Mit Engelszungen

Von Zeitgeist, Steg und Fußverkehr

Die Stadt Reutlingen war eine von 15 Kommunen, die am Fußverkehrs-Check, einem landesweiten Projekt des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, teilgenommen haben. Mit dem Ziel, den Fußverkehr zu stärken und die Wege attraktiver und sicherer zu gestalten.

28.04.2016

Von Uschi Kurz

In Reutlingen konzentrierte sich der Check ganz auf einen besonders frequentierten Straßenabschnitt: Der Fokus lag auf den Querungen für Fußgänger der B 312 zwischen „Lindach-Knoten“ und Gustav-Werner-Straße. Bei den Begehungen mit Bürgerinnen und Bürgern war viel Kritik geäußert worden (wir berichteten). Lange Wartezeiten an den Ampeln, zu schmale Mittelinseln, schlecht beleuchtete Unterführungen, die Ängste auslösen, rutschige Überführungen, aber auch die schlechten Orientierungsmöglichkeiten wurden bemängelt.

Am Dienstag wurde der Abschlussbericht des Dortmunder Planungsbüros im Bauausschuss vorgestellt. Der Fußverkehr, räumte Stefan Dvorak ein, sei bei Planungen lange zu schlecht berücksichtigt worden sei. Der Leiter des städtischen Planungsamtes lobte den Fußverkehrs-Check und berichtete von ersten Veränderungen. Beispielsweise bei der Unterführung am Gustav-Werner-Platz, wo es immer wieder zu Konflikten von Fußgängern mit Radfahrern gekommen sei. Dort habe man die Anregung aufgenommen und Radler und Fußgänger besser voneinander getrennt. Weitere Verbesserungen sollen folgen: „Die Verwaltung ist am Zug.“

Bei der anschließenden Diskussion stand einmal mehr der provisorische Steg über den Oskar-Kalbfell-Platz im Mittelpunkt, dessen Zukunft ungewiss ist. Ramazan Selcuk (SPD) bedauerte, dass der Überweg, der ja hauptsächlich von Schulkindern genutzt werde, im Vergleich zur plangleichen Querung lediglich als „komfortabler“ bezeichnet wurde. Er hätte sich gewünscht, dass die Verkehrssicherheit mehr im Vordergrund stünde. Und Rainer Löffler (CDU) beklagte, dass sich der Gemeinderat nicht mit dem Steg befasse, obwohl schon lange ein interfraktioneller Antrag von SPD/CDU vorliege.

Den Schuh wollte sich Baubürgermeisterin Ulrike Hotz nicht anziehen. Alle Fakten seien aufgearbeitet: „Die Infos haben Sie.“ Das einzige, was noch fehle, sei eine abschließende öffentliche Debatte. Ohnehin, warf Gabriele Janz (Grüne) ein, müsse man doch abwarten, bis der GWG-Neubau stehe. Ihre Fraktion präferiert aus Sicherheitsgründen wie SPD und CDU eine Lösung mit dem Steg, während die FDP die Kreuzung ohne Steg will. Niveaugleiche Querungen gäbe es mittlerweile überall, betonte Knut Hochleitner. Er plädierte dafür, „nicht ideologisch, sondern mit Vernunft“ an die Sache heranzugehen.

Nun ist es mit der Vernunft bekanntlich so eine Sache und auch der Sicherheitsaspekt kann objektiv und subjektiv betrachtet unterschiedlich bewertet werden. So beurteilen die Bürger, auch das zeigte sich bei den Begehungen für den Fußverkehrs-Check, die Verkehrssicherheit ganz anders als die Verkehrsexperten von der Polizei.

Immerhin wurden die Verbesserungen für Fußgänger mit einer Ernsthaftigkeit diskutiert, wie dies früher undenkbar gewesen wäre. Dass in den letzten 20 bis 30 Jahren für Fußgänger und Radfahrer nicht viel passiert sei, meinte Susanne Müller (Grüne), „das war der Zeitgeist“. Der Fußverkehrs-Check war eine sinnvolle Erhebung. Handlungsbedarf gibt es danach genug. Jetzt gilt es, die Vorschläge auch umzusetzen. Der Zeitgeist dafür wäre jedenfalls vorhanden.

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Erstellt:
28.04.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 21sec
zuletzt aktualisiert: 28.04.2016, 01:00 Uhr

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