Inspiration an jeder Station

Vielfältig aufgestellt: Nena Keller kombiniert Tanz, Theater und Fremdsprachenunterricht

Als Ehefrau eines Diplomaten der amerikanischen Botschaft wohnte Nena Keller in Rom, Madrid und New York. In den Metropolen lebte die 58-jährige Gönningerin ihre Leidenschaft fürs Theater aus und erweiterte ihr Repertoire. Seit 2012 ist sie wieder im Ländle und führt am 11. und 12. Juni im Gönninger Gemeindehaus ihr selbst geschriebenes Kinderstück auf.

08.06.2016

Von Maik Wilke

Nach 20 Jahren in Denver, Rom, Madrid und New York ist Nena Keller wieder zurück in Gönningen. Am 11. und 12. Juni führt die Lehrerin für Theater, Tanz und Fremdsprachen das Kinderstück „Im märchenhaften Wald“ im Gönninger Gemeindehaus auf.Bild: Haas

Nach 20 Jahren in Denver, Rom, Madrid und New York ist Nena Keller wieder zurück in Gönningen. Am 11. und 12. Juni führt die Lehrerin für Theater, Tanz und Fremdsprachen das Kinderstück „Im märchenhaften Wald“ im Gönninger Gemeindehaus auf.Bild: Haas

Gönningen. Wohnen in den europäischen Metropolen, kulturelle Inspiration an jeder Ecke. Mehr als 20 Jahre ist Nena Keller mit einem Angestellten der amerikanischen Botschaft verheiratet, auf ihren Stationen in Rom, Madrid und New York fand die musik- und tanzbegabte 58-Jährige Inspiration für ihre eigenen Theaterstücke. Seit 2012 lebt die gebürtige Göppingerin von ihrem amerikanischen Mann getrennt und wohnt wieder in Gönningen. Seither unterrichtet Keller in der gesamten Region Tanz, Theater sowie Deutsch und Englisch als Fremdsprache und führt am 11. und 12. Juni im Gemeindehaus ihr selbstgeschriebenes Kinderstück „Im märchenhaften Wald“ auf (siehe Kasten).

Begonnen hat alles 1978, als sie Tanzunterricht gab, um ihr Geologiestudium in Tübingen zu finanzieren. Neben ihrer Beschäftigung mit Hydrogeologie, der Wissenschaft von unterirdischem Wasser, machte sie eine Lehre zur Ballettpädagogin in Fellbach. „Irgendwann dachte ich, ich werde schizophren“, erzählt Keller und lacht dabei. Die Entscheidung über ihre zukünftige Tätigkeit überließ sie dann den Arbeitgebern: Sie schickte eine Bewerbung als Hydrogeologin an eine Firma in Sinsheim, eine weitere an das „Theater unter den Kuppeln“ in Leinfelden. Die erste Zusage, die zurückkam, nahm sie an.

Acht Jahre leitete Keller daraufhin die Tanzschule südlich von Stuttgart. Wohl die richtige Entscheidung: Denn dort fand sie nicht nur berufliches, sondern auch privates Glück. Bei einer Probe stand Keller mit dem Rücken zum Männerchor – eine Stimme stach aus der Gruppe heraus. „Ein Mann hat so unglaublich falsch gesungen, da musste ich mich umdrehen“, erzählt Keller. So hat sie zum ersten mal ins Gesicht ihres künftigen Ehemanns geschaut. Schöne Anekdote: Der Amerikaner war nur zum Chor gekommen, weil dessen Nachbarin augenzwinkernd gesagt hatte, er könne dort gut Frauen kennen lernen. „Und so kam es dann ja auch“, erinnert sich Keller.

Schnell war für das frisch verheiratete Paar klar, dass beide nicht in Deutschland bleiben würden. „Mein Mann hatte immer befristete Verträge, danach geht es in ein anderes Land. Das ist so üblich.“ 1994 zog Keller mit ihrem Mann nach Denver, Colorado, wo sie als Choreografin in semiprofessionellen Community-Theatern arbeitete, die ein „tolles, hohes Niveau mitbringen“. Recht schnell fing Keller zusätzlich als Regieassistentin an, kurz darauf kamen Disziplinen wie Creative Drama und Tanzgeschichte hinzu. „Mir macht es unglaublichen Spaß, immer wieder Neues auszuprobieren. Wenn ich etwas kenne, ist es ja nicht mehr so spannend.“

