Auf ein Bier (3)…

Man kennt sich seit Jahrzehnten

in der „Krone“: Wer bei Anni Armbruster in Wiesenstetten einkehren will, der nimmt auch gerne mal einen Fußmarsch auf sich.

25.08.2018

Von Kathrin Kammerer

Und noch ein Bierchen! Von links: Willy Götz, Wolfgang Schäfer, Rolf Hellstern, Reiner Deh, Heinz Schlotter, die Autorin, Raimund Kreidler,Siegfried Baum, Hans Schneider und Helmut Wolf in der Wiesenstetter „Krone“. Bild: Kuball

Und noch ein Bierchen! Von links: Willy Götz, Wolfgang Schäfer, Rolf Hellstern, Reiner Deh, Heinz Schlotter, die Autorin, Raimund Kreidler,
Siegfried Baum, Hans Schneider und Helmut Wolf in der Wiesenstetter „Krone“. Bild: Kuball

Gekochte Eier, Maggi, Salz und Pfeffer, Brezeln, Hefezopf und Schnupftabak: Stammtisch-Ausstattung in der Wiesenstetter „Krone“. Aber hier, bei Wirtin Anni Armbruster, gibt’s nicht nur einen Stammtisch. Nein, hier scheint es, als kenne sich der ganze Gastraum schon sei Jahrzehnten bestens. Das mag am Dorf liegen und daran, dass es in Wiesenstetten schlichtweg keine andere Wirtschaft mehr gibt. Es liegt aber auch an Anni Armbruster, die seit 55 Jahren „Kronen“-Wirtin ist. Und die jeden ihrer Gäste kennt und umsorgt.

Wer den Gastraum betritt, der wird mit einem herzlichen „kommet nau nei’, kommet nau“ empfangen. Wer geht, den geleitet die kleine, 79-jährige Wirtin mit einem festen Händedruck hinaus: „Kommet au wieder.“

„Mein Stammtisch“, sagt sie und zeigt auf den Tisch parallel zum Tresen. Bilder von den Wiesenstetter Musikern, den Fußballern und der Feuerwehr hängen an der Wand. Auf dem Fenstersims stehen bunte Deko-Männchen, oben, auf den Theken-Schränken, entdecken die Besucher Pokale und Krüge. Schulterzucken und ein Lachen: „Ja, i hab’ scho gute Gäste, die wartet manchmal scho um 2 vor der Tür’, bis mer aufmacht.“ Viele von ihnen kommen schon seit Jahrzehnten „zur Anni“.

Zum Beispiel Raimund Kreidler, Siegfried Baum und Rolf Hellstern. Die drei marschieren jeden Mittwoch von Dettensee bis nach Wiesenstetten, eineinhalb Stunden dauert die einfache Wegstrecke. „Um 13.30 Uhr ist Treffpunkt am Straßeneck, dann laufen wir los“, sagt Kreidler. Und das bei fast jedem Wetter. „I bin selbst gebürtiger Wiesenstetter, da muss mer ja der Heimat treu bleibe“, sagt Kreidler. Wenn die drei Männer bei Anni am Stammtisch eintreffen, gibt’s für jeden erstmal einen Schnaps. Auch das ist Tradition in der „Krone“: Entweder einen Schlehenlikör oder einen Blutwurz.

Hier sitzen Männer aus Empfingen, Dettensee, Wiesenstetten, Mühringen und sogar aus Gruol zusammen: „Jeder wôis was anderes, mer bleibt immer auf dem Laufenden“, sagt Hans Schneider. „Ja, der Hans aus Gruol, der hat so seine speziellen Methoden, um zum wöchentlichen Stammtisch zu kommen“, erzählt Willy Götz. Die Runde lacht laut. „Der sagt nämlich jedes Mal zu seiner Frau, bevor er auf de Traktor steigt, er goht bloß kurz in Stabilo-Baumarkt ge Empfinge.“ Auch Hans Schneider lacht und nickt schelmisch: „Dann sagt se immer: ‚Bring au Eier mit.‘“ Eier, so erklären die Stammtischler, gibt’s ja bei „Kronen“-Wirtin Anni.

Ortswechsel – und zwar um genau zehn Meter. Am Nebentisch sitzen fünf Männer zusammen, „meine Nordstetter“, erklärt Wirtin Anni Armbruster. Die Wirtschaft ist an diesem Mittwochnachmittag gut gefüllt. Heute helfen auch Schwiegertochter Supaksiri Armbruster und die Freundin des Enkels, Eva Schempp, beim Bierzapfen. Zwei bildhübsche junge Frauen und eine Wirtin, die jeden Horber zu kennen scheint: Da kann man sich als Gast ja nur wohlfühlen.

„Wir kommen seit 30 Jahren her“, sagen die Nordstetter. Wir: Das sind – wie soll es in Nordstetten auch anders sein – vier Schneiderhans und ein Pfeiffer. Auch die Nordstetter scheinen ein lauffreudiges Volk zu sein: „Treffpunkt ist jeden Mittwoch um 13.30 Uhr am Kneibis“, sagt Martin Schneidehan. „Pünktlich um halb zwei ist Abmarsch.“ Reinhold Schneiderhan erinnert sich: „Früher waren wir mal 15 Leute, da hat eine großartige Stimmung geherrscht.“ Mittlerweile seien leider einige Stammtischler gestorben. Nur die Anni in Wiesenstetten, auf die sei noch Verlass: „Hier ist es einfach gemütlich und man kann in Ruhe über alles schwätze“, sagt Martin Schneiderhan.

Wenn sie nicht in Nordstetten sind, dann kehren sie gerne in Ahldorf bei der 89-jährigen „Kneiple“-Wirtin Anna Jung ein: „Die macht extra für uns auf.“ Heimwärts geht’s dann meistens mit dem Bus. Zwei Stunden Hinweg reichen ja aus. Ganz heim? Lachen: „Awa, in Nordstetten trinken wir dann noch en Absacker.“

„Kronen“-Wirtin Anni Armbruster und ihre fleißigen Helferinnen: Supaksiri Armbruster und Eva Schempp.

„Kronen“-Wirtin Anni Armbruster und ihre fleißigen Helferinnen: Supaksiri Armbruster und Eva Schempp.

Ein Prosit auch auf Nordstetten (von links): Erich Schneiderhan, Martin Schneiderhan, Reinhold Schneiderhan, Helmut Pfeiffer und Edgar Schneiderhan.

Ein Prosit auch auf Nordstetten (von links): Erich Schneiderhan, Martin Schneiderhan, Reinhold Schneiderhan, Helmut Pfeiffer und Edgar Schneiderhan.

Drei Fragen an den Wirt

Wer ist in der „Krone“ zu Besuch?

Viele Wanderer, Jahrgänger, mein Frühschoppentisch, meine Stammtische…

Wenn ich für eine Stunde vorbei kommen würde – was würden Sie mir empfehlen?

Hausmacher! Und ein Bier.

Was steht bei Ihnen auf dem Tisch, wenn Sie eine Pause machen?

Was man grad hat, wie man das auf’m Land schon immer gemacht hat.

Zum Dossier: Auf ein Bier...

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Erstellt:
25.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 06sec
zuletzt aktualisiert: 25.08.2018, 01:00 Uhr

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