich zu machen: So lernen sie etwa wie eine Rigips-Decke eingezogen wird. Die Kirchengemeinde finanziert maßgeblich die Renovierung, auch die Firma Holzbau Faßnacht, Gebäudereinigung Ott und Sanitär Walz unterstützen.

Ein weiteres Horber Projekt ist in der Gewerblichen- und Hauswirtschaftlichen Schule: Dort gestalten Schüler und Schülerinnen einen Aufenthalts- und Bewegungsraum. In Rexingen pflegen Ministranten einen Kreuzweg. Eine Gruppe Baiersbronner kümmert sich um die Begrünung um die katholische Kirche. Gleich zwei Projekte sind in Freudenstadt: Hochbeete und Sitzgelegenheiten sollen den Patientengarten der Klinik schmücken und im Kirchturm werden die Jugendräume ausgestattet sowie ein offener Spieleabend organisiert.

Die „Minis and More“ aus Talheim errichten eine Rigips-Decke.

Die „Minis and More“ aus Talheim errichten eine Rigips-Decke.

Die Holzblumen für den Garten werden mit Liebe angemalt.

Die Holzblumen für den Garten werden mit Liebe angemalt.

Die 72-Stunden-Aktion findet zum dritten Mal statt

Rund 76000 junge Leute engagieren sich vom 18. bis 21. April deutschlandweit lokal für ein soziales Projekt. Start- und Endzeitpunkt ist jeweils 17.07 Uhr. Die katholische Aktion wird organisiert von der BDKJ und den Diözesan- und Jugendverbänden. Es findet alle 5 Jahre statt. Im Dekanat Freudenstadt sind es 200 Jugendliche, verteilt auf neun Gruppen. Während Familienministerin Lisa Paus und Bischof Georg Bätzing Schirmpaten auf Bundesebene sind, ist es im Dekanat Freudenstadt der Landrat Klaus Michael Rückert.

Bei den Aktionen wird unterschieden zwischen sogenannten „Do It“-Gruppen, die ihre Aktion selbst organisieren, und „Get It“-Gruppen, die eine Aktion zugeteilt bekommen. Im Dekanat Freudenstadt war nur die Gruppe in Baiersbronn eine solche „Get It“-Gruppe. Jugendliche können für die Aktion von der Schule befreit werden. Weitere 39 Gruppen gibt es in Rumänien, Albanien, Georgien, Indien, Senegal, Ghana, Togo, Uganda, Mexiko, Kolumbien, Peru, Chile, Bolivien und auf den Philippinen.

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Erstellt:
19.04.2024, 19:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 55sec
zuletzt aktualisiert: 19.04.2024, 19:00 Uhr

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