Nach acht Jahren in Denver und später in Maryland ging es für Keller und ihren Ehemann 2002 nach Rom. Doch auch in der italienischen Hauptstadt entspricht die Vorstellung von High-Society-Partys mit teurem Champagner und üppigen Buffets einem Klischee, erklärt Keller. Nur wenige festliche Abende habe sie in höherer politischer Gesellschaft verbracht. Für Keller aufregend – und doch hat sie sich deplatziert gefühlt: „Es war alles so oberflächlich. Mit den anderen Frauen habe ich nur über die Kinder, das Essen und das Wetter gesprochen.“ Wichtige Regel: Politik ist für die Ehegattinnen ein Tabu-Thema. „Wenn ich Glück hatte, habe ich eine Frau gefunden, mit der ich über ein gutes Buch sprechen konnte.“

Das Leben in Rom hat auch Kellers Karriere als Theaterpädagogin geprägt. „Wenn man aus Amerika wieder nach Europa zurückkommt, ist das ein absoluter Kulturschock – aber ein positiver!“ In Rom sei Geschichte lebendig. Nach dieser Erfahrung würde Keller gerne in Deutschland die Historie einer Stadt oder Gemeinde in einem eigenen Theaterstück wiedergeben.

Überhaupt habe sie an jedem Wohnort neue Inspirationen fürs Theater gefunden. In Madrid, wo sie von 2006 bis 2011 lebte, hat sie spanischen Kindern Englisch beigebracht – natürlich über das Schauspiel. In der internationalen Grundschule, die ihre Tochter besuchte, hat Keller sogar eine Theatergruppe aufgebaut. „Wir lernen über alle Sinne, nicht nur übers Sprechen. Man muss sich zur Sprache bewegen und viel mit Gestik und Mimik arbeiten“, erklärt Keller, die sukzessive ihre Vita erweitert hat. Gerade die Kombination aus Theater, Tanz und Fremdsprachenunterricht sowie der Eifer, etwas Neues zu kreieren, mache ihre Arbeit sehr spannend.

Bewegung hat jedoch auch Schattenseiten. Die vielen Umzüge machten es Keller schwer, lange Freundschaften aufzubauen. „Ein soziales Umfeld ist mir sehr wichtig, aber das wurde regelmäßig zerstört. Ich habe mich oft einsam gefühlt“, gesteht die 58-Jährige. Während ihre Tochter weiter über soziale Netzwerke Kontakt zu ihrem Freundeskreis hält, fällt Keller das schwerer. Dass Keller nun wieder in Gönningen wohnt, ist „wie ein Geschenk für mich“. Im Alter von sieben Jahren war sie mit ihrer Familie hier her gezogen – nun trifft sie die alten Freunde wieder.

Ihre Passion fürs Theater kann die 58-Jährige in der Region weiter ausleben: An mehreren Schulen unterrichtet sie Ballett-, Jazz- und Musicaltanz, unterrichtet über Theaterstücke Deutsch und Englisch als Fremdsprachen und gibt an der Universität Tübingen Theaterworkshops für internationale Studierende. Außerdem: Im Deutsch-Amerikanischen Institut (DAI) bietet Keller Kompaktkurse an – eine Art Musicalcamp, in denen deutschsprachige Kinder ausschließlich auf englisch singen, beispielsweise das Musical „West Side Story“. Und trotzdem: Noch ist Keller, die bei der LAG Theaterpädagogik in der Betzinger Heppstraße im vierten Lehrjahr ihrer Pädagogikausbildung ist, nicht ausgelastet. „Wenn noch mehr Aufträge kommen, bin ich für jeden Vorschlag offen.“

gSiehe „Mit Engelszungen“

Rotkäppchen macht den bösen Wolf zu ihrem Leibwächter

Das von Nena Keller selbgeschriebene Kinder-Theaterstück „Im märchenhaften Wald“ lehnt sich an das amerikanische Musical „Into the woods“ an. Während sich in diesem die Figuren der englischen Märchen treffen, führt Keller die deutschen Kinderhelden zusammen. Dabei ist Arielle in Kellers Version nicht auf der Suche nach einem Mann, sondern nach ihrer eigenen Seele; der Froschkönig merkt, dass er eigentlich schon immer ein Frosch war und sich dabei wohl fühlt. Besonders erstaunlich ist die Wandlung von Rotkäppchen, das wieder auf den bösen Wolf trifft, aber dieses Mal ihre Angst überwindet. Rotkäppchen freundet sich mit dem haarigen Waldbewohner an und macht ihn sogar zur Alarmanlage für ihr Häuschen. Das Kindertheater „Im märchenhaften Wald“ mit viel Musik und Tanz dauert etwa eineinhalb Stunden und wird am Samstag und Sonntag, 11. und 12. Juni, jeweils 15 Uhr, von Kindern zwischen 7 und 11 Jahren im Gönninger Gemeindehaus aufgeführt.

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Erstellt:
08.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 09sec
zuletzt aktualisiert: 08.06.2016, 01:00 Uhr

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